Wie seriös ist das Pokerspielen (in Schweden)?
Hallo! Mein neuer Freund ist Schwede und spielt in Schweden, wo er wohnt Poker in Casinos, um sein Geld zu verdienen, da er im Moment keine andere Einnahmenquelle hat und ein größeres Firmenprojekt erst im Aufbau ist und noch nichts abwirft.
Er hat auch früher schon viele Jahre über als Poker-Profi in Casinos gesessen und viel Geld gewonnen und Nerven verloren, wie er sagt. Er meint in Schweden wäre das total anerkannt und gesellschaftsfähig mit Pokerspiielen sein Geld zu verdienen. Nun kann ich als Deutsche, die nie in einem Casino war, das nicht so recht einschätzen wie seriös oder unseriös Poker überhaupt ist. Er meint er braucht nur an 5-6 Abenden Live-Poker zu spielen und kriegt dann seine 2000 Euro zusammen. Ist das denn realistisch und einigermaßen seriös? Hat Poker auch so ein Suchtpotenzial wie andere Glücksspiele? Mein Freund betont ja immer gerne, dass man unheimlich intelligent sein muss, um im Poker erfolgreich sein zu können. Stimmt das? Brauche euren Rat, ob ich da ruhigen Gewissens dabei sein kann oder, ob ich von so einem Lifestyle eher einen gewissen Abstand wahren sollte?
Danke!
5 Antworten
Ich kann dir nicht raten, ob eine Beziehung zu einem selbsternannten Pokerpro für dich machbar ist oder nicht. Ich kann dir aber ein, zwei Sätze zum Spiel schreiben, um einfach nur das Thema ein wenig zu erhellen.
Poker ist eine Mischung aus Glück und Können. Im Gegensatz zu Roulette, Blackjack und allen anderen Casinospielen kann man mit Wissen und Erfahrung (und vor allem: Selbstbeherrschung) besser spielen als die Gegner und dadurch auf lange Sicht Gewinn machen. Man muss aber auch genug Bares im Rücken haben, um längere Durststrecken zu überstehen. Denn auch wenn man perfekt spielt, kann man über tausende und zehntausende von Händen trotzdem immer wieder verlieren. Die Varianz und vor allem die mentale Kraft, sie zu akzeptieren, ist das mit Abstand Wichtigste beim Pokern.
6 Abende, 2000€. Ja, ist machbar, es kommt halt auf's gespielte Limit an. In deutschen Casinos ist NL200 üblich, da würde ich deutlich weniger erwarten. Wenn er allerdings NL500 oder NL1000 spielt und einigermassen überlegt handelt, kann er durchaus so viel gewinnen. Das Problem ist die Varianz: man kann das "Einkommen" nicht kalkulieren. Wenn man Summe X gewinnen muss, weil demnächst die Miete fällig ist, wird es schon wegen der inneren Anspannung sehr schwer. Deshalb gibt's die goldene Regel beim Pokern: Spiel nur mit Geld, das du nicht brauchst.
Suchtpotenzial kann ich nicht einschätzen, das hängt doch sehr von der eigenen Persönlichkeit ab. Für mich zum Beispiel ist Poker eine hochinteressante Mischung aus Unterhaltung und harter Arbeit. Auf beides könnte ich problemlos verzichten. Halt ein nettes Hobby, das Geld einbringt / einbringen kann.
"Unheimlich intelligent" muss man nicht sein. Ein ordentliches Mass an mathematischem Verständnis ist aber Voraussetzung, um Entscheidungen mit positivem Erwartungswert zu treffen.
Mit "Varianz" meinst du die Möglichkeit schlechte Karten zu kriegen?
NL = No Limit, die am häufigsten gespielte Variante. Das Gegenteil wäre FL = Fixed Limit, das ist aber praktisch ausgestorben. Der Unterschied liegt in den möglichen Einsätzen, bei FL sind sie limitiert, bei NL nicht.
Seriösität, schweres Thema. In Deutschland gibt es scheinbar 2 Lager. Die einen halten Pokern und alles was damit zu tun hat, für pure Abzockerei. Entweder die Casinos betrügen (speziell alle Onlineanbieter), oder die Spieler, oder alle. Und die anderen haben es selbst getestet und für "gut" befunden. Ich zolle jedem langfristig erfolgreichen Spieler meinen Respekt, denn ich weiss, wie viel harte Arbeit dazu nötig war. Aber die grosse Mehrheit wird das anders sehen.
Okay, danke für die Informationen. Du schreibst "harte Arbeit". Worin besteht die genau? Mein Freund betont das auch immer und ich kann mir darunter nichts genaues vorstellen...und irgendwie erklärt er es mir nicht so, dass ich es verstehe..auch erschwert durch die Sprachbarriere, durch die man sich nicht völlig unlimitiert verständigen kann....
Beim Pokern kann man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen, wo man steht. Ob man gerade bessere Karten als der Gegner hat oder umgekehrt. Und man kann die Wahrscheinlichkeit kalkulieren, dass das bis zum Showdown so bleibt oder sich umkehrt. Aber es ist halt immer nur eine Wahrscheinlichkeit. Man kann alles richtig machen, der Gegner alles falsch, und trotzdem kann am Showdown der Gegner seine 2%-Gewinnchance treffen und man hat wieder mal verloren, obwohl man haushoher Favorit war. Und weil die Karten kein Gedächtnis haben, kann das tage- und auch wochenlang so laufen.
Wenn man das Thema Poker halbwegs professionell angehen will, heisst es zunächst mal: Theorie pauken. Wahrscheinlichkeiten berechnen, Spielertypen einschätzen, mathematische Modelle verstehen. Als ernsthafter Onlinespieler (ich spiele nicht im Casino) sollte man Praxis und Theorie etwa 50:50 aufteilen. Ein Beispiel: 2 x 2 Stunden spielen, 2 Stunden Theorie pauken, 2 Stunden die Session von gestern reviewen. Ich brauche für meine Review aber manchmal länger als für's Spielen. Es gilt, die gespielten Hände genau zu zerlegen, Entscheidungen zu überdenken und zu bewerten. Man ist ständig auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Im Prinzip hat das Ganze durchaus Ähnlichkeiten zum Trainingsprogramm eines Sportlers.
ok, verstehe ungefähr.. Nun würde ich meine Frage gerne noch um einen weiteren Aspekt erweitern, den eine Bekannte gestern erwähnt hat. Sie sagte so richtige Pokerspieler seien von der Persönlichkeit her mit größerer Wahrscheinlichkeit auch ansonsten Spieler im Leben. So hätte ein solcher mit dem Ihre Tochter mal zusammen war, die ganze Zeit über eine Zweitbeziehung zu einer anderen Frau geführt. Nach dem Motto: No risk no fun oder so...Keine Ahnung...auf jeden Fall hat sie mir diesen Floh ins Ohr gesetzt und nun würde ich gerne wissen, ob an der Ausweitung des "Spieltriebs und der Risikobereitschaft" auf andere Bereiche des Lebens was dran sein könnte...............? :)
Ich wage mich nicht an eine psychologische Analyse.
Die Aussage deiner Bekannten verdient aber eine Reaktion. Was sind das für Leute, die sich anhand eines (!) Beispiels ein Urteil über Millionen von Menschen erlauben? Es gab übrigens auch schon Nicht-Pokerspieler, die ihre(n) Frau/Freundin/Mann/Freund betrogen haben. Mehrere. Hab ich mal gehört.
Risikobereitschaft muss nichts Schlechtes sein. Solange man sein eigenes Vermögen riskiert, habe ich kein Problem damit. Die meisten Unternehmen gäbe es nicht, wenn nicht irgendwann mal ein mutiger Mensch viel oder alles riskiert hätte, um sie ins Leben zu rufen.
wenn du schon so fragst, nimm davon abstand
er spielt ja nicht gegen die bank, er spielt gegen andere menschen, da hat man schon realistische gewinnchancen, wenn man halt gut ist
"Seriös" und "Pokerspiel" passt so gut zusammen, wie die Faust aufs Auge. Um es mit wenigen Worten auszudrücken: Ich würde um diese "Subkultur", in der sich der Typ bewegt, einen grossen Bogen machen!
Hi, danke für deine Antwort, aber kannst du das eventuell auch begründen? Oder ist das nur so ein Gefühl?
Wenn er besser als die anderen Spieler ist, geht das theoretisch schon.
Brauche euren Rat, ob ich da ruhigen Gewissens dabei sein kann oder, ob ich von so einem Lifestyle eher einen gewissen Abstand wahren sollte?
Ist doch sein BIer bzw. sein Geld - wo ist da das Problem für dich?
Na, wenn er kein Einkommen hat, braucht er meins, um damit zu spielen....
Nee, darauf würde ich mich auf gar keinen Fall einlassen.
Du solltest dich von ihm trennen.
Danke für die tolle Antwort. Das hilft doch schon mal weiter...Blöd nur, dass er ohne Rücklagen mit kleinen Einsätzen seine monatlichen Kosten gewinnen "muss" (!). Ist nervlich natürlich sehr belastend.. Was heißt NL? Was sagst du zum Punkt Seriösität?