Wie gendert man das Nomen „ der Kasperl“ korrekt?

6 Antworten

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Wie gendert man das Nomen „ der Kasperl“ korrekt?

'Gendern' und 'korrekt' - das ist für Liebhaber der deutschen Sprache schon mal ein Widerspruch in sich - dies mal vorweg.

Hochsprachlich heißt es der Kasper (mask.), aber das Kasperle (neutr.).

(Die Nachsilbe -le drückt eine Verkleinerung/Koseform aus, die vom Neutrum regiert wird).

♠︎Beim Neutrum besteht fürs Gendern doch überhaupt keine Notwendigkeit (sonst müsste es analog ja auch das Kind ./. die Kindin heißen!♠︎ Wie albern, geht's noch?

Allein im Falle von der Kasperl, mask., einer dialektalen Variante von das Kasperle, wäre nach der Logik überhaupt ein fem. Gegenpart denkbar.

Um davon irgendwie eine weibliche Version hinzubiegen, würde ich mich mit einem Kunstgriff retten: 'Sie machte mal wieder den Kasperl' - was für mich der einzig denkbare Satz wäre, der überhaupt eine weibliche Variante in der Genderdenke 'erfordern' könnte.

~~~

Wenn ich mir für eine so schöne, traditionelle Figur wie das Kasperle, das immer schon Kinder verzaubert hat, etwas mit männlichen und weiblichen Attributen vorstellen muss, nur weil die Wortform dies vorgibt, wäre das eine maximal sträfliche Verzerrung unserer Sprache!

Es wäre schön, wenn meine Antwort dich weiterbringt!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Sprachen machen Spaß!

schokokeksi08 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 11:34

das hast du wirklich mit sehr viel Liebe zum Detail ausformuliert. Für einen Österreicher ist ja die deutsche Sichtweise sehr aufschlussreich. In meinem Land ist das Kasperle, so wage ich zu behaupten, überhaupt kein Begriff. Wir Österreicher werden und wurden seit einem gefühlten halben Jahrhundert vom Wiener Kasperltheater, das vor Jahren von André Heller übernommen wurde, geprägt. DER Kasperl , der Pezi und das Krokodil kamen 1 Mal wöchentlich in den ORF. Der Kasperl ist auch vom Aussehen her eine explizit männliche Figur und Sprüche wie: Krawuzikapuzi, Kinder, seid ihr alle da? sind im österreichischen Erbgut verewigt. Der Kasperl ist also keine Dialektvariante, sondern der Kasperl schlechthin da es keine andere Variante bei uns gibt.

Es kursierte bei uns die Geschichte, dass einem Studenten der TU Wien, der in einem Feldversuch für seine Diplomarbeit nur männliche Studenten verwendete und infolgedessen auch von Studenten schrieb, die Arbeit abgelehnt wurde, weil er Studentinnen und Studenten schreiben hätte müssen. Die Begründung war, dass, auch wenn nur ausschließlich männliche Personen involviert wären, man die weiblichen dennoch in seiner Imagination mitbedenken und abbilden müsste.

Ich bin ja grundsätzlich aufgeschlossen, aber da steige ich mental halt auch irgendwann aus bei dieser Genderwissenschaft.

Spielwiesen  18.07.2025, 11:59
@schokokeksi08

Danke für deine tolle aufschlussreiche Klarstellung! Bitte sieh mir nach, im Überschwang der Thematik nicht Österreich einbezogen zu haben! Klar, wer kennt nicht André Heller, und das Wiener Kasperltheater ist mir auch bekannt.

Mit einer Kindergärtnerin als Mutter war zuhause für ein eigenes Kasperletheater gesorgt: das mit Klavierband aufklappbare Holzgestell mit Theaterfenstet, außen bespannt mit rot-weiß gestreiftem Stoff, auch verschiedenen handgemalten Kulissen, stand immer bereit! Was hatten wir für Freude daran! ☆◇♡♧•°*^ ♥︎

Ich hätte aber nie gedacht, dass dieser liebe Name einmal durch Gendern so missbraucht werden könnte!

Der Geschichte von der abgelehnten Dipl.arbeit neige ich bei allem Irrsinn, der so tobt, Glauben zu schenken!

Spielwiesen  19.07.2025, 09:10

★ Vielen lieben Dank für diese Auszeichnung! ★

Würde man nicht eher das Kasperl (das Kasperle) sagen?
Das ist eine Diminutivform (so wie "Männlein" oder "Männchen"). Auch wenn die Endung -erl einem Dialekt geschuldet wird, würde ich dieses Wort eher dem Neutrum zuordnen.

Die Endung -l ist eine verkürzte Form von -lein und von -le (Schwäbisch) und -li (Schweizerdeutsch).

Für "Kasperl" gibt's keine gendergerechte Version, weil das der Name von der Puppe ist, die immer ein Mann war.

Wenn du aber über jemanden redest, der sich so verhält, kannst du sagen: "Der/die macht Faxen" oder "Der/die ist ein Spaßvogel".

Lg:)


MinusDrei651  18.07.2025, 07:38

Achtung, DER Vogel. Kann nur männliche Vögel geben. 😂

Gendergerecht ist es doch, wieso sollte es ungerecht sein keine Identifikationsstörung zu haben?

Da "der Kasperl" eine Bezeichnung für eine männliche Figur ist, also quasi eine Art Name, ist gendern hier nicht möglich.

Lg

Gar nicht - das ist ein Name. Wird eine Person damit bezeichnet, um auszudrücken, dass sie zu albernen Scherzen neigt, man sie nicht ernst nehmen kann oder sie lächerlich ist, wird das Wort ebenfalls nicht angepasst. Da fungiert es als s.g. Epikoinon, wie z.B. Wache, Mitglied oder Mensch auch.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – forsche als promovierter Linguist zum Thema Gender & Sprache

schokokeksi08 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 07:08

Man sagt: Er ist ein Kasperl. Er benimmt sich wie ein Kasperl. ( bei uns in Ö). Wie gehen folgende Sätze dann weiter? Sie ist eine ………….. Sie benimmt sich wie eine ……………………..

schokokeksi08 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 07:40
@Adomox

Das empfinde ich auch so. Aber ich dachte, dass diese Sätze heutzutage äußerst anstößig wären, weil man die männlichen Formen durch einen weiblichen Ausdruck substituieren muss, koste es was es wolle, um bei Abgabe einer Arbeit keine schlechte Note zu bekommen. Die Direktorin unserer Schule ist da ganz radikal und zuckt voll aus wenn wir nicht die weiblichen Formen verwenden.

Adomox  18.07.2025, 07:41
@schokokeksi08

Es gibt ganz einfach Substantive, die keine Form mit anderem grammatischem Geschlecht kennen: Mensch, Person, Mitglied, Kasperl, etc.

schokokeksi08 
Beitragsersteller
 18.07.2025, 07:45
@Adomox

Dann nehme ich das so als Argument mit. A propos: In Österreich sagen wir: Die Menscher und bezeichnen damit die Mädchen.

Rerun360  18.07.2025, 21:44
@Adomox

Aber statt "Sie handelt wie ein Journalist" soll es unbedingt "Sie handelt wie eine Journalistin" heißen, obwohl damit nur Frauen gemeint sind und somit auf geschlechtsspezfiische Eigenschaften von Journalisten abgestellt wird, die nur weibliche Journalisten haben? Das generische Maskulin ist halt grundsätzlich geschlechtslos. So funktioniert Deutsch nun einmal.

Adomox  18.07.2025, 22:21
@Rerun360
Das generische Maskulin ist halt grundsätzlich geschlechtslos. 

Das generische Maskulinum ist nicht mit Epikoina gleichzusetzen und hat ganz klar einen männlichen Bias.

Rerun360  18.07.2025, 23:24
@Adomox

Es ist trotzdem geschlechtslos. Es meint kein Geschlecht und bestimmt kein Geschlecht. "Sie handelt wie eine Journalistin" hat halt eine völlig andere, vielleicht sogar abwertende Semantik als "Sie handelt wie ein Journalist".

Adomox  18.07.2025, 23:34
@Rerun360

Generische Maskulina haben diesen Bias - völlig egal, ob das so "gedacht" ist oder nicht. Der zweite Teil deines Kommentars schreit nach einem Beleg.

Rerun360  18.07.2025, 23:45
@Adomox

Wieso Beleg? Es ist doch völlig offensichtlich, dass "Sie handelt wie eine Journalistin" als Vergleichsgruppe nur weibliche Journalisten meint und sich damit auf Eigenschaften bezieht, die männliche und weibliche Journalisten unterscheidet. Ginge es nur um Eigenschaften, die männliche und weibliche Journalisten gemein haben, wäre ja der Satz "Sie handelt wie ein Journalist" korrekt und zu wählen. Wer statt "Sie handelt wie ein Journalist" "Sie handelt wie eine Journalistin" sagt, trifft seine Aussage sexusbezogen und hebt hervor, dass sie so handelt, wie es nur weibliche Journalisten tun.

Adomox  19.07.2025, 00:01
@Rerun360

Das ist deine Interpretation beruhend auf deiner Sprachverwendung. Ziemlich überheblich, das als allgemeingültig darzustellen.

Allerdings ist das für die hier vorliegende Frage völlig irrelevant, weshalb ich dieses Thema hier nicht weiter besprechen werde.