Was haben alle gegen Hippies?
Mir wird oft gesagt, dass ich wie eine Hippie-Tante klinge, die sich 24/7 mit Gras zuballert, wenn ich von Dingen wie Gerechtigkeit, Liebe oder Frieden rede. Meiner Meinung nach, ist das aber ein total gesundes Mindset, solange es nicht zu extrem wird und man die Dinge reflektieren kann. Heißt ja nicht unbedingt, dass ich nur noch Fair-Trade Kleidung kaufe und mich nicht mehr rasiere.
Durch Achtsamkeit und Entschleunigung lebt man nun ein entspanntes und zufriedenstimmenderes Leben. Aber viele haben diese ganze Sache als super negativ konditioniert, was ich einfach nicht verstehe.
Ich kann mir vorstellen, dass Hippies vorgeworfen wird nach utopischen Dingen zu streben und einige Menschen sowas wie Meditation nur als spirituellen Mist sehen (was wissenschaftlich aber bereits widerlegt wurde), aber ist es nicht eigentlich so, dass sie sich aufgrund dieser Vorurteile verschließen und sich dadurch total im Weg stehen?
Gerade Dinge wie einfach loslassen, sich vom Materialismus zu befreien und mehr Liebe (nicht nur romantische Liebe) zu empfinden könnte so viel moderne Krankheiten "ausrotten". Warum werden Hippies als super negativ gesehen, nur weil sie ihr Leben genießen, was jeder andere genau so machen könnte?
12 Antworten
Zunächst einmal haben nicht "alle" etwas gegen Hippies - ich habe einen nicht geringen Teil meiner Jugend mit Hippies, Autonomen und Hausbesetzern verbracht.
Es herrscht eben die Vorstellung, Hippies wären eine Belastung für die Gesellschaft - arbeitsscheu, zu wenig konsum- und leistungsorientiert, zu weltfremd um effektiv zu sein.
Da teile ich die Kritik zum Teil - meiner eigenen Erfahrung nach sind heutige Hippies zu unpolitisch und häufig einfach auf einem Wohlfühl-Selbstfindungstrip.
Man ist so sehr mit Autarkie, Selbstversorgung, Seifensieden, Kräuterzüchten, Veganismus usw. beschäftigt, dass man nicht mehr politisch aktiv ist.
Grundsätzlich stehe ich den Idealen der Hippies positiv gegenüber - in meinen Meditationskursen bestehe ich aber beispielsweise auf Drogenfreiheit.
Deine Auffassung klingt etwas altbacken, wenn ich so sagen darf.
Hippies gab es vor ungefähr 50 Jahren - Flower Power etc.pp.
Und natürlich beim legendären Woodstock-Festival. Das war im August 1969, also auch schon mher als 50 Jahre her...
Gibt jetzt die neue Bewegung "Neuzeithippies" aber auch Achtsamkeit wird gerade von vielen Millennials entdeckt
An artagnan: Die Tatsache, dass eine bestimmte Ära vorbei ist, muss nicht heißen, dass ihre Mentalität nicht eine Renaissance erfährt !! Siehe meine Antwort !
Es hängt von der Gesellschaft ab, in der man lebt. In Deutschland haben es Außenseiter und Exzentriker besonders schwer. Bist Du in einem Verein (vor allem Sport, Garten, Karneval, Kerbe), verheiratet, mit Kindern, möglichst kein Sindhi, keinen Migrationshintergrund, nicht jüdisch, schwul oder behindert und sich vor allem an den konservativen, neoliberalen Mainstream-Werten orientierend, Schlager- und/oder volkstümliche Musik hörend und brav auf jedes Schützen- oder Oktoberfest gehend, dann kannst Du hier prächtig und gut leben! Menschen, die als Hippies eingestuft werden, gelten als Träumer oder Romantiker, die dem Leistungs- und Optimierungswahn entweder nicht gewachsen sind oder sich diesem absichtlich entziehen! Ich selbst kenne das alles. Lass Dich nicht unterkriegen und bleibe, wie Du bist. Diese Gesellschaft braucht Leute wie Dich!
Warum alle? Bin ich denn niemand? ^^
Ich habe nichts gegen Hippies und bin gerne in ihrer Gesellschaft, sofern sie ausreichende Körperpflege betreiben. Diese naive und etwas weltfremde Einstellung tut manchmal gut, wenn man sich sonst all den Scheiß geben muss, der täglich auf der Welt geschieht.
Jetzt mal ernsthaft - ich glaube dass bei dieser Sache erst einmal 99% der befragten gaaaanz tief in die Klischeekiste greifen. Dennoch sollte man nicht so pauschalisieren, wie du auch hier an den Antworten der anderen siehst. Alle ist ein starkes Wort, das jedoch fast nie zutrifft.
Auch wenn nicht "alle" gegen sie waren: Die Hippies - wie die ganze Gegenkultur der 1960er Jahre, von der sie nur ein Teil waren - trafen auf starke negative Reaktionen. Das kam daher, weil sie ganz offen Götzenbilder schändeten, indem sie kollektive Gewißheiten und Wertesysteme in Frage stellten, und nicht nur solche, die den privaten Lebensstil betrafen, sondern auch den Nationalstaat, die militärisch-industrielle Gewaltkultur, und das kapitalistische System
Es war die Zeit des Vietnamkrieges. Die Demonstrationen der Anti-Vietnamkriegs-Bewegung waren für viele ein Angriff gegen die Würde und den Lebenssinn der Kämpfenden und derer, die tot oder verwundet zurückkamen. Bis heute sehen manche im schließlichen Rückzug der USA aus Vietnam so etwas wie manche Deutschen am Ende des Ersten Weltkrieges: einen "Dolchstoß" gegen die kämpfende Truppe.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dolchsto%C3%9Flegende
Die Kritik der Hippie-Generation am herrschenden Freiheitskonzept, an der gelenkten Individualität der breiten Masse, traf besonders tief und sie rührte an die ideologischen Grundüberzeugungen sowohl des Gesellschaftssystems wie auch des individuellen Nervensystems. In dem Film Easy Rider drückt der Jurist George (Jack Nicholson) es so aus:
Oh, they're not scared of you. They're scared of what you represent to 'em. [...] What you represent to them is freedom. [...] I mean, it's real hard to be free when you are bought and sold in the marketplace.'Course, don't ever tell anybody that they're not free 'cause then they're gonna get real busy killin' and maimin' to prove to you that they are. Oh yeah, they're gonna talk to you, and talk to you, and talk to you about individual freedom, but they see a free individual, it's gonna scare 'em.