Warum nehmen Menschen harte Drogen?

4 Antworten

Oh man, wenn ich die Antworten hier lese, da graust es mir ganz furchtbar. Soviel Halb- und Unwissen auf einen Haufen!

Zunächst einmal, definiere doch bitte "harte Drogen". Die Unterteilung in harte und weiche Drogen an sich ist nämlich schon einmal Unfug und wissenschaftlich nicht haltbar.

Diese Einteilung ist rein subjektiv und eher politischer Natur. Drogen sind zu aller erst einmal Substanzen, welche sich auf das Zentrale Nervensystem auswirken und sowohl positive Effekte, als auch ungewollte Nebenwirkungen haben können. Ganz genauso, wie es auch bei Medikamenten der Fall ist.

Jede Droge birgt (wie auch jedes Medikament) gewisse Risiken die mal größer mal kleiner ausfallen und jede Droge kann für etwas positives genutzt werden. Bei manchen Drogen ist das Verhältnis zwischen dem positiven Nutzen und den möglichen Risiken jedoch sehr unausgeglichen, was sie potentiell gefährlicher macht als andere.

Auch ist der richtige Umgang mit einer Droge sehr entscheidend, auch hier kann man es wieder mit Medikamenten vergleichen. Bei Medikamenten hat man immer eine Packungsbeilage, auf welcher angegeben wird wofür das Medikament gedacht ist, wie und in welcher Dosis man es einnehmen soll, welche Nebenwirkungen auftreten können und welche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen bekannt sind und vermieden werden müssen.

Das gleiche gilt für illegale Drogen, nur ist hier das Problem, dass diese nicht staatlich reguliert, sondern dem Schwarzmarkt überlassen werden. Aus diesem Grund gibt es keine Packungsbeilage, keine Garantie auf Reinheit der Substanz und auch kein allgemein verbreitetes Wissen über den korrekten Umgang damit.

Nehmen wir mal als Beispiel MDMA (besser bekannt als Ecstasy). Diese Substanz wird auch als "harte Droge" verschrien, obwohl sie eigentlich relativ harmlos ist, siehe hierzu die Studie von Prof. David Nutt:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6f/Drogen-schadenspotenzial-nutt-2010.svg/2000px-Drogen-schadenspotenzial-nutt-2010.svg.png

Wie man an der Grafik sehen kann, liegt Ecstasy in der Bewertung der Gefährlichkeit ganz weit hinten auf den letzten Plätzen. Warum hat die Droge dann so einen schlechten Ruf und warum liest man immer wieder Schlagzeilen von Todesfällen im Zusammenhang damit?

Weil die Leute damit falsch umgehen und weil oftmals schädliche Streckmittel oder gar völlig andere (gefährliche) Substanzen auf dem Schwarzmarkt als Ecstasy verkauft werden!

So wird diese Droge sehr gerne in der Party- und Technoszene genommen. Die Safer Use Regeln dafür lauten:

  • Maximal 1mg - 1.5mg je Kg Körpergewicht als Dosis (also bei 70kg zwischen 70mg und 105mg MDMA)
  • Genug Flüssigkeit aufnehmen, am besten Wasser oder Saft
  • Auf keinen Fall Alkohol dazu konsumieren
  • Nicht mit anderen Drogen Mischen, v. a. nicht mit Amphetaminen
  • Nach jeder Session mindestens 3 Monate Pause machen, d. h. höchsten 4x im Jahr konsumieren

Hält man sich an diese Regeln, entsteht kein Schaden. Viele nehmen diese Droge aber leider regelmäßig z. B. jedes Wochenende, sie mischen sie mit anderen Substanzen und vor allen Dingen dosieren die meisten viel zu hoch (viele Pillen, welche auf dem Schmarzmarkt verkauft werden sind sowieso völlig überdosiert mit z. T. 200mg - 400mg). Und das wiederum ist hochgradig schädlich.

Und dieses Beispiel gilt für nahezu alle Drogen. Wie gesagt, bei manchen ist der Nutzen/Risiko Faktor nicht lohnenswert (z. B. bei Zigaretten), aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Nun zu Deiner eigentlichen Frage. Warum nehmen Menschen Drogen? Darauf gibt es keine so leichte Antwort. Die Gründe dafür sind vielfältig. Prinzipiell lässt sich sagen, dass Säugetiere es genießen sich in Rauschzustände zu begeben, das gilt sowohl für Menschen als auch für viele Tiere, Delphine z. B. fressen Kugelfische, um sich an deren Gift zu berauschen, Primaten und Elefanten essen vergorene Früchte (Alkohol) und genießen den Rausch und es gibt noch viele andere Beispiele.

Im Wesentlichen kann man vermutlich folgende Gründe aufführen:

  • Zur Freude/Zum Spaß an dem Rauscherlebnis an sich
  • Zur Heilung oder Therapie (z. B. gegen körperliche Schmerzen oder psychische Leiden)
  • Zur Verstärkung des Gruppenzusammenhaltes (bspw. bei vielen indigenen Kulturen üblich, aber auch das gemeinsame Konsumieren von Alkohol im Verein oder mit Freunden eine Shisha rauchen u. ä. kann man dazu zählen)
  • Zur Bewußtseinserweiterung und Erforschung des eigenen Selbst und der Welt
  • Zur Flucht vor den eigenen Problemen, das ertragbar Machen der eigenen Existenz aus mannigfaltigen Gründen

Nur der letztere Punkt ist problematisch und nur auf diesen beziehen sich die ganzen anderen Antworten hier im Beitrag. Wenn es einem Menschen aus welchen Gründen auch immer schlecht geht und er das Gefühl hat mit Substanz X sein Leben erträglicher zu machen, dann ist dies ein gefährlicher Schritt in Richtung Sucht. Dabei spielt es eigentlich keine Rolle ob es dabei um Alkohol, Heroin, Marihuana oder Spielsucht geht.

Dieser Mensch ist schlicht und ergreifend krank und benötigt Hilfe. Ich empfehle zu diesem Thema diesen wirklich sehr guten Vortrag, "Alles was Sie über Sucht zu wissen glauben, ist falsch!"

https://www.ted.com/talks/johann_hari_everything_you_think_you_know_about_addiction_is_wrong?language=de

Alle anderen aufgezählten Gründe halte ich persönlich für völlig legitim und natürlich und bin daher der Meinung dass zum Wohle der Gesellschaft und Allgemeinheit alle Drogen legalisiert und reguliert werden sollten und man die Bevölkerung vernünftig über den richtigen Umgang mit eben diesen aufklären müsste, anstatt nur auf Abschreckung und Lügengeschichten zu setzen.

Auch hierzu habe ich ein sehr gutes, passendes Video, welches die wesentlichen Punkte meiner Überzeugung anspricht, "Warum wir den Krieg gegen die Drogen beenden müssen":

https://www.ted.com/talks/ethan_nadelmann_why_we_need_to_end_the_war_on_drugs/transcript?language=de

Ich hoffe ich konnte mit meinem langen Text zu ein paar Denkanstößen anregen und entschuldige mich für diesen Roman ;-)

Schaut Euch die Videos an, sie dauern nur jeweils ca. 15 Minuten und sind WIRKLICH lohnenswert!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Hobby, Recherche, eigene Erfahrungen

Wunderschöne Antwort... 👨‍🚀

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Super Antwort. Vielleicht siehst du den Beitrag ja irgendwann, aber du hast vergessen das die meisten illegalen Drogen auch Medikamente sind (bspw heroin gegen schmerzen und seelische Schmerzen oder Meth gegen adhs etc.) Das Ding ist nun, dass diese Art von Konsument definitiv „süchtig“ ist, auch wenn ich finde das es nicht das richtige Wort ist. Ich bin auch einer von diesen Konsumenten und glaub mir es geht mir besser mit als ohne. Bin glücklicherweise durch meine ewige Paranoia (habe chronische Par. Schizophrenie und bin eine Freundin des Methkonsums, schätze mal das ist selbsterklärend) noch nie mit den Polizisten in Konflikt gekommen und habe auch genug Geld für das Zeug, da ich nämlich polytoxe bin (tausende Drogen immer abwechselnd und in Kombination) habe ich bei keiner Droge so ne Riesen Toleranz, höchstens die Meth Toleranz macht mir zu schaffen.

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@Silvia778

Ja, habe ihn jetzt gerade gelesen. =)

Ich dachte, ich hätte das getan, habe mir meinen Beitrag auch noch einmal durchgelesen und mit dem Absatz:

"Jede Droge birgt (wie auch jedes Medikament) gewisse Risiken die mal größer mal kleiner ausfallen und jede Droge kann für etwas positives genutzt werden. Bei manchen Drogen ist das Verhältnis zwischen dem positiven Nutzen und den möglichen Risiken jedoch sehr unausgeglichen, was sie potentiell gefährlicher macht als andere."

Wollte ich Heilungszwecke eigentlich mit einschließen. Noch deutlicher weiter unten, wo ich ein paar Punkte aufzähle, warum Menschen Drogen nehmen:

"Zur Heilung oder Therapie (z. B. gegen körperliche Schmerzen oder psychische Leiden)"

Kommt das denn so nicht deutlich genug rüber?

Ich weiß was Du mit "süchtig" meinst und stimme an und für sich zu, würde das aber differenzieren und stehe dann hoffentlich nicht als Haarspalter da. ;-)

Und zwar würde ich sagen, dass Menschen, welche eine Droge zu gesundheitlichen Zwecken benötigen (egal ob nun legal oder illegal), von dieser Droge abhängig sind. Sie benötigen sie, um eine halbwegs normale Lebensqualität zu erreichen. Ganz klassisch in diesem Zusammenhang wären z. B. Schmerzpatienten.

Den Unterschied zur Sucht sehe ich darin, dass erstens ein praktischer Nutzen hiermit einhergeht, zweitens das Streben nach Gesundheit/Schmerzfreiheit von manchen wohl als "legitimer" als reine "Suchtbefriedigung" angesehen werden dürfte und drittens man auch von einem Medikament abhängig sein kann ohne danach süchtig zu sein.

Zum Beispiel kann man durchaus sagen dass ein Diabetiker von seinem Insulin abhängig ist, ohne geht es eben nicht, aber er ist nicht süchtig danach. Außerdem gibt es viele Medikamente die körperlich abhängig machen, seien es Opiate gegen Schmerzen, Antidepressiva oder Benzodiazipine. Medizinisch und therapeutisch angewandt sind das unverzichtbare, sehr hilfreiche Medis für die betroffenen Patienten und da ist es dann zweitrangig, dass sie nach einer gewissen Zeit der Einnahme eine körperliche Abhängigkeit danach entwickeln. Ist die Krankheit überstanden, kann man dann in Zusammenarbeit mit dem Arzt diese Medikamente dann in der Regel auch problemlos Schritt für Schritt wieder ausschleichen und sie anschließend nicht mehr benötigen.

Das ist in meinen Augen der wesentliche Unterschied zu einer Sucht. Ist aber nur meine Sicht der Dinge, muss nicht zwingend so richtig sein.

Bist Du eigentlich in Behandlung?

Hast Du Dich vielleicht mal auf ADHS testen lassen? Ich frage deshalb, weil bei mir vor ca. 1,5 Jahren ADHS erstmalig diagnostiziert wurde und ich in der Vergangenheit durchaus Gefallen an etwas Amphetamin dann und wann gefunden habe. Seitdem ich die Diagnose habe und entsprechend Ritalin verschrieben bekomme (nehme nur 10mg, bin also recht niedrig dosiert), ist die Lust auf ne Nase Pep tatsächlich viel, viel schwächer geworden als vor der Medikation.

Will damit sagen, dass aufgrund des ADHS ja ein Mangel an Dopamin im Gehirn vorliegt und Amphetamine gleichen dies aus. Ebenso aber auch das legale Methylphenidat auf Rezept. Da meine Gehirnchemie in diesem Fall nun ausgeglichener ist, habe ich auch nicht mehr so häufig das Verlangen nach Pep (kommt schonmal vor, ist aber wie gesagt sehr viel seltener geworden).

Möglicherweise wäre das auch ein Weg für Dich. Weiß ja nicht ob Du vom Meth gerne loskommen möchtest aber nicht kannst o. ä. Will Dir hier auch nix aufschwatzen oder so, sondern nur einen Tipp geben, der Dir ggf. noch nicht in den Sinn gekommen ist.

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@DarkSilver

ADHS habe ich zwar noch nie testen lassen, habe aber mal als selbsttest 10 Tage lang 10mg Ritalin genommen, am Ende waren’s 40mg (ab Tag 5 dosissteigerung da keine Wirkung). Ich habe in diesen 10 Tagen nichts vom Ritalin gespürt, nicht mal subtil oder das ich aufmerksamer war. Deshalb wird es das wohl nicht sein, würde mir ein Arzt Meth/adderall verschreiben, würde es vllt. sogar was bringen wobei ich nicht weiß ob ich überhaupt ADHS habe.

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DarkSilver und andere Menschen: viele Pillen, welche auf dem Schmarzmarkt verkauft werden sind sowieso völlig überdosiert mit z. T. 200mg - 400mg

Ich: eine xtc pille mit weniger als 200mg Mdma ist langweilig. Am besten 2x 230mg

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Der Mensch tut häufig das, was er gar nicht will.

Bei manchen Cannabis Rauchenden ist irgendwann der Punkt erreicht, wo sie merken, dass der anfängliche Kick nicht mehr so wie am Anfang ist. Also suchen sie sich irgendwann etwas Stärkeres.

Ist man erst mal bei dem immer wieder als harmlos angepriesenen Zeugs Cannabis gelandet, ist man sozusagen in einer neuen Lebensdimension. Vieles wird selbstverständlich, was in der vorhergehenden Dimension noch lange nicht so war. Sprüche wie: "Hin und wieder kann man ja mal !" sind plötzlich an der Tagesordnung :-(

Am besten beschäftigt man sich erst gar nicht mit Cannabis, welches häufig den unaufhaltbaren Teufelskreis einleitet. Denn, wie sang doch Helge Schneider so treffend in einem seiner Songs:

"Marihuana dat is Mist, weil Du es nicht selber bist !"

Dann würde einfach die Frage lauten: Warum nimmt jemand Cannabis? Falls Cannabis tatsächlich ein Sprungbrett in die harten Drogen wäre, dann nur deshalb, weil man sich damit bereits in der Illegalität befände.

Es gibt aber sehr, sehr viele Menschen, die jahrzehntelang kiffen, aber nie harte Drogen nehmen. Man weiss nur nichts darüber, weil diese Leute völlig unauffällig sind, da sie weder aus der Gesellschaft raus fallen, noch irgendwie krank oder abgemagert aussehen, sich auch nicht aggressiv verhalten oder sonst ein Anzeichen von Sucht zeigen.

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@gamine

"Es gibt aber sehr, sehr viele Menschen, die jahrzehntelang kiffen, aber nie harte Drogen nehmen."

Das mag ja sein, dass es sehr, sehr viele sind, die die Finger von den harten Sachen lassen können. Aber es gibt leider genauso auch sehr sehr viele, die das nicht schaffen. Warum sollte man ausgerechnet bei den erstgenannten sein ? Weil man unfehlbar wäre, dass einem sowas nicht passieren könnte ? Oder auf gut Deutsch gesagt: Weil man nicht so dumm wie die anderen ist ? Solch eine Einstellung wäre mindestens herablassend gegenüber anderen Zeitgenossen.

Klar jeder kann sowas selbst entscheiden.

Nur:

Ist das nicht ein viel zu hoher Preis, den man dabei zahlt ?




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@gamine

Genauso ist es. Das Gemeinsame an Cannabis und harten Drogen ist die Illegalität. Dagegen könnte etwas getan werden.

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Das gemeinsame an Cannabis ist der Zusammenschluss von Freunden die sich gerne mal einen rauchen, Netflix suchten, und chillige Musik hören.
Zivilisierte Menschen mit einem starken Selbstbewusstsein werden nicht süchtig.
Süchtig wird nur jemand der unzufrieden mit seinem Leben oder sonst was ist...

Kiffe seit 5 Jahren, verachte Alkohol und sonstige Drogen.

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@CounterLPonMC

"Süchtig wird nur jemand, der unzufrieden mit seinem Leben oder sonst was ist..."

Und wenn es so ist: Wer gibt Dir die Garantie dafür, dass nicht jemand in dem von Dir im ersten Satz beschriebenen gemeinsamen Zusammenschluss von Freunden dabei ist ?

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Weil sie es nicht vertragen, nur eine Nummer zu sein. Weil sie nicht damit zufrieden sind, nur zu funktionieren. Weil sie zu wenig Anerkennung bekommen haben, für das, was sie sind, für das, was sie leisten. Weil ihre Art zu sein in ihrem Umfeld ständig kritisiert wird. Weil sie unter den anderen Drogenkonsumenten Gemeinschaft finden, obwohl dort Freundschaft nicht wirklich existiert. Weil sie sich dem grausamen Spiel um Macht entziehen.

Weil sie ihr verdammtes, von anderen zerstörtes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zum Schein wieder aufbauen können, jedenfalls so lange, wie die Wirkung der Droge anhält.

Probiers aus dann weißt dus ^^