Warum ist der gute Wille laut Kant gut?

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guter Wille

Kant erklärt, allein der gute Wille könne uneingeschränkt für gut gehalten werden. Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785; 2. Auflage 1786). Erster Abschnitt. Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen. BA 1 – 2/AA IV, 393:

„Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. Verstand, Witz, Urteilskraft, und wie die Talente des Geistes sonst heißen mögen, oder Mut, Entschlossenheit, Beharrlichkeit im Vorsatze, als Eigenschaften des Temperaments, sind ohne Zweifel in mancher Absicht gut und wünschenswert; aber sie können auch äußerst böse und schädlich werden, wenn der Wille, der von diesen Naturgaben Gebrauch machen soll und dessen eigentümliche Beschaffenheit darum Charakter heißt, nicht gut ist. Mit den Glücksgaben ist es eben so bewandt. Macht, Reichtum, Ehre, selbst Gesundheit, und das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit mit seinem Zustande, unter dem Namen der Glückseligkeit, machen Mut und hiedurch öfters auch Übermut, wo nicht ein guter Wille da ist, der den Einfluß derselben aufs Gemüt, und hiemit auch das ganze Prinzip zu handeln, berichtige und allgemein-zweckmäßig mache; ohne zu erwähnen, daß ein vernünftiger unparteiischer Zuschauer sogar am Anblicke eines ununterbrochenen Wohlergehens eines Wesens, das kein Zug eines reinen und guten Willens zieret, nimmermehr ein Wohlgefallen haben kann, und so der gute Wille die unerlaßliche Bedingung selbst der Würdigkeit, glücklich zu sein, auszumachen scheint.“

Bei Immanuel Kant ist der gute Wille das, wodurch ein Handeln gut ist. Der gute Wille liegt darin, den Grundsatz des Handelns um seiner selbst willen zu wollen. Der gute Wille ist darauf gerichtet, das Sittengesetz/moralische Gesetz selbstbestimmt zu bejahen. Der gute Wille ist von der Pflicht (innere Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung vor dem Gesetz [auf das Sittengesetz/moralische Gesetz bezogen, nicht auf juristische Gesetze]) bestimmt.

Um einen Willen als eigentlich moralisch und dabei in vollem Ausmaß als gut auffassen zu können, wird ein allgemeines Kriterium (ein allgemeiner Maßstab) benötigt. Dazu ist eine Betrachtung erforderlich, die sich auf den reinen Willen (den aus sich selbst bestimmten Willen) bezieht. Die Bestimmung des reinen Willens muß gesetzesförmig sein, unabhängig von äußeren oder inhaltlichen, auf Neigungen/Begierden/empirischen Interessen beruhenden Beweggründen. Für die Form der Gesetzlichkeit stellt Kant den kategorischen Imperativ als Regel des unbedingten Sollens auf. Das Gute beim guten Willen besteht darin, sich nach ihm zu richten und daher den Maximen (subjektiven Grundsätzen) zu folgen, die als Teil einer allgemeinen Gesetzgebung der Vernunft gedacht und gewollt werden können.

Beispiele

Naturgaben:

Verstand (ein Talent des Geistes) kann dazu eingesetzt werden, sich einen raffinierten Betrug auszudenken und ihn durchzuführen, heutzutage beispielsweise auch mit technischen Mitteln über das Internet.

Mut (eine Eigenschaft des Temperaments) kann dazu dienen, gewalttätige Übergriffe durchzuführen, ohne vor möglicher Gegenwehr, Vergeltung und Strafe zurückzuschrecken, oder einen Raubmord zu begehen.

Glücksgaben:

Macht kann dazu missbraucht werden, sich selbst zu bereichern, Menschen, die jemand nicht mag, ein Unrecht anzutun oder Umweltschädigung wegen kurzfristiger Vorteile für sich selbst oder eine nahestehende Gruppe zu begünstigen.

Reichtum kann zur Bestechung eingesetzt werden, um etwas Unrechtmäßiges und Unerlaubtes durchzusetzen.