Verwirrung in der Familienbeziehung?
Es ist mir so unangenehm diese Frage zu stellen, aber ich bin in einer sehr schweren Situation.
Ich komme ursprünglich aus Syrien, bin Muslima und lebe seit vielen Jahren in Österreich – bin auch österreichische Staatsbürgerin. Der Krieg in Syrien ist offiziell vorbei, und in Niederösterreich (wo ich herkomme) wird die Politik gegenüber dem Islam strenger. Mein Vater will deshalb zurück nach Syrien. Ich verstehe ihn und ich kann seine Entscheidung wirklich nachvollziehen, aber er muss mich doch auch verstehen. Ich bin hier aufgewachsen und kann nicht einmal anständig arabisch sprechen und er will ernsthaft, dass ich mit ihm zurück soll. Ich hätte dort keine Zukunft, kein Leben, nichts.
Das Problem ist: Mein Vater hält Ehrenmorde für legitim. Das hat er zumindest mal in einem Familienkonflikt gesagt. Er hat mir mal in einem sehr berechtigten Wutmoment gesagt, dass er kein Problem damit hätte, mich umzubringen und dafür den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen. Ich weiß nicht ob das damals nur ein Ausrutscher war, oder ob er es wirklich meinte, aber ich krieg seine Worte nicht mehr aus dem Kopf. Er hat mich noch nie verletzt, weshalb ich an der Wahrheit dieser Aussage etwas zweifle, aber diese Angst, die habe ich immer noch. Er hat sich natürlich im Nachhinein für alles entschuldigt und hat versucht seine Reaktion zu erklären, aber in mir ist irgendwas gebrochen seitdem und das konnte nicht mehr gefixt werden.
Solange ich in Österreich bin, hatte ich das Gefühl, er kann mir nichts tun. Aber wenn wir zurück nach Syrien gehen, habe ich Angst. Wenn ich dort zurückgehe und eine weitere solche Aktionen von mir kommt, dann werde ich vermutlich zwecks "Ehrverletzung" umgebracht. Ich weiß, dass mein Vater in dieser Gesellschaft sogar dafür noch Anerkennung bekommen könnte.
Ich liebe meine Religion sehr, ich liebe Gott und ich vertraue Ihm und ich liebe auch meinen Vater. Ich möchte außerdem keine Sünde begehen. Deswegen fällt es mir unendlich schwer, meine Eltern zu verlassen oder mich von ihnen abzugrenzen – obwohl ich solche Angst habe. Ich will keine Familie verlieren. Ich will kein Leben führen, in dem ich allein bin. Aber ich habe das Gefühl, dass ich genau zwischen diesen beiden Höllen stehe – entweder verliere ich meine Familie, oder ich verliere mich selbst.
Zudem tut es einfach so höllisch weh mich von dem Mann beschützen zu müssen, der eigentlich mein Schutz sein sollte.
Ich weiß nicht weiter, ich brauche Rat.
Was soll es denn für einen Grund für einen Ehrenmord geben?
Du hast doch gar keine Liebesbeziehung
Hatte ich und ich lerne anscheinend nicht aus Fehlern
Dann beende die und mach Tauba
Auch wenn du jeden Woche einen neuen Freund hättest ist das kein Grund für Ehrenmord (gibt es im Islam sowieso nicht)
Das ist mir klar
Ich habe momentan nichts am Laufen, aber ich traue mir selbst nicht, was in der Zukunft passieren könnte.
Dann heirate
Ich will nicht heiraten
Dann sollst du schnell nach Syrien ausgeflogen werden ohne Rückkehrrecht
Ich schlafe nicht herum, es ist nicht so deep 💀🙏🏼
10 Antworten
"einen Tod musst Du eben sterben"
- Den allahgefälligen "Ehrentod" durch die Hand Deines Vaters (oder - warum nicht? - durch die Hand Deines späteren Ehemannes nach Zwangsheirat)
- Den "gesellschaftlichen Tod", durch die Trennung von Deiner Familie.
Der Unterschied ist: Letzteren überlebst Du - ersteren nicht! Ich meine, deshalb sollte Dir die Entscheidung leichtfallen - Du kannst hier Dir einen neuen Kreis von Freunden aufbauen - Ein neues Leben hingegen kriegst Du nicht!
Vielleicht hilft dir diese Institution weiter:
Papatya bietet Schutz und Beratung…… bei familiärer Gewalt, Zwangsverheiratung und Verschleppung.
LG
Es gibt in Wien einen Verein für solche Fälle, an den man sich wenden kann.
Dein Problem ist eigentlich das Du nicht in der Lage zu sein scheinst eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung für ein unabhängiges Leben, oder ein Leben für die Familie in der Du dann dich als Person unterordnen musst. Das musst Du für dich erstmal entscheiden. Dieses "Ich bin hin und her gerissen, ich will dies, aber ich will nicht ohne meine Familie etc." Da kann dir ehrlich niemand helfen. Du musst erwachsen werden, und eine Entscheidung treffen. Und wenn Du diese getroffen hast, muss Dir klar sein das es weitreiche Folgen für deine Zukunft haben wird, egal wie Du dich entscheidest. Entweder Du stehst zu dir, oder Du ordnest dich unter.
Für mich ist die Entscheidung eigentlich eindeutig: wenn ein Elternteil - egal ob Vater oder Mutter - auch nur ansatzweise andeuten würde, mich umbringen zu wollen oder auch nur mein Leben gefährden zu wollen, würde ich dagegen sofort Schritte unternehmen - Behörde und/oder Polizei einschalten, mich an Freunde wenden, denen ich vertraue usw. Denn das ist ein absolutes No-Go.
Abgesehen davon gibt es auf der ganzen Welt ABSOLUT KEINEN Grund, der auch nur ansatzweise so etwas rechtfertigen würde. Ehrenmorde sind aus dem tiefsten Mittelalter und in mehrerer Hinsicht strafbar.
Ich verstehe daher Deine Angst zu 100 %, denn ich sehe das so wie Du - sobald Ihr in Syrien zurück seid, würde er wohl auch sein altes Umfeld wieder betreten und sicher Gleichgesinnte finden. Und das bedeutet offensichtlich, dass Frauen, egal ob Verwandte oder Fremde, sich bedingungslos einem Mann zu unterwerfen und alles zu akzeptieren haben, was er sagt oder fordert, egal, wie moralisch verwerflich das auch sein mag.
Ich verstehe Deine Gedanken, dass Dir Deine Eltern wichtig sind. Aber Du darfst und musst zuerst an Dich und Dein Leben denken. Der Umstand, dass Du bereits eine (sexuelle) Beziehung hattest, macht Dich in keiner Weise zu einem schlecht(er)en Menschen, denn das ist ganz normal und natürlich, dass solche Gefühle entstehen und es, wenn sich beide einig sind, auch mal zum Sex kommt.
Ich kann Dir also nur DRINGENDST raten, Dir wirklich Hilfe und Unterstützung zu suchen und auf KEINEN FALL auch nur daran zu denken, gemeinsam mit Deinen Eltern nach Syrien zu gehen.
Ich wünsche Dir wirklich viel Kraft, Durchhaltevermögen und Hoffnung!