Verschenkung/Überschreiben Vermögen 1 Jahr vor Beginn ALG 1 und später Hartz 4-Bezug zulässig?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

BGB § 528 Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers hatten wir ja schon, hinzu kommt § 529 Ausschluss des Rückforderungsanspruchs.

Das Recht nach § 528 geht über auf das Jobcenter nach SGB II § 33 Übergang von Ansprüchen, und zwar bis zur Höhe der geleisteten Sozialleistungen.

Wird Vermögen in der Absicht verschleudert (Weltreise, Spielbank usw.), mehr oder früher ALG II zu beziehen, greift SGB II § 34 Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten. Man muss sein ALG II also sofort wieder zurückzahlen, wenn man genügend Einkommen hat (Job, Erbe, Lotto usw.).

Vorher muss man monatlich lediglich rund 110,- zurückzahlen - das wird einem vom ALG II automatisch abgezogen, schreibt SGB II § 43 Aufrechnung.

Zudem gibt es drei Monat lang eine Minderung um ebenfalls rund 110,- laut SGB II § 31 Pflichtverletzungen ff. für Leute, die

"nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Arbeitslosengeldes II herbeizuführen".

Die Nicht-Angabe von Goldbarren führt zudem zu StGB § 263 Betrug.

Gruß aus Berlin, Gerd

Sehr gut ! Eine sehr fachkundige Antwort.

Allerdings wird es in der Praxis für die Behörden sehr schwierig, einem sogenannten Tafelgeschäft mit Goldbarren auf die Schliche zu kommen.

Daher wundert es mich auch, das Tafelgeschäfte (d.h. mit Bargeld) ohne Nachweise bis 15000 € weiterhin zulässig sind.....

Die Sanktion wird nicht durchzusetzen sein, da der notwendige Vorsatz - das Wissen und Wollen - bei diesem Zeitrahmen grundsätzlich nicht nachzuweisen sein wird.

Das Jobcenter müsste dem Schenker nachweisen, dass er wissen musste, dass er in einem Jahr Alg2 beziehen wird UND dass er das Vermögen verschenkt hat, um in den Alg2-Bezug zu fallen.

Vollkommen aussichtslos.

Ansonsten: gute Antwort.

@VirtualSelf

"der notwendige Vorsatz - das Wissen und Wollen" ist ja ein komplexes Ding!

Dolus eventualis fällt mir hier ein - auch wenn das aus dem Strafrecht stammt:

"Oft trifft man aber auf die Konstellation, dass ein Täter den Erfolg eigentlich gar nicht will, ihn aber als – möglicherweise sogar unerwünschte – Nebenwirkung seiner Handlung in Kauf nimmt. Dieses Inkaufnehmen der Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolges wird Eventualvorsatz genannt. Allgemein herrscht Einigkeit, dass für die Strafbarkeit einer Tat Eventualvorsatz genügt."

Inwieweit dies auch auf das Sozialrecht zutrifft, lässt sich eventuell aus dem Zivilrecht ableiten: "Auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit genügt als Vorsatz der bedingte Vorsatz." (Ebenda).

Wenn ich also meinen künftigen Bedarf an ALG II zwar nicht plane, ihn aber (bei der Verschenkung bzw. Verschleuderung meines Vermögens)

billigend in Kauf nehme (wie es immer so schön heißt),

könnten die von mir zitierten Sanktionen und Rückforderungen eventualis ebenfalls greifen ;-).

Gruß aus Berlin, Gerd

@GerdausBerlin

Zudem ist generell immer sauber zu unterscheiden zwischen Rechtslage und Beweislage!

Wer über die Rechtslage Bescheid wissen möchte, kann schlecht getröstet werden mit einer Einschätzung wie "da der notwendige Vorsatz - das Wissen und Wollen - bei diesem Zeitrahmen grundsätzlich nicht nachzuweisen sein wird."

Und auch, wer Bescheid wissen möchte über die Beweislage, kann nicht immer wissen, was die Gegenpartei weiß!

Es kann Dokumente geben wie Briefe á la "Liebe Mausi, tausche bitte meinen Ferrari in Goldbarren um, wenn du schon mal in der Schweiz weilst!". Und es kann Zeugen geben wie Mausi, die sauer sind auf ihren Ex. Und so weiter.

Gruß aus Berlin, Gerd

@GerdausBerlin

Naja .. du hast in deinem ersten Post die Sache so dargestellt, dass Sanktion beschlossene Sache ist.

Realiter ist aber Sanktion nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ein stumpfes Schwert, da "billigend in Kauf nehmen" für diese Sanktionierung nicht reicht - nicht einmal "grob fahrlässig" reichte aus, sondern die Fachlichen Hinweise der BA EXPLIZIT (unmittelbaren) Vorsatz fordern.

Also: Rechtslage ist so: JC MUSS Vorsatz nachweisen.

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01-Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publikation/pdf/Gesetzestext-31-31b-SGB-II-Sanktionen.pdf

@VirtualSelf

Die Hinweise der BA sprechen in der Tat für deine Sichtweise:

"Dem Vorgehen der leistungsberechtigten Person muss zudem (unmittelbarer) Vorsatz (Wissen und Wollen der Tat-bestandsverwirklichung) zugrunde gelegen haben; grobe Fahrläs-sigkeit i. S. des § 45 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 des SGB X reicht dagegen nicht aus." PDF-Seite 10 a. a. O,

Allerdings bringst du wieder Rechtslage und Beweislage durcheinander: "Rechtslage ist so: JC MUSS Vorsatz nachweisen."

Die Hinweise der BA interpretieren die Rechtslage. (Interpretieren! Die BA ist nicht das Bundesverfassungsgericht!) Die Hinweise der BA schreibt dem Jobcenter also quasi die Rechtslage vor.

Sie schreiben aber nicht vor, was das Jobcenter nachweisen muss!

Und auch nicht wie.

Was ist, wenn ein Sachbearbeiter des Jobcenters zur Überzeugung gelangt, dass ein unmittelbarer Vorsatz vorlag? Etwa aufgrund eines Indizes? Oder aufgrund einer Indizien-Kette? Oder aufgrund der Glaubwürdigkeit eines Zeugen?

Darf der Sachbearbeiter diese Dinge so frei würdigen wie ein Richter? Oder ist er in seiner Würdigung an etwas gebunden?

Jedenfalls glaube ich nicht, dass ein Sachbearbeiter etwas nachweisen muss, um eine Entscheidung zu treffen.

Gruß aus Berlin, Gerd

Bei alg1 brauchst Du keine Angst zu haben. Da Du das garnicht so lange nachweisen musst, ist die Frage hinfällig. (bei Hartz4) Wo kein Kläger da kein Richter. Du könntest Dir auch einen Safe kaufen und es zu Hause deponieren!

Aber Du solltest Dir überlegen, ob es alles so richtig ist! Will da nicht mit der Moral kommen, 70000 geht ja noch. Aber man kann doch da irgentwo arbeiten bevor h4 kommt.

Ist ja auch nur ien fiktive Annahme, ich möchte kein Hartz4....

Aber es gibt so einen ähnlichen Fall im Bekanntenkreis..

Für Hartz IV berechtigt § 33 SGB II, bei der Sozialhilfe § 93 SGB XII die zuständige Behörde, verschenktes Vermögen direkt beim Beschenkten einzufordern.

So weit mir bekannt ist, kann man alles, was in den letzten 10 ! Jahren von der nun "verarmten Person" verschenkt wurde, zurückfordern (s.o.)....

Und wenn ich vor ALG 1 Bezug das Geld z.B. in der Spielbank verspilet habe ? Oder oft auf Reisen war ? Kurze Annahme: Das Geld wurde verschleudert...

Wie kann das Amt z.B. prüfen, wenn ein potentieller Hartz4-Empfänger vorher rechtzeitig Gold gekauft hat (Bargeschäft, daher kein Nachweis bis 15000 €) ?

Danke für die Info

@fuzzi001

Wo das Geld geblieben ist, ist dem Amt egal. Er wird so lange eben KEINE LEISTUNG erhalten, bis der Saldo ausgeglichen ist.

Wie wollen die das rausbekommen? wenn man es nicht selber sagst und nicht an die große Glocke hängt? und es auch noch über 1 Jahr her ist.

@AlleZeitderWelt

Sowohl (alle) Banken in seiner Umgebung als auch Das Finanzamt sind auskunftspflichtig. Diese Recherche geht bis 10 Jahre zurück. Dabei kommt dann vielleicht noch ein Verstoß gegen das Geldwäschegesetz und Schwarzarbeit zu Tage.

@DerHans

Wenn ich Goldbarren vor ALG 1 kaufe, z.B. über ein sogenannten Barkauf (Tafelgeschäft) , wie will ein Amt dahinter kommen ?

@fuzzi001

Schon mal was vom "Geldwäschegesetz" gehört?. Bargeschäfte über 5.000 € sind meldepflichtig.

Wenn du dein Vermögen selbst verminderst, und anschließend "bedürftig" wirst im Sinne der Sozialgesetzgebung, verlangt der Träger (also JobCenter oder Sozialamt), dass diese Rechtsgeschäfte rückgängig gemacht werden. Das ist noch 10 Jahre nach dem Rechtsakt möglich.

Im Klartext: Du kannst dich nicht selbst "arm rechnen" und anschließend Geld vom Staat verlangen. Selbst der Versuch kann als Betrugsversuch auch bestraft werden.

UNd wenn ich vor Bezug von ALG 1 eine teure Reise unternehme ? Quasi zu einem Zeitpunkt wo eine Arbeitlosigkeit noch nicht absehbar war ?

Zählt das auch als Betrugsversuch ?

Das gibt auf alle Fälle Probleme , deine Eltern müssten das Geschenkte wieder rausrücken .

Blödsinn....Was ist,wenn die das auf ner Weltreise ausgegeben haben,und woher soll das Amt wissen,dass er Geld verschenkt hat??Vorher überlegen!!

@KIara008

Ha ha ...als wenn .. du ....Ahnung davon hättest .

@KIara008

Bei einem Anfangsverdacht hat das Amt das Recht seine sämtlichen Kontobewegungen bis zu 10 Jahre rückwirkend einzusehen. Und ob die Eltern das Geld inzwischen ausgegeben haben, ist vollkommen egal. Er bekommt jedenfalls keine Leistung.

@DerHans

Danke Hans ;o)