Teilt ihr meine Auffassung (Suizid, Lebenssinn, Leid)?
Ein ewiges Nichts wäre für das subjektive Erleben paradiesisch, da man von allem Leid erlöst würde, wozu auch der Mangel an Freude zählt. Freude ist kein Selbstwert, sondern Mittel zum Zweck der Leidverhinderung. Wer nicht leidet - was nicht existent der Fall ist -, dem geht es so gut wie jemandem, der nur Freude empfindet. 0 % Leid und 100 % Freude entsprechen einander, wenngleich die meisten dies wegen der Kontraintuitivität nicht begreifen, so wie sie religiös geprägt einen Antagonismus zwischen Gut und Böse sehen statt von Gut und Schlecht. So sieht jedenfalls die Wahrheit aus, die die hässliche Fratze des Lebens enttarnt und zugleich immerhin überhaupt erst einmal auch außerreligiös eine rational begründbare Hoffnung auf einen Paradieseintritt macht.
Entsprechend gilt:
Sollte der Tod tatsächlich die Nichtexistenz bringen, so wäre man vom Zeitpunkt des Todes aus betrachtet froh, mittels Suizid frühzeitig gestorben zu sein, oder würde sich eben ärgern, nicht proaktiv die Erlösung gesucht zu haben.
Falls der Tod aber bloß in ein nächstes, vielleicht sogar schlechteres Leben mündet, so hätte man rückblickend nichts damit gewonnen, das Vorleben in die Länge gezogen zu haben, oder damit verloren, es verfrüht beendet zu haben, da man fortan so oder so in der Malaise hinge.
Es lässt sich festhalten, dass man vom Ende her gedacht mit einem Suizid nichts verlöre, aber eventuell schneller etwas gewönne. Nun kann man einwenden, dass es auch eine Perspektive aus der Gegenwart gibt, bloß sind 80 - 120 Jahre Menschenleben dermaßen irrelevant gegen die unendliche Zeit, die das Universum existiert und existieren wird, dass alle Freude wertlos und alles Leiden umso unnötiger sind und bleiben. Vor allem stellt sich die Frage, wie man unter der Ungewissheit, was nach dem Tod kommt, auf dem Weg zu ihm denn bitte wertig glücklich werden können soll.
Somit zeugt ein Suizid mit diesem gedanklichen Überbau von Vernunft und Hoffnung, während Weiterleben einen Akt der Irrationalität und des Aufgebens darstellt, da faktenwidrig der Tod vorab für erwiesen schlecht gehalten und aus Angst vor noch mehr unausweichlichem Leid am per Suizid möglicherweise für immer beendbarem Leid des Lebens festgehalten wird. Man kann keinen Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen, aber offenkundig gibt es zuhauf Menschen, die sich dem Schmerz aussetzen aus Angst vor dem Leid. Und das ist pathologisch, nicht Suizidalität.
Krasserweise begreifen Psychotherapeuten es als ihre Aufgabe, sterbewillige Menschen dazu zu bewegen, ihre Probleme doch weiter vor sich herzuschieben, indem sie keinen Suizid begehen. Die Hippokratie will das Leben der Betroffenen im Hier und Jetzt verbessern. Dies ergäbe allerdings nur dann Sinn, wenn bereits feststünde, dass auf den Tod das nächste Leben folgt, weil dann zum Wert würde, in einer unendlichen Daseinszeit stets den jeweils aktuellen Moment so wenig unangenehm wie möglich zu gestalten. Vielmehr wäre es im Bestreben, den Menschen Gutes zu tun, angebracht, ihnen beim Versuch der Problembehebung zu helfen, also einen schmerzfreien Tod zu ermöglichen, auf dass sodann entweder ihr Leiden nachhaltig kuriert ist oder sie im nächsten Leben ins Handeln kommen können. Selbst wenn wir für einen Moment so tun, als wäre eine Verbesserung der Lebensbedingungen irgendwie doch eine Alternative zum Tod, weil man warum auch immer ewig leben würde, wenn man sich nicht umbrächte: Warum stellt man gerade dann den Betroffenen nicht Mittel wie Natriumpentobarbital zur Verfügung? Als Psychologe müsste man doch nachvollziehen können, wie viel Kraft die Sicherheit, bei zu großem Leid das Leben beenden zu können, gäbe - Kraft, sich an die Arbeit an der Verbesserung der Lebensbedingungen zu begeben. Es ist doch für jedermann ersichtlich, dass es nicht für jedes Problem auf der Welt eine Lösung gibt. Ein Blick in den Nahen Osten hilft. Wie soll man da als Patient Vertrauen zum Gesundheitswesen oder Staat fassen, wenn dieses/r einen einerseits nicht vor allem schützen können (und je nach Regierung nichtmals wollen) und andererseits für keinen Fall Sterbehilfe zusichern?
Es stimmt, dass es für gewöhnlich Angehörige gibt, die bei einem Suizid in Trauer zurückgelassen werden. Darauf möchte man Rücksicht nehmen, aus ethischer Sicht muss man es jedoch nicht. Es wird immer leidende Menschen geben. Die Welt ist nicht zu retten, das Individuum aber vielleicht. Das heißt nicht, dass die Suizidenten es sich hier leicht machen. Es bleibt für sie ein Dilemma, das sie lösen müssen, ethisch aber kann man, sprich Dritte, ihnen keine Vorschriften machen. Überdies würden wir doch auch nicht dafür plädieren, dass jemand, dessen Eltern mit seiner Partnerwahl (Suizidentschluss) nicht einverstanden sind, noch einmal Ausschau nach jemand anderem hält (Therapie) in der Absicht, am Ende einen zu finden, mit dem alle glücklich sind (Motivation zum Weiterleben).
5 Antworten
Ich habe, ehrlich gesagt, nur das erste Fünftel gelesen. Die Behauptung wer nur Freude empfindet ist so wie jemand der nur Leid kennt ist kompletter (pseudointellektueller) Quatsch.
Schwer erkrankten Menschen, oder Menschen in Kriegsgebieten, leiden also genau so, wie auch auch ein zufriedener Mensch in seinem Pool mit nem Cocktail in der Hand leidet? 🤨
PS: Und deine Frage lässt etwas wichtiges außer acht: das es zufriedene Menschen gibt. ✌🏻
Es wäre schön, wenn du zumindest wirklich das erste Fünftel gelesen hättest, denn nichtmal das scheinst du getan zu haben. Wo habe ich bitte geschrieben, dass dass nur Freude und nur Leid das Gleiche seien? Das Gegenteil habe ich geschrieben, nämlich dass nur Freude das Gleiche ist wie gar kein Leid. Und wo du gelesen zu haben meinst, dass schwer kranke Menschen oder solche in Kriegsgebieten genauso leiden wie Urlauber im Fünf-Sterne-Hotel, würde ich auch gerne mal wissen.
Wenn man nicht existiert, kann man auch kein Nichts erleben. Dann ist da wirklich nichts. Dann ist man komplett weg. Du kannst auch nicht vom Zeitpunkt des Todes an Freude empfinden.
Manchmal denke ich, das das nicht schlecht ist, alles weg, was kümmert einen da das Leben, die Fehler, der Schmerz, den man erfahren hat usw.
Aber vielleicht kommt danach doch noch etwas und das ist dann noch schlimmer weil man noch da ist, mit all dem Mist, den man vor dem Todeszeitpunkt am Hals hatte. Und dann? Wenn man lebt, kann man sich wenigstens um seine Probleme kümmern, man kann sich Hilfe suchen, Freunde bis zu Besinnungslosihkeit bequatschen, meinetwegen Medikamente nehmen, die helfem usw.
Ich sage auch immer, dass ich mich nicht selber umbringen würfe weil ich das keinem aufbürden will. Als Hinterbliebener leider man jahrelang darüber und man macht sich die größten Vorwürfe. Derjenige, der Selbstmord begangen hat, überträgt seinen Mist dann auf andere und bürdet Menschen sehr viel Leid damit auf.
Das ist ziemlich egoistisch auch wenn ich verstehen kann, dass manche Menschen nicht mehr weiter leben können.
Ich finde, so etwas bleibt jedem.selbat überlassen, auch wenn es sich schlimm anhört. Und schlimm ist.
Ja, natürlich kann es nach dem Tod komplett vorbei sein, sicher. Und wie gesagt, manchmal ist das ein tröstender Gedanke.
Ich meine auch nicht die Hölle, ich meine es gar nicht im religiösen Sinne aber vielleicht sind wir in einem Kreislauf aus Geburt, Tod und Wiedergeburt. Und vielleicht ist man, nach dem Selbstmord noch da aber in anderer Form und mit den gleichen Problemen. Das wäre dann richtig übel.....
Es wäre schon gut, wenn man wusste, was danach kommt.....
"Freude ist kein Selbstwert, sondern Mittel zum Zweck der Leidverhinderung"
Das halte ich für intellektuell grob fahrlässig. Ich würde nicht zustimmen das 100% Freude 0% Leid entsprechen. Damit sagst du, dass Freude einzig ein substitutioneller Begriff für "Keine Beschwerde" ist. Das bedarf keiner Erklärung. Öffne die Augen und wenn du das nicht kannst, impliziere nicht die Abwesenheit der Schönheit, die du nicht zu betrachten vermagst.
Es gibt eine unipolare Skala von Bedürftigkeit zu Bedürfnislosigkeit, keine bipolare von Minus (Leid) über einen Nullpunkt (Ausgeglichenheit/Nichtsein) zu Plus (Freude).
Deine Sicht ist ziemlich einseitig es gibt auch andere Perspektiven...
Wer nicht leidet - was nicht existent der Fall ist -, dem geht es so gut wie jemandem, der nur Freude empfindet.
Nach dir gibt es nur das "nichts" oder ein einziges ganz bestimmtes Gefühl, nämlich Leid.
Das es mehr als nur eine einzige Dimension die zwischen 0% und 100% Leid gibt wird ignoriert.
Nein, das ignoriere ich nicht. Aber du bleibst die Erklärung schuldig, warum man sich mit relativ wenig Leid zufrieden geben sollte statt zumindest die Chance auf absolut gar kein Leid zu ergreifen.
Nach dem Suizid bist Du über nichts mehr froh und weißt ja nicht einmal dass Deine irdischen Probleme nun keine Rolle mehr spielen.
Ich halte Suizid oder selbstbestimmtes Sterben nur im Falle einer unheilbaren, mit dem Verlust jeglicher Lebensqualität einhergehenden Erkrankung für vertretbar.
Ich werde wohl nie verstehen, warum "Romeo und Julia" die angeblich schönste Liebesgeschichte sein soll. Zwei sehr junge Verliebte gehen beide am sinnlosen Zwist ihrer Familien zugrunde - was ist denn daran schön?
Ja, man kann sich jetzt im Leben selbst helfen, aber wenn danach tatsächlich etwas Schlecht(er)es kommt, dann bringt es einem nichts, das Hier und Jetzt so gut wie möglich zu gestalten. Am Ende landet man trotzdem dort. Man verschiebt nur seine Probleme. Das könnte man machen, würde feststehen, dass einen die Hölle erwartet. Aber genauso wahrscheinlich ist eine Nichtexistenz nach dem Tod und damit die Erlösung.