Tagessatz für freier Journalist als Berufsanfänger?

2 Antworten

Hallo @OnEarth123,

das kann man nicht so einfach beantworten, denn Deinen Tagessatz musst Du als Freelancer leider selbst ausrechnen. So wie Handwerker ihre Preise ausrechnen müssen, damit sie wirtschaftlich sind.

Und damit Du wirtschaftlich bleibst (sprich "mit Deiner Arbeit mehr Geld verdienst, als Du ausgibst) musst Du zuerst einmal Deine Kosten zusammentragen, die Du von Deiner Arbeit als Journalist bezahlen können willst. Schließlich willst Du kein Geld mitbringen, um als Journalist arbeiten zu dürfen. Es soll dabei ja was hängen bleiben.

Und das hängt ganz stark von Deiner Auslastung (wieviele Aufträge pro Monat), von Deinen betrieblichen Ausgaben und Deiner individuellen Lebenssituation ab (z.B. privat versichert, Kinder ja/nein und andere Kosten).

Ein normaler Brutto-Netto-Rechner für Angestellte reicht dazu leider in der Regel nicht aus. Es gibt aber eine Art Brutto/Nettorechner für Freelancer und Freiberufler, mit dem Du eine erste Prognose berechnen und mit Deinem bisherigen Festangestellten-Netto vergleichen kannst. Den Rechner und weiterführende Infos zum "Netto von Freelancern" findest Du auf diesem Blogartikel:

Wieviel Gewinn bleibt vom Umsatz? - Stefan Weiss

Mit dem Rechner kannst Du z.B. folgende für Freelancer wichtige Fragen beantworten:

  1. Wo stehst Du mit Deinem Honorar (Umsatz) finanziell im Vergleich zu einer Festanstellung (monatlicher Nettolohn)?
  2. Wie viel musst Du als Selbständige/r mindestens verlangen, damit Du den Kunden gleich viel kostest, als wenn er Dich auf Lohnsteuerkarte beschäftigen würde?
  3. Wie hoch muss Dein Honorar (Tages-/Stundensatz mindestens sein, um gleich viel zu verdienen wie ein Angestellter?
  4. Reicht Dein Honorar, das Du heute verdienst, auch für Dein restliches Leben, sobald Du in Rente gehst und nicht mehr arbeitest? (Life-Time-Check)

Trage z.B. in den ersten Rechner Dein monatliches Wunschnetto ein, das Du gerne mit Deiner Selbständigkeit erzielen möchtest (in Deinem Fall dein bisheriges Vergleichsnetto von 2.000 € aus Deiner Festanstellung) und fülle auch die restlichen Felder entsprechend Deiner geplanten Tätigkeit aus. Der Rechner gibt Dir dann einen Wert, um den herum Du Deine Stunden- und Tagehonorare ansetzen solltest, damit Du am Ende auch Dein Wunschnetto von 2.000 € aus Deinen Umsätzen herausholen kannst. Bzw. Wieviel Gewinn von Deinem Umsatz übrig bleibt, wenn Du selbständig bist. Den Rechner gibt es inzwischen auch als App für Android und iOS fürs Handy.

In dem Blogartikel findest Du übrigens auch noch Antworten zu den folgenden Fragen:

Ich hoffe, das hilft Dir weiter und weiterhin viel Erfolg als Freelancer!

Herzlichen Gruß

Stefan Weiß
STEFANWEISS.BIZ

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Selbständig seit 2006, Referent für Honorarkalkulation

Da gibt's eigentlich keine "Verhandlungen" - es gibt einen beliebigen Honorarsatz pro Zeile und Bild (keinen Tagessatz!), es gibt aber keine Tariflöhne oder Gehaltsstufen. Es ist aber üblich, dass ein Freier nach Jahren sehr guter Arbeit ein erhöhtes Honorar bekommt (da wird dann oft auch hartnäckig verhandelt) oder auch eine Festanstellung. Vor allem als Berufsanfänger, egal ob studiert oder nicht, fängt man in der Regel da an, wo ein Ortschronist und Vereinsberichterstatter entlohnt wird - das kann durchaus so was um 15-25 Cent pro Zeile und 10 Euro pro Bild sein, kommt jedoch auf die Zeitung und deren Größe an.

Der höchste mir bekannte Honorarsatz für einen Freien (Ländlicher Raum allerdings) beträgt 70 Cent pro Zeile und 25 Euro pro Bild - das ist tatsächlich ein Studierter (von Haus aus Lehrer und Dipl.-Theologe, allerdings nur noch als freier Journalist tätig) - davon kann der gut leben, ist aber schon Jahrzehnte im Geschäft, arbeitet teilweise als Freier in der Redaktion mit und liefert am Fließband erstklassigste Arbeit ab. Habe oft mit dem zu tun und staune, wie der das alles macht und wie gut er das macht.

XXX

Nachsatz: Ich arbeite selbst in dem Bereich, allerdings als Angestellter. Es ist hier zumal als Neueinsteiger alles andere als einfach, Fuß zu fassen - man braucht Charakter, Profil, "Connections", muss auch mal was Unbequemes bearbeiten, Informationen separieren und es ist mitunter auch menschlich sehr schwierig, je nachdem, wo man über wen und was berichtet. Ich habe in dem Metier schon viele Anfänger gesehen und auch Volontäre, die meinten, groß durchstarten zu müssen und es nicht packten.

Ohne eine profilstarke, vielleicht fast schon schrullige, aber wiedererkennbare und eindeutige "Persönlichkeit", gewisses Charisma, gute Rhetorik und gute Schreibfähigkeit mit gutem Wortschatz, Feinfühligkeit, Ehrlichkeit, Durchsetzungsvermögen, Flexibilität (weil man mit so vielen Menschen aus allen Schichten zu tun hat) und gewisse Diskretion wird man in dem Bereich keinen Erfolg haben und allenfalls so im Aufgabensegment mit eher geringen Spielräumen und ohne Entscheidungsbefugnisse mitschwimmen, aber die wirklich guten Projekte nicht erhalten. Und ein "Freier", der nicht überzeugt, darf zwar über Vereinssitzungen berichten, aber die Filetstücke gehen an gute Freie oder an Redakteure und Redaktionelle Mitarbeiter.

Eines kann ich dir aus Erfahrung sagen: Die schillerndsten Typen mit der stärksten Performance sind dabei mit Abstand am erfolgreichsten, egal ob als Freie Mitarbeiter, feste Freie oder als Redakteure und Redaktionelle Mitarbeiter - wenngleich sie manchmal nach außen hin auffallen wie ein jodelnder Japaner auf einem Skateboard in einem ostfriesischen Dorf und entsprechend die Leute polarisieren oder gar verstören!

Wer nicht gut ist bzw. wessen Arbeit bei Vorgesetzen, Personen über die oder mit denen man berichtet, Anzeigenkunden und vor allem den Lesern nicht überzeugt oder als Typ total austauschbar ist, geht in dem Metier komplett unter und wird im dümmsten Fall als Editor ohne Außentermine oder als Datenerfasser in das Verlagshaus versetzt, weil er bei den Leuten nicht ankommt - oder er muss schon im Volontariat einsehen, dass es "nix wird" und sich was Anderes suchen.

Lass' dich aber von diesen klaren Worten nicht abschrecken - ich wünsche dir alles Gute!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Dem kann ich als alter Journalist nur eins hinzufügen, was in meinen Anfangsjahren hoch gehalten wurde, inzwischen aber kaum beachtet wird. "Dabei sein ohne dazu zu gehören". Die Anbiederei vieler Reporter besonders im Sport ist ein Negativbeispiel dafür.

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@Hardy3
Die Anbiederei vieler Reporter besonders im Sport ist ein Negativbeispiel dafür.

Ja, das ist schlimm - ich mache davon abgesehen grundsätzlich keinen Sport, außer es geht um redaktionelle Berichte (z.B. neue Angebote oder eine Spendenübergabe) und einen ganz bestimmten Verein, zu dem ich eine persönliche Verbindung habe. Kenne das Thema jedoch aus meiner Zeit als aktiver Fußballer.

"Dabei sein ohne dazu zu gehören"

Stimmt vollkommen - ich merke heute immer intensiver, was mir alles zugute kommt, weil ich einfach "da war" und mich nicht durch aufdringliches Getue, aber durch persönliche Präsenz sowie die daraus resultierende "Aufmerksamkeit" der Leute, die fortan mein Gesicht kannten und daher meine "gesammelten Werke" im Blatt lasen und für gut befanden. Ich bin u.a. auf dem Landratsamt bekannt und auch beim Landrat bzw. bei allen, die regional eine gute Adresse haben - nicht durch Anbiedern, aber durch gute Arbeit, die mir von höchster Stelle bescheinigt wurde - und das nicht, um sich "gut mit mir zu stellen"; es war wirklich ehrlich gemeint. Nach all der Zeit merkt man so was und kann Adabeis und deren Geheuchel sowie Beifallklatscher, die sich einen Vorteil vom "gut sein mit der Presse" versprechen, von ehrlichen Meinungen trennen, die einem auch sagen würden, wäre etwas nicht gut gelaufen (ist bei mir aber, wenn ich zurückdenke, nie passiert).

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