Steuernachzahlung nach Insolvenzgeld

7 Antworten

Hallo zweckoptimist,

da deine Angaben nicht „sehr übersichtlich“ sind, versuche ich einen Fall der Arbeitgeberinsolvenz im laufenden Jahr ganz allgemein aus der „Gehalts“-Sicht des betroffenen Arbeitnehmers zu beschreiben. Nicht alles muss auf deinen Fall zutreffen, aber vielleicht kannst du aufgrund meiner Übersicht das was dir widerfahren ist besser einordnen und uns genauere Auskünfte geben.

A) Monate mit „normalem“ Arbeitslohn

Insolvenzanmeldung durch den Arbeitgeber

Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter

B) Maximal 3 Monate Insolvenzgeld. Das Insolvenzgeld wird von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Der Arbeitnehmer merkt das oft gar nicht, da er oft von seinem Arbeitgeber für diese Monate eine Gehaltsabrechnung bekommt, die fast wie die normale Gehaltsabrechnung aussieht. Gegebenenfalls Insolvenzgeldvorfinanzierung nach § 170 SGB III. Das Insolvenzgeld muss durch den einzelnen Arbeitnehmer beantragt werden. Üblicherweise übernimmt das der Betriebsrat.

C) Nach dem Insolvenzgeld zahlt der Insolvenzverwalter manchmal einige Moate weiter den „normalen“ Arbeitslohn.

Es erfolgt die Kündigung von Arbeitnehmern durch den Insolvenzverwalter wegen der Insolvenz. Die Kündigungsfrist in der Insolvenz ist 3 Monate zum Monatsende, es sei denn im Arbeits- bzw. Tarifvertrag ist eine kürzere Frist vereinbart.

Häufig erfolgt aus Geldmangel IN der Insolvenz-Kündigungsfrist eine unwiderrufliche UNbezahlte Freistellung durch den Insolvenzverwalter.

D) Wenn die Voraussetzungen gegeben sind und nicht lückenlos eine neue Arbeitsstelle gefunden wird: Bezug von Arbeitslosengeld 1


Für die Monate A) und C) kann es vom ehemaligen Arbeitgeber bzw. dem Insolvenzverwalter getrennte Lohnsteuerbescheinigungen geben.

C) Für das Insolvenzgeld erhält der Arbeitnehmer manchmal eine separate Steuerbescheinigung. Wenn nicht muss man sich das Insolvenzgeld aus den „Verdienstbescheinigungen für Insolvenzgeld“ oder bei eigenem Antrag aus dem Insolvenzgeld-Bescheid selbst herauslesen.

D) Von der Agentur für Arbeit gibt es für das Arbeitslosengeld 1 „Leistungsnachweise“.

Nicht ganz klar, was das FA gerechnet hat.

Haben die Dir höhere Einnahmen zugerechnet (nämlich 12 Monatsgehälter plus Insolvenzgeld), als Du bezogen hast (nämlich 10 Monatsgehälter plus Insolvenzgeld)?

Dann sollte es Dir nicht schwerfallen, notfalls durch Vorlage Deiner Kontoauszüge, den Irrtum zu beweisen. Aber zunächst Widerspruch einlegen und detailliert dazuschreiben, wie hoch Deine Einnahmen tatsächlich waren.

Hallo TomRichter,

ja exakt: ich habe 9 1/4 Gehälter bezogen, dazu das Insolvenzgeld für 2 3/4 Monate. Auf den Kontoauszügen werden sich allerdings Zahlungseingäge finden, die exakt dem Nettogehalt entsprechen. Aber sie haben eine andere Herkunft. Komisch, dass die im Finanzamt das nicht selbst merken.

@zweckoptimist

Hallo zweckoptimist,

das netto ausgezahlte Insolvenzgeld entspricht bei regelmäßig gleichen Monatsgehältern immer exakt dem monatlichen Netto-Arbeitslohn.

Das Finanzamt muss natürlich unterscheiden zwischen steuerpflichtigem Arbeitslohn/Gehalt = zu versteuerndes Einkommen

und

Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld 1 = Lohnersatzleistungen.

Hallo TomRichter,

das Finanzamt „rechnet nicht zu“, sondern übernimmt die elektronisch übermit-telten Daten vom Arbeitgeber bzw. dessen Insolvenzverwalter und die Daten der Agentur für Arbeit (Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld 1).

Woher soll das Finanzamt wissen, dass diese Daten (im Einzelfall) falsch sind?

Da was man dem Finanzamt vorwerfen muss ist, dass es bei Differenzen zwischen dem elektronisch Gemeldeten und den Angaben des Steuerpflichtigen nicht beim Steuerpflichtigen nachfragt.

Es kann natürlich sein, dass der Steuerpflichtige (versehentlich) falschen Angaben gemacht hat oder etwas missverstanden hat,

@Vermieterheini1
das Finanzamt „rechnet nicht zu“,

Doch. Denn Zurechnen (vgl. unzurechnungsfähig) hat nichts mit Rechnen zu tun, kann auch durch die unveränderte Übernahme der elektronisch übermittelten Daten erfolgen.

Woher soll das Finanzamt wissen, dass diese Daten (im Einzelfall) falsch sind?

Zum Beispiel daraus, dass niemand in einem Jahr für 12 Monate volles Gehalt und zusätzlich Insolvenzgeld bekommt. Spätestens hier müssten auch bei einem Computerprogramm die Alarmglocken schrillen.

Bei meiner Frage ging es aber gar nicht um irgendein Verschulden, sondern zu verstehen, was genau im Steuerbescheid nicht stimmt.

Da was man dem Finanzamt vorwerfen muss ist, dass es bei Differenzen [...] nicht beim Steuerpflichtigen nachfragt.

Wie wahr - warum muss der Steuerpflichtige diese Werte überhaupt in seine Steuererklärung eintragen, wenn das Finanzamt sie dann doch ignoriert?

Kann nicht sein. Es können nur die tatsächlichen Einkünfte steuerlich berücksichtigt werden. Zudem ist Isolvenzgeld ein Ersatz für nicht gezahlten regulären Lohn. Also geht es garnicht beides parallel zu beziehen (und zu versteuern).

Danke für die Antwort. "Kann nicht sein" war auch meine Reaktion, aber ich halte doch den Steuerbescheid in den Händen und kann berechnen, dass das Finanzamt tatsächlich das 12-fache Monatsgehalt herangezogen hat ...

@zweckoptimist

Wer macht denn die Steuererklärung und was hast Du eingetragen? (Oder wurdest Du geschätzt?) Das ist ganz offensichtich falsch und Du mußt Widerspruch einlegen !!!

@unknown1966

Hallo unknown1966 (toller Jahrgang übrigens, gehöre selbst dazu), vielen Dank für Deine Antworten.

Ich habe die Steuererklärung selbst gemacht, konnte aber für den Zeitraum vor dem Ende des Insolvenzverfahrens keine Eintragungen vornehmen (hatte ja den Bescheid nicht). Das hat das Finanzamt möglicherweise aus den vorliegenden (offenbar falschen) Angaben des Insolvenzverwalters zusammengestellt. Muss ich denn irgendwie beweisen, dass ich das Gehalt nicht bekommen habe? Ich meine, das Insolvenzgeld bekommt man doch nur genau dann, wenn das Gehalt nicht gezahlt wurde. Und das Finanzamt hat ja meinen Insolvenzgeldbescheid schon, auf dem der betreffende Zeitraum steht. Die können doch auch lesen, oder?

@zweckoptimist

Beim FA gibt es auch faule Nüsse, leider. Widerspruch und Korrektur. Schließlich ist der Sachverhalt offensichtlich. Der zeitgleiche Bezug von Insolvenzged und Lohn ist einfach nicht möglich. Wenn der Bearbeiter Schwierigkeiten macht, geh zum Vorgesetzten. Gruß

Hallo zweckoptimist,

das Insolvenzgeld wird im Rahmen des Progressionsvorbehaltes „versteuert“, zählt also nicht zu dem „zu versteuernden Einkommen“.

Eine Lohnsteuerbescheinigung für den Insolvenzzeitraum muss man dir nicht erstellen und die brauchst du auch nicht!

Wie aus meiner letzten Antwort an dich hervorgeht, braucht du nur EINE Jahres-Lohnsteuerbescheiningung für das Jahr 2010 von deinem ehemaligen Arbeitgeber bzw. dessen Insolvenzverwalter, die die korrekten Beträge ausweist – also OHNE das von der Agentur für Arbeit gezahlte Insolvenzgeld.

Bist du dir absolut sicher, dass du im Jahr 2010 Insolvenzgeld bekommen hast?

Woher weist du wissen, dass du im Jahr 2010 Insolvenzgeld bekommen hast?

Schreibe uns das.