Soll ich Medizin oder Jura studieren?
Hallo,
ich habe dieses Jahr mein Abi mit 1,4 bestanden und überlege jetzt, ob ich Jura oder Medizin studieren soll. Leider habe ich keinen Medizinertest gemacht und auch noch kein Pflegepraktikum, weshalb ich sehr wahrscheinlich nicht angenommen werde, wobei ich auch die formalen Voraussetzungen nicht erfülle, da ich mein Abizeugnis nicht hingeschickt habe. Praktikisch also keine Chancen habe auf einen Platz im Medizinstudium für das kommende Wintersemester. Anders sieht es bei Jura aus, wo ich mich bei mehreren Unis beworben und auch schon Zusagen erhalten habe.
Nun habe ich aber Angst, dass mir Jura mit den ganzen Gesetzestexten zu trocken wird und entwickle ein starkes Interesse an dem Arzt-Beruf, obwohl ich die Fragen im Medizinertest teilweise schon sehr schwer fand (mit Lernen sollte es aber machbar sein). Ich habe Chemie nach der 9. und Bio nach der 10. abgewählt (das lag auch vorwiegend am Lehrer, bei dem nur 1:1 seine Musterlösung als „richtig“ galt, hatte aber in der 9. z.B. eine 1+ in Bio) und habe mich auch nicht sonderlich für diese Fächer begeistern können (insbesondere für Chemie). Dennoch würde ich gern - klischeehaft - anderen Menschen helfen wollen und sogar Leben retten. Ich habe bereits zwei freiwillige Praktika in Krankenhäusern in den Ferien absolviert, wo ich zwar eher die Arbeit als Pflegefachkraft kennengelernt habe als die als Arzt, aber die Zeit trotzdem sehr spannend fand und die Ärzte auch immer bewundert habe.
Ich überlege jetzt, mit Jura anzufangen und wenn ich merken sollte, dass es nichts für mich ist, im SoSe 2026 mit Medizin anzufangen (nachdem ich den Medizinertest im November und das 3-monatige Pflegepraktikum absolviert habe). Allerdings ist da die Anzahl der Unis sehr begrenzt, sodass ich, wenn das möglich ist, dann im WiSe 2026 auf eine andere (bessere) Uni für Medizin wechseln würde.
Mich selbst nervt es unfassbar, dass ich mich nicht entscheiden kann und mir auch kein Test oder eine Beratung sagen kann, was ich studieren soll, weil ich mich je nach Laune entweder gerade für das eine oder das andere entschieden habe und meine Antworten danach richte.
Was würdet ihr an meiner Stelle machen? Oder habt ihr Tipps für mich, wie ich mich entscheiden kann?
7 Antworten
Jura und Humanmedizin sind grundverschiedene Studiengänge.
Das Studium der Humanmedizin gliedert sich in die Vorklinik, klinische Semester und das PJ. Regelstudienzeit > gut 6 Jahre. Nach erfolgreich, abgeschlossenen Studium und Erhalt der Approbation bist Du Arzt, aber kein Facharzt.
Es folgt die mindestens 5 jährige Weiterbildung zum FA für Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Chirurgie, Dermatologie, Gynäkologie, Pädiatrie, Rechtsmedizin, Neurologie, Radiologie, HNO, Augenheilkunde, Orthopädie, Nuklearmedizin, Anästhesiologie, Urologie o.a.
Innerhalb der Inneren Medizin sind nochmals Spezialisierungen möglich in Onkologie,Kardiologie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Rheumatologie, Diabetologie, Hämatologie etc. Das gilt auch für die Chirugie, z.b. Kardio, Neuro, Thorax, Unfallchirugie.
Die Studienplätze werden nach drei Kriterien vergeben. 60 Prozent über das Auswahlverfahren der Hochschulen, 30 Prozent über die Abiturbestenquote und 10 Prozent über die Eignungsquote.
Vorkenntnisse in der lateinischen Sprache sind nicht erforderlich. Diese werden direkt an der medizinischen Fakultät, in den Terminologiekursen/Vorklinik vermittelt.
In Deutschland gibt es die Möglichkeit über die sogenannte Landarztquote Humanmedizin zu studieren > NC frei. In diesem Fall muß Du Dich für die Weiterbildung zum FA für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin verpflichten. Zusätzlich gilt die Verpflichtung, 10 Jahre als Landarzt tätig zu sein. Ob diese Option für Dich in Frage kommt, hängt von Deinen persönlichen Interessen ab. Es gibt viel mehr Bewerber, wie Studienplätze vorhanden.
Alternativ wäre noch ein Studium in Österreich möglich. In Österreich ist das Studium der Humanmedizin NC frei, allerdings ist der medAT Pflicht.
Es scheint mir so, als würde dich der Arztberuf mehr interessieren ;)
Ich würde es aber tatsächlich so machen, jetzt mit Jura anzufangen und dann, wenn es dir nicht gefällt, den Test und die Praktika zu machen und zu Medizin zu wechseln.
Mich selbst nervt es unfassbar, dass ich mich nicht entscheiden kann und mir auch kein Test oder eine Beratung sagen kann, was ich studieren soll,
Nun, bei vielen Unis gibt es eine Beratung. Tests gibt es für Jura auch ein paar, bei Medizin hab ich keine Ahnung.
PS: Medizin wird übrigens nicht weniger trocken als Jura sein.
Ich habe Chemie nach der 9. und Bio nach der 10. abgewählt (das lag auch vorwiegend am Lehrer, bei dem nur 1:1 seine Musterlösung als „richtig“ galt, hatte aber in der 9. z.B. eine 1+ in Bio) und habe mich auch nicht sonderlich für diese Fächer begeistern können (insbesondere für Chemie)
Dann werden die ersten zwei bis drei Semester brutal für dich, und auch das Physikum. Vorklinik ist sehr viel stumpfes auswendiglernen in biologie und chemie und biochemie.
Wenn du die Krankenhaus Praktika interessant fandest ist das schonmal gut.
Wenn trockenes Lesen doof klingt ist beides nicht ideal aber Jura erst recht nicht
Medizin ist eigentlich ein Studiengang den man nur mental überleben kann wenn das eine Berufung ist. Bei dir geht es eher um Prestige, was legitim ist (ich war in der gleichen Position wie du und hab auch das "ich will leuten helfen" Argument verwendet). Aber dadurch wird das ein Bergauf-Kampf seinesgleichen.
Die Rate an psychisch kranken Medizinstudenten ist lächerlich hoch weltweit, auch in Deutschland. Da brechen wirklich viele dran die das mit der Logik "Ich zieh es einfach durch und hab den Abschluss in der Tasche" angehen. Die, die am besten performen, sind solche mit einer intrinsischen Motivation, die häufig schon seit der Kindheit Ärzte und nichts anderes werden wollen.
Wenn du Leuten helfen willst bist du theoretisch in der Biochemie (für dich eine schlechte Wahl) und der Informatik (wahrscheinlich auch nichts) besser aufgehoben, da kommen mittlerweile und in Zukunft mehr Innovationen für die Gesundheit der Masse her. Das soll nur zeigen, dass man auch anderswo diesen Effekt haben kann.
Jura ist einer der weniger zukunftssicheren Srudiengänge, auch wenn das noch schwierig zu prognostizieren ist.
Bin mir zwar nicht sicher, es kommt wohl auch auf die Person an, aber ich kenne ein paar Jura Stundenten und die finden das alles sehr spannend, es ist auch viel trockenes zu lernen, aber es gibt auch viele sehr praxisbezogene und interesante Beispiele und Fälle zum lernen.
Stellt sich die Frage wirklich?
Mit 1,4 ist es nicht sehr wahrscheinlich, überhaupt einen Studienplatz in Medizin zu erhalten.
Mir kommt es ein bisschen so vor, als wenn du einfach irgendwas mit Prestige ausgesucht hast, was halt gut klingt.
Aber was sind denn deine wirklichen Interessen? Was möchtest du tun später im Leben?
Das Studium der Humanmedizin ist nicht trocken > klinische Semester und PJ.
Das betrifft lediglich den Stoff der Vorklinik, in Bezug auf Anatomie, Biochemie, Physiologie, Histologie.
Die Praepkurse sind in den vorklinischen Semestern Pflicht. Man lernt an Leichen die Präparation > mikroskopische und makroskopische Anatomie.