Kant, Utilitarismus , Aristoteles, präimplantationsdiagnostik

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Sowohl Mill als auch Kant und Aristoteles würden sagen, dass die Story des Buches wie des Films arg konstruiert ist und nebenbei mit Präimplantationsdiagnostik nicht das Geringste zu tun hat. In dem ganzen Konstrukt des Buches stellt sich dar, dass die Eltern nur noch auf das kranke Kind Kate fixiert sind, warum auch immer, und sie im Grunde widernatürlich handeln und das Gesunde für das Kranke opfern. Das würde weder der Utilitarismus noch Kant noch Aristoteles gut heißen. Der Film legt übrigens nahe, so konstruiert wie er ist, dass das Familenverhältnis ein Bild für die Gesellschaft ist, in der im Sinne von Gerechtigkeit und Gleichheit das Leistungsfähige immer mehr ausgebeutet wird um das nicht Leistungsfähige am Leben zu halten und gleichzustellen. Eine böse Parabel also.

Danke für deine Antwort! Jedoch muss meine Prüfung das Thema Präimplantationsdiagnostik und Designer- Babys beinhalten... Kannst du mir da auch noch weiter helfen ? Vielen Dank

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@Bluehorizon18

Da hast Du ein problematisches Thema gewählt. Denn ethische Grundsätze und Regeln sind nicht wertfrei, hängen von den Voraussetzungen ab, die gemacht werden.

Die PID mit dem Thema „Designerbabies“ in Verbindung zu bringen, ist sehr verzerrend. Das ist generell Zahnbehandlungen ablehnen, weil den blutgierigen Leuten leicht Draculazähne eingesetzt werden könnten. Wer auf dieser Welt ein Designerbaby will und genügend Geld hat, wird Ärzte finden, die es machen. Wir können nicht die Banken schließen, damit es keine Bankräuber mehr gibt.

Die Wertung von PID ist höchst umstritten und in durchaus zivilisierten Ländern wie USA, Großbritannien, Italien, Frankreich oder Belgien zugunsten der PID beantwortet. Eindeutig ist, dass in Deutschland religiöse Bedenken stärker zum Tragen kamen als in den erwähnten Ländern. Eindeutig ist auch, dass alle nicht an religiöse Überzeugungen gefesselte Stellungnahmen, das Verwehren der PID als Verletzung der Menschenwürde sehen!

Eine ausführliche Stellungnahme, siehe:

http://www.frankfurter-hefte.de/upload/Archiv/2007/Heft_04/PDF/0704_32_35.pdf

Jetzt orientieren sich sowohl Bentham wie auch Mill als Aufklärer (Loslösung von religiöser Dominanz) gerade nicht an religiösen Werten und es ist zu erwarten, dass ihre Einschätzung wie in dem oben angegebenen Beitrag ausfallen würde. Sie wären für eine begrenzte PID gerade als Rücksicht auf die Menschenwürde.

Die deutsche Entscheidung ist auch gerade unter dem Aspekt sozialer Gleichheitschancen problematisch. Nahezu alle Länder um Deutschland herum lassen die PID zu. D.h. wer kann, wer Geld und Beratung hat, kann in diese Länder ausweichen. Gefesselt sind nur die einfachen, nicht vermögenden Bürger Deutschlands.

Man muss vor allem auch fragen, wie denn Ethik bis zum Utilitarismus bestimmt war. Kirchliche Autoritäten haben angebliche Gottesgesetze interpretiert und daraus natürlich auch Macht bezogen. Mit dem Utilitarismus kommt erstmals die Forderung auf, dass die Menschen aus ihren Beziehungen und Erwartungen untereinander selbst einen Ausgleich definieren zwischen individuellen Erwartungen und den Rechten einer Gemeinschaft.

Weder Regelutilitarismus noch Handlungsutilitarismus treten die Menschenwürde mit Füßen. Der Unterschied zwischen beiden liegt in der Frage, woran knüpfen wir bei ethisch diffizilen Fragen die Kriterien. Stellen wir generelle Regeln stärker in den Vordergrund oder verlangen wir eine größere Beachtung des Einzelfalls. In über 90% der offenen Entscheidungen kommen beide zu gleichen Ergebnissen. Nur in sehr komplizierten und seltenen Fällen, kann es sein, dass die Einzelfallbewertung zu einem anderen Urteil kommt als eine Bewertung, die der allgemeinen Regel höheres Gewicht beimisst. Was die PID angeht sehe ich keinen Grund, warum beide zu unterschiedlichen Bewertungen kommen sollten. Die oben zitierte Stellungnahme könnte von beiden geschrieben sein.

Obwohl auch nach Auffassung von Kant und Aristoteles der Mensch ein Vernunftwesen ist, beide aber eine religiöse Grundeinstellung haben, wird selbst unter religiösen Einstellungen die Frage, ab wann eine „göttliche Seele“ im materiellen menschlichen Körper das Ruder übernimmt (das ist mehr als „vernunftbegabt“) sehr verschieden beantwortet. Für das Judentum und den Islam gibt es die Vereinigung von Körper und göttlicher Seele erst mit der Geburt. Für das neuplatonisch geprägte Christentum bereits mit der Zeugung. Darum ist die PID in Israel und moslemischen Ländern erlaubt! Und das, obwohl das Judentum wie der Islam eindeutig eine Deontologische Ethik haben (Kant, Aristoteles), die bis in die staatliche Gesetzgebung reicht, und sie verbieten die PID nicht.

Kant hat die neuplatonischen Gottesbeweise abgelehnt. Aristoteles seinen Lehrer Platon sehr hin zur Empirie korrigiert. Es ist daher stark anzunehmen, dass beide die PID befürworten würden.

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@berkersheim

in vielen Texten habe ich gelesen, dass die Vertreter des Utilitarismus für die PID sind, da sie Embryos nicht als vollwertigen Mensch betrachten und ihn so aus der bewertung herrausziehen. aber wie stehen sie zu den Ängsten von Diskriminierung von Behinderten und der Angst "Designerbabys" könnten entstehen. Wenn dies der Fall wäre würden dann nicht mehr menschen darunter leiden, als diejenigen die davon profitieren. Also würde das Glück dann nicht eher vermindert werden, wenn man die PID zulässt?

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@Lottilein1998

@Lottilein1998

Es gibt nicht DIE Vertreter des UTILITARISMUS. Die von Dir zitierte Ansicht passt zu Peter Singer, der eine sehr eigene Meinung dazu hat. Das ist immer das Problem mit den Etiketten wie Utilitarismus, dass das Individuelle baden geht und mit einer abwegigen Meinung eine ganze Schublade diskriminiert wird, wobei es noch offen ist, ob alle, die in die Schublade Utilitarismus geworfen werden, durchgehend einheitliche Meinungen zum Thema vertreten.

Die Frage, ab welchem Stadium Embryos ein Menschsein zugestanden wird, ist sehr umstritten und wird in unterschiedlichen Ländern sehr verschieden beantwortet. Oft spielen dabei auch religiöse Vorstellungen eine Rolle. PID und Designerbabys gleich zu setzen, ist einfach falsch. Im ersten Fall geht es darum, klar erkennbare lebenslange Krankheit oder gar Lebensumfähigkeit auszuschließen, d.h. eine negative Wahl. Designerbabys sind - noch - eine Wunschvorstellung.

Dass das Gesunde das Kranke oder nicht ganz so Gesunde diskriminiert ist wieder eine andere Sache. Das ist eine gesellschaftliche Einstellung, menschliches Leben nicht gleich einzustufen. Es gibt einen gewissen Hang dazu, auch ohne die Möglichkeit von Designerbabies. Die Schönheitschirurgie ist sehr gefragt und Bodybuilding z.B. mit Proteinen unterstützt. Diese Einstellung der äußerlichen Körperoptimierung hat was damit zu tun, dass wir von Werbung und einer virtuellen Filmwelt überschüttet sind mit ausschließlich perfekten Menschen.

Diese am rein Äußeren festgemachte Selbstbewertung ist Teil einer Wertschätzung von Menschen und dass dabei behinderte Menschen "hinten runter fallen", ist nicht von der Hand zu weisen. Eher ist es so, dass Menschen, die bereits mit einer solchen Bewertung Menschen beurteilen danach streben, auch "perfekte Kinder" zu haben. Da liegt aber nicht der Kern in der Möglichkeit, Eigenschaften von Kindern zu manipulieren sondern im Wunsch nach Perfektion. Wir können nicht das Operieren abschaffen, damit es keine Schönheitsoperationen mehr gibt. Es ist immer wieder das gleiche, dass die Ursachen nicht in den Menschen sondern in äußeren Umständen gesucht werden. Das ändert nicht die Menschen.

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