Meinung des Tages: Junge Menschen haben kein Interesse mehr an Führungspositionen - Was sind Gründe und wie kann man den Mangel an Führungskräften verringern?

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Ich denke, man muss hier unterscheiden: Es gibt die Führungskraft, meist Juristen oder BWLer, die zur Unternehmensführung „ausgebildet“ sind und dann im mittleren bis gehobenen Management einsteigen. Die haben keine praktische Ahnung von den Berufen und Gewerken im Unternehmen. Müssen sie auch nicht zwingend, denn ihr Thema sind Unternehmensstrukturen, Hierarchie-Ebenen, Effizienz, Verwaltungskram. Dass es für diese Tätigkeiten zu wenig Nachfrage bei Y und Z gibt, glaube ich nicht.

Was hier aber zumeist beschrieben wird, sind die undankbaren Positionen, in denen jemand zum „Vorgesetzten“ gemacht wird, der/die statt oder häufig auch zusätzlich zur eigentlichen Arbeit die - in vielen Fällen aufgeblähte - Verwaltungsarbeit erledigen muss, nicht selten unbezahlt weiter arbeitet, weil wieder mal einiges liegen geblieben ist und vor allem immer der oder die Schuldige ist, wenn irgendwo in der Abteilung etwas schief gelaufen ist, die Papiere nicht ordentlich ausgefüllt sind oder der Umsatz wieder nicht stimmt. Die Kolleg:innen können einen immer weniger leiden und die Bezahlung bringt‘s auch nicht.

Wenn es von solchen Mitarbeiter:innen nicht genug gibt, dann muss man nicht unten nachfragen, ob nicht jemand den „prestigeträchtigen“ Aufstieg zur Fachgruppen-, Abteilungs, oder Filialleitung übernehmen will, sondern: „Der Fisch stinkt vom Kopf her“. (Oder so ähnlich)


Thunder4609  04.08.2024, 08:28
Die haben keine praktische Ahnung von den Berufen und Gewerken im Unternehmen. Müssen sie auch nicht zwingend, 

es wäre jedoch schön, wenn diese Leute  praktische Ahnung von der Arbeit im Unternehmen oder einer Abteilung hätten.

meist ist es nämlich so, das diese Leute im Büro am Schreibtisch sitzen, denen irgendeine Idee und angebliche Verbesserung kommt oder sich organisatorisch was verändern soll.

und die Leute die dann die  praktische Arbeit machen, müssen das dann umsetzen, wie sie das machen ist dann ihr Problem

dass das dann oftmals praktisch gar nicht umsetzbar ist oder nur unter großen aufwand, oder nur umsetzbar ist wenn man gegen Regeln und Gesetze z.b Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutz ect verstößt ist dann noch ne andere Sache

das kommt dann aber oft dabei raus, wenn man eben keine Ahnung hat, wie eine Abteilung arbeitet, welche Arbeiten in welcher Zeit, vom welchen Personal ausgeführt werden, was dazu technisch und infrastrukturell nötigt ist.

Was ich eher erlebt habe, zumindest für die Generation Y, ist jede Menge durch die Firmen (!) produzierter Frust.

Viele sind die ersten Berufsjahre immer nur von Befristung zu Befristung gewechselt, wirklich sicher ankommen konnten sie nicht. Viele haben mehrere Befristungen durch und als sie hätten fest angestellt werden müssen, hatte die Firma kein Interesse mehr - schlimmer Trend über merher Branchen. Wie mehrer Kollegen damals zu mir meinten, als ich seler nur befristet war, mein jetziges "normales" Berufsleben, wäre deren größter Horror gewesen. Daz haben die Firmen einem das mit "man sei ja noch jung und flexibel und solle das als Chance sehen" beworben, sper Chance mit einem Ein-Jahres-Arebitsvertrag einen 2-Jahres-Mietvertrag abschließen zu müssen oder obdachlos ohne Wohung da zu stehen...

Dazu für die mit Ausbildung immer schlechtere Karrierechancen, weil das klassische hocharbeiten immer mehr am "was, sie habennicht studiert?" scheitert, obwohl fachlich und charakterlich geeignet.

Der Wandel kommt erst jetzt so langsam, gefühlt seit etwa 4 Jahren, wo "plötzlich" die ersten Boomer nach und nach in Rente gehen und die Firmen Probleme mit unbesetzten Stellen und fehlendem Wissen da zu wenig eingearbeiten jüngeren Personen folgen. Und plötzlich merkt man, auch Mist in den nächsten 5 Jahren gehen z.B. weiter 20% der Mitarbeiter, aber man hat ja gar keinen Nachwuchs.

Es wurden also über Jahre kaum Perspektiven und keine Sicherheit gegeben von Firmen und nun wundert man sich, dass die potentiellen Bewerber auf untere Führungspositionen keine Lust mehr haben für Firmen, die sie so mies behandelt haben, sich für oft nur minimal weniger Geld ein Bein auszureißen?

Und ja, viele wollen eben nicht mehr für kaum mehr Geld das doppelte an Stress und Arbeit, weil das die fehlende oder verloren gegangene Motiation auch nicht groß steigert.

Firmen hätten sich schon vor Jahren Gedanken machen müssen und Potentialkräfte entwickeln sollen. Und noch immer gibt es genug Firmen, die das weiter aufschieben, statt nun die Initiative zu ergreifen und Anreize zu schaffen.

Bei mir im Betrieb ist es weil die Bezahlung mit der Verantwortung null zusammenpasst.

Ich verdiene als Facharbeiter nur etwa 300€ weniger als mein Betriebsleiter, der aber um das doppelte bis dreifache mehr Verantwortung trägt.

Außerdem kommt hinzu das ich als Arbeiter stets gute Überstunden, Wochenend, Nachtzuschläge usw. bekomme die mein Chef als Angestellter nicht hat. Also in manchen Monaten wo ich viel geschafft habe verdien ich sogar besser als er.


Martin001988  28.07.2024, 17:00

Bei mir änlich. Wozu doppelter oder dreifacher Stress für 20% mehr Gehalt? Ne danke ohne mich.

Wird insgesamt sehr unterschiedlich sein. Ich selber kenne aber auch einen Grund. Der ist oftmals eine extreme zusätzliche Verantwortung und Stress. Gleichzeitig bekommt man einfach zu wenig zusätzliches Geld um sowas in kauf zu nehmen.

Oder selbst als ich mal in einem Callcenter gearbeitet hatte, wurde mir angeboten 2nd Level zu machen. Dadurch hätte ich 50 Cent mehr die Stunde bekommen, aber deutlich mehr Verantwortung und insgesamten Stress da man oft Eskalationskunden hat die man vom 1st Level übernimmt und vor allem ist die Chance einem verkauf zu machen gleich null. Also am Ende hat man mehr Arbeit und Stress, aber weniger Geld als vorher. Und so selten ist sowas nicht.

Bei uns haben Projektleiter nicht wirklich viel Entscheidungsmöglichkeiten im Vergleich zu anderen Firmen. Und über solche Posten muss man sich ja sinnvollerweise zur Führungskraft hocharbeiten.

Generell sind Führungskräfte immer stärker mit rechtl. Rahmenbedingungen bzgl. Mitarbeiter, Kunden, etc. beschäftigt und haben kaum Möglichkeiten wirklich was neues zu versuchen, auch wenn es nicht Kunden oder Angestellte massiv benachteiligt.

Außerdem werden die Leute nicht in jungen Jahren herangeführt, wie man besser Entscheidungen trifft. Generell ist auch das Sozialsystem so, dass man sich lieber nicht selbstständig macht, weil man so oft kaum privat vorsorgen kann _und_ nicht wie ein Arbeitnehmer halbwegs sowas wie Alg1 hat.

Und vielen ist auch nicht klar, wieviel eine Führungskraft z. B. von daheim weg ist im Vergleich zu ihren "Untergebenen".

notting

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung