Ist eine rückwirkende Forderung über Nachzahlungen inklusive Säumniszuschläge durch die gesetzliche Krankenkasse (DAK) zulässig?

3 Antworten

1. Wenn du hauptberuflich Selbstständig bist und noch keinen Steuerbescheid hast (vorlegen kannst) wird dein Beitrag unter Vorbehalt berechnet. Der Vorbehalt endet wenn du deinen ersten Steuerbescheid vorlegst (nicht wann du ihn erhälst und auch nicht nach Ablauf des ersten Jahres)

(siehe hierzu auch § 7 Absatz 7 der Beitragsverfahrensgrundsätze - hierbei insbesondere der letzte Satz: "Bei hauptberuflich selbstständig
Erwerbstätigen, die eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen, werden
die Beiträge auf Antrag des Mitglieds abweichend von Absatz 3 Satz 1 bis
zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides einstweilig nach den voraussichtlichen
Einnahmen festgesetzt.")

Da es ab ab dem Zeitpunkt der ersten Vorlage keinen Vorbehalt mehr gibt werden zu diesem Punkt alle Beiträge die bisher unter VOrbehalt mit dem Steuerbescheid der jetzt da ist korrigiert (also mit deinem ersten Steuerbescheid).

----

2. Was du bezüglich der Nebenberuflichkeit fragst ist mir nicht ganz klar. Entweder bist du hauptberuflich Selbstständig oder halt Nebenberuflich. Hierbei spiel die wirtschaftliche Bedeutung (Einkommen) und dein Zeitaufwand eine Rolle. 

----

3. Ein Widerspruch hat keine zahlungsaufschiebende Wirkung. Also egal was mit deinem WIderspruch passiert ist, ob er abgelehnt wurde oder noch bei der Kasse rumliegt, sofern eine nötige Mahnung und genug Fristen eingehalten wurden kann vollstreckt werden. Wenn du das nicht willst müsstest du klagen (jetzt mein ich jetzt nicht gegen die Beiträge ansich, sondern eine Aussetzung der Vollstreckung erklagen -  gegen die Beiträge wird wohl nicht so schnell gehen)

Ad1)

Genau dies ist ja mein Problem. Die Kasse hat mich acht Jahre lang in den Geringverdienertarif eingestuft, welcher entweder auf Antrag des Versicherungsnehmers erteilt wird oder eben für das Existenzgründerjahr, bis der erste Bescheid vorgelegt.

Meine Beitragsbemessung lief somit acht Jahre lang unter Vorbehalt, so dass nun nachträglich sehr hohe Nachzahlungen nebst Zinsen und Säumnisgebühren bis zur Vollstreckungsankündigung angefallen sind.

Ad2)

Ich habe stets angegeben, hauptberuflich selbstständig zu sein und die Kasse nie um einen ermäßigten Tarif unter Vorbehalt gebeten.Dies ist gesetzlich ja auch gar nicht vor gesehen, da Beiträge stets endgültig festgelegt werden müssen...

Ad3)

Das habe ich mittlerweile leider auch mit bekommen. Das bedeutet also, dass sich die gesetzlichen Krankenkassen keineswegs an die 3- Monatsfrist zur Bearbeitung eines Widerspruchs halten müssen bzw. das Ignorieren keinerlei Konsequenzen mit sich bringt. Noch schlimmer häufen sich in diesem Zeitraum derer Untätigkeit meine Säumnisgebühren an und diese dürfen sogar nebst den Beitragsnachforderungen vom Zoll vollstreckt werden, ganz gleich ob dies rechtens sind oder nicht. Schließlich hat ein Widerspruch ja keine aufschiebende Wirkung auf Forderungen.

Dies empfinde ich durchaus als äußerst ernüchternd, vor allem weil ich nun vor der Frage stehe 10.000 Euro nach zu zahlen oder lieber gepfändet werden möchte...

@terminamtor

Wenn du tatsächlich freiwillig und nicht nebenberuflich Selbstständig versichert warst, dann gab es in der Vergangenheit keinen Vorbehalt auch wenn die Kasse das sagt. Dir kann nichts negativ Ausgelegt werden, was nicht rechtens ist, Ich hab aber die Vermutung, dass das garnicht der Fall bei dir war, sondern folgendes. Wenn doch, dann beharre auf deine Widerspruch, schreib evtl. mal an die Höchste stelle deiner KV direkt. Hilft manchmal Wunder.

Was ich aber vermute, was bei dir der Fall war: Du warst als hauptberuflich Selbstständiger freiwillig versichert und für dich galt nur eine etwas geringere Mindesteinnahmegrenze als es der Fall war. Normalerweise zahlen Selbstständige einen Beitrag anhand von min. ca. 2200 Euro. Unter bestimmten Bedingungen gilt eine Mindestgrenze von ca. 1300/1400 Euro. (Bei nicht hauptberuflich Selbstständigen ist die Mindestgrenze sogar bei ca. 900/1000 Euro). In dem Fall ist der Vorbehalt gerechtfertig bzw. gesetzlich vorgeschrieben (also durchaus vorgesehen). Da kannst du nichts machen, als in den sauren Apfel beisen und zahlen.

Eine Frage am Rande, deine Beiträge waren ja unter Vorbehalt berechnet. Wieso hast du nicht die Schätzung deiner Einnahmen angepasst und dann über die Jahre hinweg schon mehr gezahlt? Und wieso lagen die Bescheide erst so lange nach Beginn deiner Tätigkeit deiner Kasse vor?

Aber mal ganz unabhängig von wieso/weshalb: Im Endeffekt musst du entsprechend deines Einkommens zahlen, ob damals direkt oder jetzt für den zurückliegenden Zeitraum. Musst du wohl in den sauren Apfel beisen und am besten mit der Kasse oder sonst mit dem Zoll wenn möglich eine Ratenzahlung vereinbaren.

kannst du den Sachverhalt etwas genauer erläutern? dein erster Satz ist so lang und verwirrend geschrieben, dass es so nicht wirklich möglich ist, dir eine ordentliche Antwort zu geben.

grundsätzlich kann ich erstmal nur sagen, dass es eine Verjährungsfrist von 4 Jahren gibt, die allerdings durch Mahnungen etc. gehemmt wird.

bezüglich (Teil-)Erlass ist zu sagen, dass die Krankenkassen dies nicht müssen. eigentlich müssten Krankenkassen noch nicht mal Mahnungen verschicken und könnten sofort vollstrecken. Erlässe und Ratenzahlungen passieren nur aus Kulanz.

Ich habe verstanden, dass sich der TE als hauptberuflich tätiger XXX freiwillig bei einer gesetzl. Kasse versichert hat. Von dieser wird aber die Hauptberuflichkeit ignoriert/bestritten und nebenberufliche Tätigkeit unterstellt.

Dagegen hat der TE anscheinend Widerspruch eingelegt, aber die Kasse lenkt nicht ein oder meldet sich überhaupt nicht und lässt nun den Zoll vollstrecken.

Mir wäre nicht bekannt, dass die Kassen bei der Beitragsberechnung einen Unterschied machen, woher Erwerbseinkommen stammt. Berechnungsgrundlage ist doch immer das Gesamteinkommen oder nicht?

@Suedstadtindio

genau das ist es ja, was mich etwas stutzig macht an der Schilderung. wenn jemand "nur" Selbständig ist, dann wird der Steuerbescheid herangezogen.

um nebenberuflich selbständig zu sein, müsste es ein im Vordergrund bestehendes Beschäftigungsverhältnis geben. das lese ich aber aus der Fragestellung nicht heraus.

in einem solchem Zusammenhang ist ebenso nicht bekannt, wieviel Stunden pro Woche inkl. Vor- und Nacharbeiten für die Selbständigkeit aufgewandt werden.

@Suedstadtindio

Das ist so weit alles richtig verstanden!

Das Problem und die damit verbundene Frage ist eben die der Vorbehaltsklausel, welche von der Kasse permanent eingebaut wurde und nicht wie vom Gesetzgeber vorgesehen nur für das Gründungsjahr...

@eulig

Der Steuerbescheid wurde stets angefordert, eingereicht und heran gezogen, da das Einkommen allerdings stets unter der Beitragsbemessungsgrenze lag wurde immer ein Fragebogen zur Prüfung der hauptberuflichen Selbstständigkeit verschickt und nach dessen Prüfung auf nebenberuflich Selbstständig entschieden.

@eulig

Es gibt kein im Vordergrund stehendes Beschäftigungsverhältnis, deshalb wurde ja von Anfang an auch hauptberuflich selbstständig angegeben...

Ich bitte um Verzeihung, wenn meine Formulierungen nicht eindeutig oder zu kompliziert waren. Das Lesen von Paragraphenjungeln lässt einen umständlich denken und schreiben!

Kernpunkt der Frage lautet: 

Darf eine gesetzliche Krankenkasse einen freiwillig versicherten Selbstständigen über acht Jahre im Existenzgründertarif belassen, der ja eigentlich nur für das erste Jahr vorgesehen ist, in dem es noch keinen Steuerbescheid gibt?

Dies ist in erster Linie ja gut gemeint von der Kasse, aber wird es deswegen dann legal die eigentlich unwirksame Klausel über den Vorbehalt der Beitragszahlungen einzubauen?

Das Problem bei der Sache sind die nun erhobenen Nachzahlungen, also Beitragsberichtigungen in die Vergangenheit, welche so gar nicht bzw. nur für Existenzgründer vorgesehen sind, bis diese ihre erste Einkommenssteuererklärung vorlegen können...

Ein Urteil des BGH besagt: "Die Beitragsfestsetzung hat grundsätzlich endgültig zu erfolgen. Für Berufsanfänger ist die vorläufige Beitragsfestsetzung nur erlaubt, bis der erste Steuerbescheid vor liegt. Nachzahlungen sind rechtswiedrig, wenn der Krankenkasse vorher ein Steuerbescheid vorlag."

@terminamtor

maßgebend ist dem Grunde nach das Einkommen.

Existenzgründerzuschuss hin oder her. auch ohne diesen Zuschuss gibt es einen vergünstigten Tarif für Selbständige mit geringem Einkommen. was du in irgendwelchen Fragebögen angegeben hast ist weniger von Belang.

hast du regelmäßig deine Steuerbescheide eingereicht?

@eulig

Die Steuerbescheide wurden selbstverständlich und stets zeitnah eingereicht...

Einen Existenzgründerzuschuss habe ich nie erhalten, und ja, diesen Tarif für Selbstständige mit geringem Einkommen habe ich stets bekommen, wie auch immer dieser benannt ist. 

Der Knackpunkt ist ja auch weniger der vergünstigte Tarif, der mir selbstverständlich stets willkommen war, sondern das permanente Einbauen der damit verbundenen Vorbehaltsklausel welche dann im achten Jahr dann auch gezogen wurde. 

Im neunten Jahr wurde dann ohne Fragebogen gleich der Mindesttarif angewandt und der Mindestsatz trotz erneutem Einkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze veranschlagt.

Was ist dann korrekt gtewesen?

Danke für all eure Antworten!

Leider bin ich nun verwirrter als zuvor.

Um nicht zwangsvollstreckt zu werden musste ich nun einen Kredit aufnehmen, um meine rückwirkende "Schuld" bei der DAK zu begleichen, inklusive der zu Unrecht ebenfalls eingeforderten Säumniszuschläge und Zinsen.

Ich versuche meine Frage nochmals zu wiederholen:

Darf ich über acht Jahre unter Vorbehalt eingestuft sein und ist dies als Geringverdiener so vor gesehen? Wo ist dies schriftlich als Gesetzestext fixiert, habe dies nirgend gefunden.

Da hingegen bin ich oft auf ein Urteil des BGH gestoßen, welches besagt, dass Krankenkassenbeiträge stets endgültig zu erheben sind...mit Ausnahme der Existenzgründer im Gründungsjahr bis diese den ersten Steuerbescheid vorlegen...

Ich sehe hier einen Widerspruch, welcher zu meinem extremen Nachteil ausgelegt wurde, auch da es sich bei der Nachzahlung um einen wohl zu Recht von der Krankenkasse nicht anerkannten Verlustvortrag dreht. 

Aber dann "gleich" einen fünfstelligen Betrag per Zoll per Vollstreckung anzukündigen ohne auf einen meiner berechtigten Widersprüche einzugehen, sehe ich dann doch als sozialen Nachteil an, der so nicht vorgesehen sein sollte...

Was kann ich nun noch machen? Mein Anwalt sagt, dass dies juristisch korrekt sei, da Widersprüche keine aufschiebende Wirkung auf Beitragsforderungen haben.