Ist ein Therapeut eine Autoritätsperson?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich habe den Eindruck, dass der Begriff "Autoritätsperson" für dich negativ besetzt ist. Das ist natürlich dein gutes Recht, so zu denken. Allerdings sind Therapeuten von ihrer Funktion her nicht unbedingt Autoritätspersonen. Sie sollen anregen, ermutigen, Bezüge herstellen, verdeutlichen, Fragen aufgreifen und mit dir zusammenarbeiten. Was sie nicht sollen, ist fertige Lösungen zu präsentieren. Die Lösung musst Du erarbeiten. Natürlich mit ihrer fachlichen Hilfe. Therapeuten haben neben ihrer hoffentlich vorhandenen fachlichen Kompetenz als Mensch Stärken und Schwächen. Wenn sie dazu stehen und ihre Schwächen auch - getrennt von der fachlichen Ebene - offen kommunizieren (z.B. momentaner Ärger) wird man als Klient dies akzeptieren können und müssen. Du solltest mit deinem jetzigen Therapeuten eine Zwischenbilanz ziehen: Wie weit sind wir gekommen? Was ist erreicht? Was bleibt noch zu tun? Ist es in einer akzeptablen Zeitspanne (z.B. ein Jahr) realistisch zu erwarten, dass wir die gesetzten Ziele erreichen werden? Wenn nicht, welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
GutenTag2019 
Fragesteller
 03.06.2022, 13:50

Danke für deine differenzierte Antwort! Als ich so in den 30ern war, hat mal jemand zu mir gesagt: "Sie haben Probleme mit Autoritätspersonen." Damals habe ich das eher zur Seite geschoben, heute hinterfrage ich das. Ich bestehe auf Augenhöhe, das habe ich auch gleich zu Beginn kommuniziert. Dieser Therapeut sieht sich selbst aber als Autoritätsperson, hat er gestern gesagt! Nun mag das zutreffen, wenn da ganz junge Menschen bei ihm Orientierung suchen. Ich sehe es nüchtern: Er hat sich als Facharzt für Psychiatrie bewusst für den therapeutischen Zweig entschieden, was im Grunde einer Dienstleistung entspricht. Ich sehe ihn, interessiere mich auch für ihn, aber letztendlich mag ich nicht um ihn kreisen, sondern für mein Thema (Familie) Lösungen finden. Er fragte gestern, ob denn mein alter Therapeut noch greifbar wäre, aber der ist eben schon in Rente. Seine Haltung: "Manchmal passt es eben nicht." Grundsätzlich denke ich, dass ich auch von unpassenden Menschen lernen kann. Letztendlich geht es mir aber jetzt schlechter als zu Beginn der Therapie. Aber vielleicht gibt es auch einfach nur die eine Lösung: Annehmen was ist.

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Antha101  03.06.2022, 14:32
@GutenTag2019

Dass es mit uns nicht passt, hat mir meine Therapeutin nach 4 Jahren gesagt. Das ist so ein typischer Spruch, um Schuld abzuwälzen.

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GutenTag2019 
Fragesteller
 03.06.2022, 14:41
@Antha101

Ich habe diesen Therapeuten über die Vermittlungsstelle bekommen. Er hat nicht so viele Bewertungen und ganz offensichtlich einige davon löschen lassen. Es sind auch noch negative nachzulesen. Ich habe ihn damit zu Beginn konfrontiert und er meinte, dass die eben von Menschen kommen, die dann in der Therapie mit ihren Schwächen konfrontiert werden und dann beleidigt reagieren.

Schuld will ich keine zuweisen. Mir geht es tatsächlich um meine kostbare Lebenszeit.

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Es ist tatsächlich übertrieben und nicht normal, dass die 10 Minuten deinen ganzen Tag oder deine Woche versauen. Zumal er es ausgeglichen hat und es in dem Fall nicht in seiner Kontrolle liegt, ob die Patientin vor dir zu spät kommt. Ihr steht die gleiche Zeit wie dir zu. Du bist auch nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Und dass er deshalb keine Lust auf dich hat, sind deine negativen Gedanken.

Wut wäre verständlich, wenn er in der Zeit über seinen Urlaub telefoniert hätte und vorher schon etwas vorgefallen wäre, bei dem er dich im Stich gelassen hat. So wie bei mir.

Ich verstehe nicht wirklich, was das Ganze mit Autoritätspersonen zu tun hat, die Probleme scheinst du mit allen Personen zu haben.

Ich verstehe, dass du denkst, dass dir die Zeit davonläuft. Aber ich denke du bist länger mit dem Grübeln beschäftigt als seine 10 Minuten, die er zu spät mit dir anfing.

Er verhält sich absichtlich anders als deine Mitmenschen, die du vermutlich perfekt unter Kontrolle hast. Er bleibt standhaft und das ist gut. Auch wenn es sich für dich nicht gut anfühlt.

"Du nervst" ist hingegen flapsig und destruktive Kritik, aber auch das wurde mir schon von Therapeuten gesagt.

Antha101  03.06.2022, 14:28
Bis jetzt habe ich keine einzige volle Therapiestunde gehabt und vorletztes Mal begann sie 10 Min. zu spät und endete zum Ausgleich 10 Min. zu früh.

Okay verlesen. Das sollte nicht sein, dass die Stunde zu früh endet. Sofern es wirklich eine Psychotherapie und keine Beratung ist.

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GutenTag2019 
Fragesteller
 03.06.2022, 14:36

:(

Ich hatte noch keine einzige volle Therapiestunde und es gab keinen Ausgleich, sondern noch zusätzliche 10 Minuten zu früh beendet, so dass die Sitzung gerade mal 30 Minuten ging. Die Verspätung lag tatsächlich in einem lapidaren privaten Telefonat (die dünnen Wände!), welches er nach 15 Uhr begann (da wäre eigentlich meine Zeit angelaufen). Ja, da kann man schon mal auf den Gedanken kommen, dass er wenig Lust auf die Patientin hat.

Er sieht sich selbst als Autoritätsperson.

Wie kommst du zu dem Rückschluss, dass ich meine Mitmenschen perfekt unter Kontrolle habe?

Ich habe gelernt, für mich zu sorgen. Auch wenn diese Therapie von der Kasse bezahlt wird, so ist es ein Dienst, den er zu erbringen hat. Geld ist Energieausgleich. Offensichtlich will er diese Energie aber nicht mehr erbringen. Kann er sie nicht erbringen, muss er den Termin absagen.

Aber danke für die Rückmeldung, es hilft mir, Klarheit zu bekommen :)

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Antha101  03.06.2022, 14:44
@GutenTag2019

Versuch noch mal ihm das rückzumelden, aber diesmal ohne Interpretationen, sodass er keine Chance hat die Fakten zu widerlegen.

Frag ihn, ob ihr die Stunde zum Ende ausgleichen könnt, weil das nur gerecht ist. Oder beschwere dich bei deiner Krankenkasse, wobei Drohungen das allerletzte Mittel sein sollten.

Du kannst es frech umdrehen, gerade als Autoritätsperson hat er sich an Regeln zu halten.

Wenn sind nichts verändert, kannst du nur noch den Therapeuten wechseln.

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GutenTag2019 
Fragesteller
 03.06.2022, 14:54
@Antha101

:)

Ich werde mich wohl nach einem anderen Therapeuten umschauen, denn so entsteht einfach keine vertrauensvolle Beziehung. Da dümpelt man dann immer so ein bisschen an der Oberfläche rum, kratzt mal hier und da ein bisschen an, aber so zieht es sich nur endlos hin und dafür habe ich keine Zeit mehr. Da sind viele YT-Beiträge 10 x hilfreicher oder auch ein Austausch hier!

Mit 60 muss man sich das doch einfach nicht mehr geben, als "nervig" bezeichnet zu werden, denn das ist weder wertschätzend noch empathisch. Auch wenn eine Patientin kritisiert, ist ja das in meinen Augen die Aufgabe des Therapeuten, da nicht gleichwertig zurückzuschlagen, sondern als Vorbild zu dienen! Aber Therapeuten sind leider auch nur Menschen ;)

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