Themenspecial 11. November 2020
Missbrauchsprävention
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Härtere Strafen für Täter?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo siotaa,

das Thema, welches Sie ansprechen, wird seit Monaten diskutiert und ist daher auch immer wieder in den Medien präsent. Vielen Dank für Ihre Frage!

Am 21. Oktober dieses Jahres hat die Bundesregierung den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen. Ziel des neuen Gesetzes-Entwurfes ist der bessere Schutz von Kindern durch schärfere Strafen, effektive Strafverfolgung, Verbesserungen bei der Prävention und Verankerung von Qualifikationsanforderungen in der Justiz. Zudem soll sexualisierte Gewalt gegen Kinder – ohne Wenn und Aber - ein Verbrechen sein.

Die Kernpunkte des Gesetzes-Entwurfes finden Sie bei Interesse auch unter folgendem Link:

www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2020/102120_GE_Bekaemmpfung_Sex_Missbrauch.html.

Aus unserer Sicht sind härtere Strafen und auch alle anderen im Gesetzesentwurf stehenden Veränderungen richtig und wichtig, um die Strafverfolgung zu stärken. Höhere Strafen allein werden jedoch unserer Erfahrung nach nicht ausreichen,  um die Situation betroffener Kinder maßgeblich zu verbessern. Es braucht – so denken wir - Maßnahmen auf vielen unterschiedlichen Ebenen, um voran zu kommen. Noch #nach wie vor# ist es so, dass sexueller Missbrauch in den wenigsten Fällen überhaupt erkannt und aufgedeckt wird. Für uns geht es daher im Wesentlichen auch darum, die Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren. Wenn sich Kinder in ihrem Verhalten verändern, muss sexueller Missbrauch als Ursache überhaupt erst einmal in Betracht gezogen werden. Daran# ,dass diese Möglichkeit nicht mitbedacht wird, # scheitert die Intervention und effektive Hilfe in den allermeisten Fällen. Das ist die Erfahrung, die wir immer wieder leidvoll machen müssen. Das ist, was uns Betroffene berichten. Viele Taten #werden nicht erkannt, angezeigt und # landen schon gar nicht vor Gericht. Und wenn doch, dann wird den Betroffenen sehr häufig nicht geglaubt und das Verfahren eingestellt.   

Umso mehr freuen wir uns über das Positionspapier 2020 des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. „Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt an  Kindern und Jugendlichen“ heißt das Empfehlungspapier an die Bundespolitik und die politischen Parteien auf Bundesebene. Es beschreibt umfassende Maßnahmen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, was natürlich auch die geplante Strafrechtsreform mit einschließt. Sie finden das Positionspapier bei Interesse unter folgendem Link: https://beauftragter-missbrauch.de/presse/pressemitteilungen/detail/roerig-ruft-mit-positionspapier-2020-die-bundes-und-landespolitik-zum-resoluten-handeln-auf

Was das Thema “Cybergrooming” angeht freuen wir uns über die veränderte Gesetzeslage seit diesem Jahr. Täter und Täterinnen können nun effektiver verfolgt werden, wenn sie mit dem Ziel im Netz unterwegs sind, sexuellen Missbrauch oder die Herstellung von sogenannter „Kinderpornografie“ (wir sprechen eher von Missbrauchs-Abbildungen) anzubahnen. Das Gesetz hierzu trat am 13. März 2020 in Kraft. Künftig ist damit auch strafbar, wenn die Täter nur glauben, mit einem Kind zu kommunizieren - tatsächlich aber mit verdeckten Ermittlern oder den Eltern Kontakt haben.

Danke für eure Antwort!!

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Das Strafmaß ist eben dazu da, dass man variieren kann - würde man es bei Ersttätern komplett ausschöpfen, könnte man fixe Strafen einführen. Ohne Spielraum für die Gerichte. Das ist so nicht gewollt.

Beim reinen Besitz von Kinderpornographie ist es eben nicht automatisch so (wie manch einer einem weiß machen will), dass Täter dadurch animiert werden, mehr zu produzieren. (Es ist dennoch sehr schlimm, da keiner das Recht haben sollte sowas sich anzugucken und es für das Opfer nochmal gesondert erniedrigend ist, wenn andere sich das ansehen können.)

Erst wenn Geld fließt (als Anreiz), wäre es Motivation, mehr herzustellen. (Da sollte man dann denjenigen wie einen Anstifter zum Missbrauch bzw. Vergewaltigung ... bestrafen. Nicht nur für Erwerb/Besitz von Kinderpornographie.)

Das Problem aktuell ist eher, dass die Medien viel aufbauschen, so dass es oft so wirkt, als würden harte Fälle nur mild bestraft. (Dabei wird auch hier schon hart bestraft.)

Gerichte brauchen Spielraum. Gerichte nutzen auch den Spielraum. Wenn die Strafe mal geringer ausfällt liegt das am Einzelfall - weil eben Gerichte vom juristischen Standpunkt her agumentieren, nicht von einem moralischen Standpunkt aus.