Haben alle Kinder in Deutschland die gleichen Bildungschancen?

24 Antworten

Die entscheidenden Fragen sind, wo man die Chancengleichheit ansetzt, wie man Bildung definiert, was man als gegeben ansieht und ob man - die Familie ist durch das Grundgesetz geschützt - familiäre Einflußnahme auf die Bildung als eigenständigen Faktor wertet. Zudem muß man hier in den Grenzen eines Bundeslandes argumentieren, denn Bildung, ob schulisch oder universitär, ist Landessache, Bildung hätte also auf Bundesebene keine Berechtigung als Wahlkampfthema (Parteien, die Bildungsthemen ganz weit oben plazieren, fallen damit für mich als wählbar komplett heraus, da das Bestreiten eines Bundeswahlkampfes mit landespolitischen Themen Irreführung des Bürgers und damit m.E. verfassungsfeindlich - Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG - ist.

Setzt man Chancengleichheit bei der Geburt an, so ist schon jetzt, einmal die Flüchtlingsthematik außenvor lassend, Chancengleichheit auf Landesebene weitestgehend realisiert. In dem Fall beläßt man die Verantwortung für die Bildung der Kinder bei den Eltern. Soziale Brennpunkte müssen nicht zwingend zu einer schlechten Bildung der Kinder und einer erhöhten Kriminalisierung schon im Kindesalter führen, wie Beispiele immer wieder belegen, die Wahrscheinlichkeit aber, zu einer guten Bildung (jetzt inhaltlich, nicht formal gemeint) zu gelangen, ist für Kinder deutlich schlechter als in Wohngegenden des Bildungsbürgertums. Dies hat aber nicht wenig mit dem geringen Interesse der Eltern daran zu tun, ihren Kindern Bildung zu vermitteln. So ist durch Studien belegt, daß gerade in sozialen Brennpunkten (und gerade auch bei Empfängern von ALG II) der Anteil der Kinder extrem hoch ist, welche schon sehr früh durch den Fernseher "erzogen" werden.

Ist es Aufgabe der Politik, hier andere Kinder zu benachteiligen, weil Eltern ihren Pflichten nicht nachgekommen sind? Wenn man den Eltern Sorgerecht zugesteht, muß man dann aus Sicht der Politik Entscheidungen der Eltern tolerieren, welche die Bildungschancen ihrer Kinder reduzieren? Oder in Deutschland geborene Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, die erst mit der Einschulung ernsthaft in Kontakt mit der deutschen Sprache kommen. Nachweislich ist die Bildungsproblematik in sozialen Brennpunkten nicht eine Frage der mangelnden Verfügbarkeit von Angeboten, sondern eine mangelnde Nachfrage nach solchen Angeboten.

Sollte man dann einen Weg wie in Berlin gehen, erst mit Abschluß der 3. Klasse die Beherrschung des ABC vorauszusetzen? Ein Thema, welches in den Diskussionen immer wieder ausgeklammert wird, d.h. man setzt erst zum Zeitpunkt der Einschulung mit der Betrachtung an, aber dann wäre nur noch dann Chancengleichheit zu realisieren, wenn man alle Schüler auf dem niedrigst möglichen Level unterrichtet. Dies ist gerade auch die Strategie einer sozialen Bildungspolitik: Bildung nicht mehr inhaltlich, sondern formal zu erfassen. Im Endpunkt wäre dann die allgemeine Hochschulreife automatisch und unabhängig von erbrachten Leistungen mit dem Erreichen der Volljährigkeit zuzuerkennen.

Aber Sarkasmusmodus aus: seit Jahrzehnten wird der Anspruch immer weiter reduziert, selbst Abiturienten (außer auf bestimmten Gymnasien) beherrschen bestenfalls die deutsche Sprache noch verhandlungssicher, nicht mehr vertragssicher. Ein Zentralabitur klingt gut, bedeutet aber auch, daß Wahlpflicht- und Wahlthemen nicht mehr prüfungsrelevant sind. Nimmt man zudem noch die Degression im Anspruch hinzu, sind wir beim heutigen Abitur ca. auf dem Niveau von 50% dessen, was noch in den 80ern abgefordert wurde. Hinzu kommt, daß zu meiner Zeit durch reine Repetition von Inhalten bestenfalls eine 3 zu erreichen war, besser konnte man nur durch Translation werden. "Translation" gehört heute nicht mehr zu den Regelanforderungen in der Schule. Begriffe man also das "Recht auf Bildung" inhaltlich, würde dies den Schülern immer mehr entzogen zugunsten sozialer Kriterien, welche versuchen, bildungschancenreduzierende Entscheidungen von Eltern für ihre Kinder zulasten anderer Schüler zu kompensieren.

Echte Bildung (im inhaltlichen Sinn) wird nur noch auf wenigen Schulen in Deutschland wirklich vermittelt, insbesondere wenn man Methodik als wichtiges Element der Bildung begreift. Damit leistet sich Deutschland durch die Bildungspolitik eine ganz besondere Bildungselite: zur neuen Bildungselite Deutschlands gehört, wer auf ausländischen (Elite-)Schulen und/oder Universitäten unterrichtet wurde. Das erinnert ein wenig an frühere Kolonien und auf der Ebene hat Deutschland so ziemlich das Bildungssystem mit der geringsten Chancengleichheit. Daran ändern aber alle diskutierten Modelle zur Verbesserung der Chancengleichheit wenig, da sie nur darauf ausgerichtet sind, weiter verschärfend zu wirken.

Ein weiterer Punkt: schulische Förderung von begabten Kindern konzentriert sich auf die Förderung von Mädchen (siehe auch den Anteil an Mädchen an Förderprogrammen: über 80%), Jungen müßten schon von den Eltern gefördert werden. Auch eine Form der Ungleichheit.

Alle haben gleiche Bildungschancen. Schulen etc. stehen für alle Schichten kostenlos offen, alle Schüler werden ohne Rücksicht auf Geschlecht, Stand, Religion etc. gleich unterrichtet und gefördert.

Ergreifen müssen Eltern/Schüler diese Chancen aber selbständig. Sie entscheiden selbst, was sie aus dem Angebot machen.

Oft wird Chancengleichheit mit Ergebnisgleichheit verwechselt. Gleiche Chancen heißt nicht, dass alle am Ende auf dem gleichen Stand sind und z. B. alle Abitur machen und studieren. Zum einen sind die Kinder unterschiedlich begabt, Intelligenz ist zu 50 bis 70 % angeboren, zum anderen gibt es bildungsferne Milieus, die die Chancen nicht ergreifen, z. B. weil Religion für sie vor Bildung rangiert. 

Nur müssen dann die Eltern umziehen, damit die entsprechende Schule besucht werden kann.

Reiche bei uns in der Gegend haben die Kinder täglich fahren lassen- nein das kann nicht jeder. Ich konnte weder das eine noch das andere leisten.

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Nein, leider nicht.

Chancengleichheit bedeutet, dass alle mit gleichem Aufwand das Ziel erreichen können. Der Aufwand für Kinder von ärmeren oder bildungsfernen Menschen ist jedoch ungleich höher, weshalb hier auch weniger das Ziel erreichen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Insiderwissen

NEIN ! Es ist wie einst in den 60ern: In unserer diskriminierenden Drei-Klassen-Gesellschaft wird die Bildungs-Chance noch immer geprägt von der unausrottbaren "oberen" Schicht, wohingegen "Arbeiter"-Kinder - ja, die gibt's noch !!! - weiterhin im wahren Wortsinn deklassiert werden !

pk

Nein. 

Mal abgesehen davon das jedes Bundesland die Beschulung anders umsetzt -> wer weniger Geld hat, hat weniger Bildungschancen da zusätzliche Angebote nicht wahrgenommen werden oder im jeweiligen Stadtteil erst gar nicht angeboten werden.

Weiterhin kommt dazu, dass nicht alle Kinder/Jugendlichen die gleiche sprachliche Integration/Sozialisation erhalten haben.

Nur ein Beispiel: Während man in einigen Bundesländern die Schulbücher nicht kaufen muss sondern gestellt bekommt, muss man in anderen Bundesländern die Bücher zum Teil oder komplett selber kaufen. 

Wenn die Familie nicht genügend Geld zur Verfügung hat -> kann das zum Problem werden.