Glaubt ihr, man hätte sich damals als Deutscher mit den Angelsachsen unterhalten können?
Eig. ist es super schade, die Angeln und Sachsen, beides große deutsche Stämme/Ethnien, in vielen autochthonen Deutschen in Norddeutschland fließt dessen Blut noch heute in den Adern, siedelten nach Englaland rüber und bildeten dort Königreiche, doch sprachen weiterhin deutsche Dialekte, verdrängten das alte Latein auf kirchliche Dinge.
Dann kamen die Wikinger, ebenfalls Germanen, aber schon schwieriger verständlich, doch immer noch germanisch. Als dann die romanisierten Normannen kamen, war Schluss mit Deutsch und germanisch, dann wurden sehr viele germanische Worte verdrängt und eine Aussprache etabliert, welche das Angelsächsisch vollständig mitsamt Wurzel aus dem deutschen Boden riss.
Kein Deutscher, der nicht englisch geprägt ist, versteht einen Satz im Englischen, aufgrund der Aussprache und des extremen Verdrängens deutscher/germanischer Worte zugunsten lateinisch/französischer. Fast die Hälfte der englischen Worte ist lateinisch/französischen Ursprunges, selbst ganz banale Sachen wie exit, prevent, hostile, bicycle, opportunity, rock, age, front, office, suppose, suggest, predicare.
Ich frage mich, ob ich als Deutscher die damaligen Angelsachsen in Englaland verstanden hätte oder die Wikinger im Danelag. Oder ob ich zumindest mehr verstanden hätte, als ich heute verstünde, wenn ich nie English unfreiwillig im Unterricht gehabt hätte. Ich weiß, dass die Dänen und Nordweger die Angeln und Sachen verstehen konnten, weil die Sprachen sehr ähnlich waren. Kein Wunder, stammten die Angeln ja auch von Jütland.
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Ich würde nun nicht "komplett unverständlich" sagen, und ich schätze mal, dass "ein paar Brocken" besser hinkommt.
"Wé synt Higeláces béodgenéatas, Béowulf is mín nama."
Bis auf das eine Wort (béodgenéatas, in etwa "Tischgenossen", also die Leute, die an der selben Tafel wie Higelác saßen) versteht man das schon. Dennoch bleibt viel unverständlich, zum Beispiel in:
"Hwanon ferigeað gé faétte scyldas,
graége syrcan ond grímhelmas,
heresceafta héap?
Ic eom Hróðgáres ár ond ombiht.
Ne seah ic elþéodig þus manige men módiglícran."
"Helme" und "Schilde" versteht man wohl noch, aber der genaue Zusammenhang des ersten Satzes wäre mir nun erstmal nicht so ganz klar. "Ombiht" ist das Wort "Amt" oder "Ombud" (kennt man noch den "Ombudsmann"?) - der gute Beowulf steht also im Amt (Ombud), im Dienst von Hróðgár.
Den letzten Satz kann ich schon entschlüsseln, bei dem hübschen Wort "elþéodig" hilft mir aber eine gewisse Kenntnis des Altnordischen/Isländischen.
Denn þéod = Volk (so ähnlich wie im Isländischen), und el- ist die Vorsilbe wie in "El-sass", dieses Präfix bezeichnet "auf der anderen Seite, auf der fremden Seite" (beim Elsass trennt der Rhein die linksrheinischen von den rechtsrheinischen Gruppen).
elþéodig ist also "ausländisch".
Die Vorsilbe el- ist er- im Isländischen, ein Ausländer ist ein erlendur.
Das englische Wort foreign nutzte man noch nicht. Das ist nämlich nichts anderes als das französische Wort forain (und kam erst mit den Normannen).
foreign - Wiktionary, the free dictionary
"Nie sah ich ausländische so manche Männer von mutigerem Aussehen."
"Nie sah ich so viele ausländische Männer von mutigerem Aussehen."
Die eigenartige Stellung des Adjektivs gibt es auch im Isländischen ("Trockenen will sie befeuchten Gaumen." (über so einen Satz bin ich mal gestolpert) - dies erinnert mich etwas an Latein, wo man das Adjektiv fast "überallhin" in den Satz hineinsetzen darf).
módig ist wohl tatsächlich mutig/kühn, das versteht man vielleicht schon noch.
Die paar Sätze stammen aus dem angelsächsischen Beowulf.
Übrigens ist der Name Higelác, ein König der damaligen nordgermanischen Südschweden ("Gauten") auch interessant. "hige" hat derselbe Stamm wie das isländische Verb für denken "hugsa" und -lac ist womöglich dasselbe wie das englische Verb "to lack". Das heißt, dass der gute Higelác nicht viel nachgedacht hat, sondern eher hitzköpfig und ganz spontan gehandelt hat (falls diese Etymologie so hinkommt). "Ég hugsaði ekki" = "ich habe nicht nachgedacht", ein wenig Isländisch kann ich noch auswendig.
"Hygelac fungiert im Beowulf-Epos als mutiger, kriegerischer König, dem es jedoch an Weitsicht und Klugheit mangelt, womit er nicht als Idealkönig gelten kann."
Denn þéod = Volk (so ähnlich wie im Isländischen),
Ein zeitgenössischer Deutscher hätte es dabei aber leichter als ein Heutiger, denn damals gab es ja noch das althochdeutsche Wort diot mit gleicher Bedeutung.
Die Frage ist neu gestellt worden, und ich hatte mir noch überlegt, ein Stück Beowulf einzustellen, dann aber doch Deine Antwort gelesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Friesen
Gemeinsame Basis der englischen und der niederdeutschen (plattdeutschen) Sprache ist das Altfriesische." Mit Platt kommt man auch bei den Engländern weiter, " das wusste der Grossvater meiner früheren Freundin anno 2010 zu sagen.
Ich denke, das wäre schlimmer aber nicht viel nicht schlimmer gewesen, als wenn Du heute in ein Gebiet mit extremem Dialekt kommst, z.B. Tirol, Schwarzwald oder Sächsische Schweiz. Am Anfang wäre es wohl hart gewesen, aber letztlich sind Vokabular und Grammatik von Althochdeutsch und Altenglisch nicht so sehr verschieden, und in die unterschiedliche Phonetik kann man sich einhören.
Manches klingt durchaus ähnlich. Wenn man die Anglo-Saxon Chronicles sich anschaut, kann man mitunter eine gewisse Nähe zum Deutschen finden, mehr als es heute beim englischen der Fall ist.
https://archive.org/details/anglosaxonchroni01thor/page/n25/mode/1up
https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.507049/mode/1up
Das brauchst du weder dich noch uns zu fragen. Es gibt originale altsächsische Texte kostenlos im Internet zu finden. Die Sage von Beowulf wäre ein Beispiel.
Daran kannst du dich versuchen. Dann weisst du es.