Frauenbild der Weimarer Klassik?

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Zunächst hättest du die verwandte Frage bei gutefrage suchen können: 

frauenbild in der weimarer klassik "hallo erstmal, also ich habe jetzt ziemlich lange gegoogelt, und finde absolut nichts über das allgemeine frauenbild in der weimarer klassik." (mit 3 Antworten) 

Trotzdem hier auch meine Antwort:

Das "klassische" Zitat dazu findet sich in Schillers Glocke:

"Und drinnen waltet

die züchtige Hausfrau,

die Mutter der Kinder,

und herrschet weise

im häuslichen Kreise

und lehret die Mädchen

und wehret den Knaben

und reget ohn' Ende

die fleißigen Hände

und mehrt den Gewinn

mit ordnendem Sinn

und füllet mit Schätzen die duftenden Laden

und dreht um die schnurrende Spindel den Faden

und sammelt im reinlich geglätteten Schrein

die schimmernde Wolle, den schneeigen Lein

und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer

und ruhet nimmer."

Daneben steht Schillers Gedicht "Würde der Frauen"

"Ehret die Frauen! Sie flechten und weben

Himmlische Rosen ins irdische Leben,

Flechten der Liebe beglückendes Band,

Und in der Grazie züchtigem Schleier

Nähren sie wachsam das ewige Feuer

Schöner Gefühle mit heiliger Hand."

August Wilhelm Schlegel hat dazu diese Parodie geschrieben:

Schillers Lob der Frauen

Parodie

 

Ehret die Frauen! Sie stricken die Strümpfe,

 

Wollig und warm, zu durchwaten die Sümpfe,

 

Flicken zerrissene Pantalons aus;

 

Kochen dem Manne die kräftigen Suppen,

 

Putzen den Kindern die niedlichen Puppen,

 

Halten mit mäßigem Wochengeld Haus.

 

Doch der Mann, der tölpelhafte

 

Find't am Zarten nicht Geschmack.

 

Zum gegornen Gerstensafte

 

Raucht er immerfort Tabak;

 

Brummt, wie Bären an der Kette,

 

Knufft die Kinder spat und fruh;

 

Und dem Weibchen, nachts im Bette,

 

Kehrt er gleich den Rücken zu. usw.

 

Diese Texte bieten freilich ein sehr oberflächliches Bild. Trotzdem sollten diese Zitate bei einem Text über das Frauenbild der Klassik gewiss nicht fehlen.

Der junge Schiller hatte so gut wie keinen Kontakt mit Frauen. Spter hat er so starke Frauen wie "Johanna von Orleans" und Maria Stuart und Elisabeth von England auf die Bühne gebracht.

Bei Goethe sind so verschiedene Frauen wie z.B. Lotte in Werthers Leiden, Marianne, Philine, Mignon, Therese und Natalie in Wilhelm Meister, Ottilie in den Wahlverwandtschaften, Iphigenie und Gretchen zu finden. Das ist ein sehr weites Spektrum. Das Frauenbild der Klassik schließt all diese Frauen ein. 

Kurz gesagt: Die alleinerziehende Berufstätige wie die Feministin gehörten gewiss nicht zu dem Bild. Das Bild war auch eher idealisierend. Maria Stuart ist kein Typ der Ehebrecherin à la Madame Bovary; auch fehlt die alle Konventionen missachtende Frau wie Schlegels Lucinde; aber das Frauenbild war gewiss nicht so eng, wie die Romantiker es parodistisch unterstellten.

Bebish05 
Fragesteller
 20.04.2015, 10:42

Vielen, vielen Dank für deine Antwort :) Das hat mir jetzt auf jeden Fall weiter geholfen. Stimmt es denn aber auch, dass die Frau außer der Erfüllung ihrer Pflichten auch ihren Neigungen folgt und aus ihrer häuslichen Existenz heraustritt?

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Fontanefan  20.04.2015, 10:57
@Bebish05

Das ist eigentlich typisch für das Frauenbild der Romantik, wurde aber in der Aufklärung vorbereitet (Menschenrechte für Juden und sogar für Frauen und jüdische rauen, zumindest in der Theorie). Klassik und Romantik verliefen allerdings zeitlich parallel. Die Salons auch jüdischer Frauen wurden also auch von Anhängern der Klassik - wie z.B. den Brüdern Humboldt besucht.

Vgl. "Berühmt wurden die Salons der Frühromantik, zum Beispiel der Jenaer Salon der Caroline Schelling und der Berliner Salon der Rahel Varnhagen." (Wikipediaartikel "Literarische Salons")

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Das Frauenideal im damaligen Bürgertum ist durch Schüchternheit, Bescheidenheit und Häuslichkeit gekennzeichnet (s.Gretchen in Faust 1). Schauspielerinnen wurden als sittlich verwahrlost, nahe der Prostitution aufgefasst (s. Mariane, Philine, Mignon und Aurelie in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“; Goethe hat diese Figuren aber "gehobener" und differenziert dargestellt): Dann gab es noch das Bild der adligen Frau. Sie zeichnete sich durch Selbstbewusstsein, Standesbewusstsein - man könnte auch sagen: eine gewisse Arroganz- und strikte Einhaltung der adligen Etikette aus. So weist die Prinzessin im „Tasso“ den ungestümen Protagonisten belehrend darauf hin, dass nur erlaubt sei, was sich ziemt („Erlaubt ist, was sich ziemt!“ - und nicht, was gefällt!), d.h., was gemäß der Adelsetikette akzeptiert wird. Prototyp dieser auf Stand und "Geziemtheit" pochenden Frau war die Hofdame am Weimarer Hof Charlotte von Stein, Goethes unsterbliche Geliebte (wahrscheinlich war diese Liebe aber nur platonisch, zumal der Ehemann von Charlotte, der Herr von Stein, die Liebesbillette Goethes an Steins Gattin gönnerhaft und „liebenswürdig“ weiterleitete; für mich ein Beweis, dass sich da nichts „abgespielt“ hat.) Wie konnte auch die verheiratete Adlige Charlotte, die als sittenstreng galt, zu dem Bürgerlichen Goethe eine intime Beziehung unterhalten haben? Unvorstellbar. Allerdings, da die Briefe der Frau von Stein – von ihr zurückgefordert und vernichtet - nicht mehr vorhanden sind, kann man den Charakter dieser Liebe nicht mit letzter Sicherheit beurteilen. Aus heutiger Sicht eigentlich unvorstellbar, dass Goethe erst hoch in den Dreißig zum ersten Mal mit einer Frau geschlafen hat, mit Christiane Vulpius. Aber nach Auffassung vieler war es genauso! (Die angebliche Geliebte in Italien war nur eine Erfindung Goethes in den "Römischen Elegien" und ist ein dichterisches Abbild Christianes).