Emotio = Ratio?
Aloha Community,
schon seit langer Zeit bin ich mit mir am Ringen. In der Schule lernt man die verschiedenen Epochen kennen. Oftmals ist die Kernaussage, dass man sich auf die Gefühle (Emotio) oder auf den Verstand (Ratio) besinnen soll und sein ganzes Leben danach ausrichten soll. Später (in der Romantik) kam dann die Idee auf, dass beides wichtig ist.
Ich sehe es ähnlich den Romantikern und doch komplett anders. Meiner Meinung nach sind Emotio und Ratio keine unterschiedliche Auswüchse der menschlichen Seele, sondern beides Teil eines Ganzen. Emotio und Ratio beeinflussen sich stark. In vielen Momenten handeln wir nicht rational, sondern folgen den Gefühlen. Wenn wir jedoch in der selben Situation nach der Ratio fragen, verändern sich dadurch unsere Gefühle. Gleich läuft es, wenn wir etwas rationell erfassen: Ohne die Gefühle gehen unsere Gedanken in die eine Richtung, mit bestimmten Gefühlen genau dem entgegen oder vielleicht verstärkend.
Wem das alles zu theoretisch abläuft, hier ein Beispiel. Man will mit Bekannten weg. Viele Orte werden bedacht (Kino, Disco/Club, Konzert, Café, Strand, Berg, Skilaufen, etc.).
I) Man beachtet zunächst die rein rationelle Seite: Strand und Berg kosten am wenigsten, sind also am besten. Kommen nun noch Gefühle dazu, sagt man sich, dass Disco, Club und Konzert ihr Geld auch wert sind (gemessen am einzuplanenden Spaß).
II) Man beachtet zunächst die Gefühlsseite: Skilaufen macht am meisten Spaß. Ratio: Das ist zu gefährlich, du hast dir schon einmal das Bein gebrochen. (Gefühl des Schmerzes kommt auf.)
Kann man meinen Gedankengang irgendeinem wichtigen Philosophen oder einer Zeitepoche zuschreiben?
Gruß
German
4 Antworten
beide beispiele sind wohl am ehesten dem utilitarismus zu zu ordnen. In beiden beispielen wägst du vor- und nachteile ab und ziehst daraus eine Bilanz die für oder gegen die Handlung sprechen, je nach Ergebnis der Abwägung. Die reihenfolge ist ja erstmal egal.
Skilaufen macht am meisten Spaß. Ratio: Das ist zu gefährlich, du hast dir schon einmal das Bein gebrochen.
das ist nicht zwingend eine rationale Entscheidung, aus Angst etwas nicht zu tun, ist eher eine emotionale Entscheidung. Rational müsstest du wohl alle Faktoren einbeziehen. also auch, dass es gesund ist, sich seiner Angst zu stellen und wieder ski zu fahren. usw. am ende landest du wohl wieder beim utilitarismus.
Mir fallen spontan Epikur oder David Hume ein, auch die Existentialisten, die der Lebenspraxis eine große Bedeutung zugesprochen haben. Der späte Feuerbach ist sicher auch Deiner Meinung. Wenn man bei Schopenhauer seine Lebensängstlichkeit wegstreicht, kommt auch etwas in Deiner Richtung raus und bei Nietzsche macht die Einheit von Fühlen und Denken die Kraft des "neuen Menschen" aus. Man muss halt immer bedenken, dass jeder dieser Philosophen seine eigene Lebensgeschichte und seine eigene Zeit hat, die ihm auch Themen aufdrängt, die uns heute schnuppe sind.
Beides gehört zusammen.
Dass wir es getrennt voneinander wahrnehmen und auch widersprüchlich empfinden liegt daran, dass auf beiden Seiten viele Schatten im Wege stehen. Bewusste und unbewusste Überzeugungen, Dogmen, vermeintliches Wissen / Glauben auf der Seite des Geistes und unterdrückte, verdrängte Gefühle und Emotionen auf der Seite der Seele, der Psyche, dem Gemüt.
Kümmern wir uns um diese Schatten, erlösen wir sie durch Selbsterkenntnis, treffen sich beide Seiten im Herzen, wo sie sich gegenseitig "befruchten" und das Handeln spontan aus dem Moment geschieht.
warum willst du unbedingt in eine schublade gesteckt werden?
auch kann man in deinen beispielen immernoch prima zwischen ratio und emotio unterschieden. ich würde eher als argument vorbringen, dass beide produkte unseren evolutionär entstanden und deshalb fehlerhaften gehirns sind. logik ist nicht das grundprinzip der welt sondern nur ein konstrukt unseres gehirns, genau wie gefühle keine metaphysischen urkräfte sind, sondern widerspiegelungen unseres hormonhaushaltes (unter anderem).
Ich will nicht in eine Schublade gesteckt werden, sondern noch andere Denkanstöße in diese Richtung bekommen...
nein eben nicht. logik und mathematik sind vom menschen geschaffene systeme und deshalb fehler anfällig.
z.b. kann 1+1=2 und 1+1=10 sein. auch hat ja die quantentheorie gezeigt, dass menschliche logik soweit nicht reicht und mathematisch können wir dort auch nur statistisch arbeiten.
natürlich setzen wir unsere logik apriori als wahr fest, aber nur weil wir keine andere wahl haben. würden wir aber z.b unsere gehirne genetisch undoder technisch verbessern, könnten sich uns auch ganz andere logiksysteme erschließen
z.b. kann 1+1=2 und 1+1=10 sein.
das sind 2 ausdrücke für das selbe Ergebnis. 10 in binär heißt 2 genau wie umgekehrt. Es ist wie mit Schrift und Sprache du kannst in verschiedenen Sprachen etwas sagen, und es anders klingen lassen, aber die Aussage ist die selbe.
nimmst du einen stein von drein weg, hast du 2 übrig. in welcher Sprache du das ausdrückst, mathematisch oder sprachlich ist egal. das ergebnis ändert sich nicht. logik bleibt a priori. Das haben wir auch nicht festgelegt, das ist ja grade die definitoon von a priori-vor der Erfahrung stehend. Das jungesellen unverheiratet sind ist immer wahr, egal wie du das formulierst, welche mathematische Sprache du benutzt,. Es gibt eine objektive Wahrheit und eine in sich geschlossene logik, der du nicht ausweichen kannst. Es gibt keine Alternative dazu. jungesellen werden immer unverheiratet sein, 1+1 wird immer 2 ergeben bzw 2 geschrieben "10" im binärsystem.
nein, wir haben es festgelegt und wir sind fehleranfällig bzw kennen die "wahre" gestalt des universums nicht. auch sind die steine ja nur eine ansammlung von teilchen die entsprechend der quantentheorie sich nur zu einer gewissen wahrscheinlichkeit an diesem ort aufhalten - wir können sie also gar nicht exakt von der umgebung trennen.
deine logischen beispiele werden immer in ihrem logischen system so sein, aber wie kommst du zu der annahme das dieses system die realität vollständig darstellt?
logik ist eine evolutionär entstandene methode um die welt zu beschreiben, sie kann aber bei weitem nicht zwangsläufig alles beschreiben. mathematik z.b, besitzt zwar die unschlagbare eigenschaft sich an jede realität unendlich anzunähern, aber ob sie wirklich die realität darstellt können wir nicht wissen.
und wie gesagt: es kann sehr wohl alternativen dazu geben; ein organismus der ein anderes gehirn besitzt besitzt auch zwangsläufig eine andere logik.
Das stimmt nicht. logik ist a priori wahr. Auch ohne Menschen folgt auf eine Ursache eine bestimmte Wirkung.
Hier hast du allerdings Logik mit Kausalität verwechselt. Das sind zwei paar Schuhe. Und wenn du auf tatsächliche Vorgänge beziehst, dann meinst du die Naturgesetze.
deine logischen beispiele werden immer in ihrem logischen system so sein
Das ist doch wunderbar.
aber wie kommst du zu der annahme das dieses system die realität vollständig darstellt?
Logik hat nichts mit irgendeiner Darstellung der Realität zu tun. Was du hier meinst, scheint das synthetische Urteil a priori à la Kant zu sein, das ist hier aber gar nicht gefordert.
es dient der veranschaulichung des fließenden übergangs zwischen emotio und ratio, da beide produkte des gehirns sind.
“z.b. kann 1+1=2 und 1+1=10 sein.
Man kann auch sagen 1+1=11
Logik besteht nie nur aus einer Variante , ebenso wie Wahr und Wahrheiten
Das stimmt nicht. logik ist a priori wahr. Auch ohne Menschen folgt auf eine Ursache eine bestimmte Wirkung. Immer die selbe. Ebenso wie Mathematik in sich ein völlig logisches Prinzp ist, das auch ohne jeden menschen immer objektiv wahr ist.