Die Staatsverschuldung von Japan ist sehr hoch, wieso sind hier keine drastischen Sparmaßnahmen erforderlich wie in Griechenland?

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Hallo,

das Verständnis dieser Frage und ihrer Antwort ist gar nicht mal so leicht, da dies mit Lohnstückkosten, Kreditwürdigkeit und nicht zuletzt Währungen und Wechselkursen zu tun hat.

Zunächst einmal muss man feststellen, dass Japan (vor allem innerhalb Asiens) besonders leistungsfähig ist. Es ist eines der stabilsten Länder (Stabilität = Kreditwürdigkeit = niedrige Zinsen) in dieser Region und einen sehr hohen Lebensstandard. Wenn nun also Investoren in asiatische Länder investieren wollen, ist Japan besonders attraktiv, da die Wahrscheinlichkeit, das geliehene Geld und die Rendite auch wirklich zurückzubekommen, sehr hoch ist. Da die Sicherheit sehr hoch ist, finden sich sehr viele Investoren, die bereit sind, Geld zu verleihen. Dadurch, dass es nun mehr Investoren als angebotene Investitionsmöglichkeiten gibt (Angebot und Nachfrage!), sinkt der Zins für diese Kredite auf ein sehr niedriges Niveau. Obwohl Japan schon sehr verschuldet ist, macht sich kaum jemand Sorgen um die Sicherheit, diese Kredite zurückzubekommen, da die florierende Wirtschaft in Japan darauf schließen lässt, dass das Land langfristig leistungsfähig bleibt.

In Griechenland hingegen herrscht eine sehr große Unsicherheit bezüglich der Zukunft der wirtschaftichen Leistungsfähigkeit oder auch das Verbleiben im Euroraum. Griechenland ist im europäischen Vergleich nicht sehr leistungsfähig, das bedeutet, dass die Lohnstückkosten in Griechenland besonders hoch sind. Das heißt, dass das Verhältnis zwischen dem Gehalt, dass man zahlen muss, und der Leistung, die gebracht wird, schlecht ist. Man kann z.B. für eine Million Euro weniger Stück von einem Produkt produzieren lassen, als man dies in Polen oder Deutschland könnte. In Polen sind die Gehälter besonders niedrig, sodass man mehr Menschen vom gleichen Geld einstellen kann, und in Deutschland ist die Produktivität besonders hoch (also die Leistung --> zB produzierte Stück pro Arbeitsstunde), sodass bei beiden unterm Strich eine Investition mehr lohnt als in Griechenland. Dies führte dazu, dass fast 50% der unter 25-Jährigen in Griechenland arbeitslos sind, da weniger Jobs angeboten werden (wegen den hohen Lohnstückkosten). Dies wiederrum führt dazu, dass der Staat sehr viel Geld für Sozialausgaben braucht, und deswegen noch schlechter seine Schulden bezahlen kann, es ist also ein Teufelskreis:

niedrige Leistungsfähigkeit = mehr Arbeitlosigkeit = mehr Kosten für den Staat = noch höhere Steuern = noch niedrigere Leistungsfähigkeit = noch mehr Arbeitslosigkeit etc.

Das wissen auch diejenigen, die darüber nachdenken, Kredite an Staaten und an Unternehmen zu vergeben. Da die Zukunft der griechischen Wirtschaft ungewiss ist, ist Griechenland eine schlechte Wahl, wenn man sein Geld sicher zurückhaben will. Deswegen findet sich kaum jemand, der in dieses Land investiert, und (Angebot und Nachfrage!) der Zins ist also sehr hoch, und der Staat braucht dringend Kredite. Dies führt zu einer noch höheren Staatsverschuldung, mehr Arbeitslosigkeit, noch weniger Leistungsfähigkeit etc.

Jetzt musst du dir überlegen, in was für einer globalisierten Welt wir leben. Wenn in Polen und Deutschland (diese sind nur Beispiele, das gilt für jedes leistungsfähige Land) Produkte günstiger hergestellt werden können als in Griechenland, führt dies langfristig dazu, dass Griechenland eher Waren importiert, also die günstigeren Produkte aus dem Ausland kauft, als die (zu sehr teuren Preisen) in Griechenland produzierten Güter zu kaufen. Dies führt dazu, dass griechisches Geld noch mehr ins Ausland abfließt, und noch weniger Jobs verbleiben etc. Griechenland hat also ein sehr negatives Außenhandelssaldo (das bedeutet, es fließt viel mehr Geld ins Ausland, um Waren von da zu kaufen, als Geld vom Ausland nach Griechenland fließt, um Waren aus Griechenland zu kaufen).

Für ein Land, das ein so negatives Außenhandelssaldo hat, gibt es "normalerweise" eine einfache Möglichkeit, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Wenn nämlich das Land seine Landeswährung abwertet, sodass eine Einheit dieser Währung weniger US-$ (oder eine andere Währung) wert sind als vorher, kann für einen US-$ oder anderen Währungen mehr Produkte aus dem Land gekauft werden, da diese ja zusammen mit der Landeswährung abgewertet wurden, aber noch den gleichen Preis (in griechischen Drachnen) haben. Es werden dann also plötzlich wieder viel mehr Güter aus Griechenland gekauft/exportiert, weil diese für Einkäufer aus dem Ausland viel günstiger sind, und gleichzeitig werden viel weniger Produkte aus dem Ausland durch griechische Einkäufer gekauft, da diese (nicht-abgewerteten) Güter plötzlich viel teurer sind. Das kurbelt die Unternehmen und Wirtschaft (vor allem Tourismus) in dem Land an, erhöht die Steuereinkünfte stark, senkt die Arbeitslosigkeit und erhöht die Kreditwürdigkeit. Also im Grunde "die" Lösung für Griechenland! Das Problem ist nur, dass Griechenland den Euro hat. Für diesen gibt es einen Wechselkurs, an den Griechenland genauso wie Deutschland und alle anderen Eurostaaten gebunden ist. Das ist auch der Grund, warum an einigen Stellen der "Grexit" gefordert wurde, da einige Wirtschaftsexperten dies als einzige langfristige Lösung für das Dillemma sehen.

Zu diesem Thema kann man aber noch so viel mehr sagen, und es ist auch die absolut falsche Haltung, Griechenland einfach für "schlecht wirtschaftend" zu halten, man muss das Ganze differenzierter sehen. Auch die Sinnhaftigkeit der "Sparmaßnahmen" ist mehr als umstritten.

Deutschland spielt eine nicht unerhebliche Rolle daran, dass der Leistungsdruck im Euroraum sehr hoch ist, da Deutschland sehr niedrige Reallöhne (also die Lohnveränderungen im Verhältnis zur Inflation sind sehr schwach, der Euro wird "schneller" wertloser als die Gehälter in Deutschland diesem Wertverfall entgegenwirkend erhöht werden) hat und damit Länder wie Griechenland im Vergleich sehr schlecht aussehen lässt.

Der Schuldenstand eines Landes ist alleine für sich keine sonderlich aussagekräftige Maßzahl. Es kommt darauf an, welches BIP der Staat insgesamt erwirtschaftet, und insbesondere, ob die Zinslast der Kredite durch das selbst erwirtschaftete BIP als tragfähig angesehen werden kann. Bestes Beispiel dafür wären die USA, da ist die Verschuldung astronomisch, aber aufgrund der Stärke der eigenen Wirtschaft (und dem inländischen Konsum) spielt das kaum eine wesentliche Rolle. Allerdings - das ist auch immer eine Frage der Einschätzung durch die Gläubiger. Wenn nachhaltige Zweifel an einer langfristigen Finanzierbarkeit aufkommen, sieht es mit der Refinanzierung eben düster aus.

Wenn jetzt die Bank (wieso auch immer) bei Japan höhere Zinsansprüche stellt, mehr als Japan erwirtschaften könne, dann gilt diese auch als Überschuldet, sehe ich das richtig?

Demnach liegt es ja in der Macht der Banken zu entscheiden ob ein Staat verschuldet ist oder nicht - obwohl die tatsächliche Wirtschaftsleistung gleichbleiben ist

@Coldnez

Wenn jetzt die Bank (wieso auch immer) bei Japan höhere Zinsansprüche stellt, mehr als Japan erwirtschaften könne, dann gilt diese auch als Überschuldet, sehe ich das richtig?

Nein. Die Bank gibt es ja eben nicht. Es gibt den Finanzmarkt, und der wiederum besteht aus einer Unzahl von Teilnehmern. Wollte nun eine Bank höhere Zinsen, würde das die nächste gerne übernehmen, udn das Geschäft selbst machen. Genau das ist Marktwirtschaft. Erst wenn eine erhebliche Zahl an Geldgebern triftige Zweifel an der Tragfähigkeit anmelden würde, könnten überhaupt höhere Zinsen durchgesetzt werden.

NB.: Die meisten Staatsanleihen Japans halten nicht internationale Konsortien - sondern die japanischen Bürger selbst.

Weil Japan sich immer mehr verschuldet und natürlich eine robuste Wirtschaftsleistung hat. 
Griechenland hingegen hatte diese nie, war zusehr auf Dienstleistung ausgelegt.

Gute Antwort. Japan kommt seinen Zinszahlungsverpflichtungen alleine nach, Griechenland nicht. So einfach erklärt sich ein Staatsbankrott

Das ist zum Teil richtig, übergeht aber die schlichte Wahrheit, dass Japan mit aktuell 126 Millionen Einwohnern ein völlig anderes Wirtschafts- und Lastengefüge hat als das kleine Griechenland. Der Binnenkonsum einer Volkswirtschaft stellt eine wesentliche Größe für die finanzielle Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft selbst dar.

  1. Weil Japan in erster Linie bei den Japanern selbst verschuldet ist, während die griechischen Schulden weit in Europa verstreut sind. Somit hätte eine Pleite Griechenlands eine kettenreaktion in Europa zur Folge gehabt. Wenn man Pleite ist, reistt man ja auch immer die Leute mit, die einem Geld geliehen haben.
  2. Japan hat schon seit Jahrzenten eine Zinspolitik, die an die Nullzinspolitik der EZB heranreicht. Und Schulden werden aj immer dann ein Problem, wenn man die Zinsen nicht zahlen kann. Eine horrend hohe Verschuldung ist kein Problem, wenn man dafür nur 1% Zinsen zahlen muss. Wenn aber die Zinsen 7% betragen, dann bricht man darunter zusammen.
  3. Neben dem Zinsproblem sind Schulden ein Problem, wenn man sie refinanzieren muss. Staatschulden laufen ja nicht unendlich, meist sind sie in Form von Krediten oder Anleihen, die einige Jahre laufen. Werden die fällig, dann muss der Schuldner sich neues Geld holen um die alten Schulden abzutragen. So machen dass die meisten Staaten oder auch Unternehmen. Und das wurde für Griechenland zu einem Problem, weil es absehbar war, dass die sich nicht oder nur zu hohen Zinsen neues Geld würden besorgen können. Japan hat durch die niedrigen Zinsen innerhalb Japans und durch eine ungalublich hohe Sparquote der jaoanischen Bevölkerung immer die Möglichkeit, sich innerhalb ihrer eigenen Volkswirtschaft neue billige Kredite zu besorgen.

Dein Problem ist sehr leicht zu lösen. Weg von der lustigen Fehlinterpretation Japan hätte keine finanziellen Probleme und schon ist alles logisch. Japan steckt bis über beide Ohren drin und ist eben das überspitzte Beispiel von dem was in den USA los ist. Eine ehem. Wohlstandsgesellschaft, die ihren abstrusen Konsum nur noch durch selbstzerstörerische Verschuldung aufrechterhalten kann. Auch der Verlust der Führungspositionen in Wirtschaft und Technologie und die damit einhergehende Deindustrialisierung(die reichen Japaner konsumieren aber immermehr Waren, die nicht in Japan hergestellt werden) ist typisch. Auch die Zinspolitik der Zentralbank eilt den Amerikanern deutlich voraus noch. Die Katastophe-Negativzins ist in Japan längst Realität. Menschen kaufen Safes und bunkern Bargeld. Japans Finanzlage zur Zeit ist eine einzige Katastrophe.

ABER es ist sinnlos die Lage mit Griechenland zu vergleichen WEIL Griechenland nie über die Wirtschaftsmacht Japans verfügte. Griechland is ein Schuldner, der selbst viel zu wenig erbringen kann. Es ist also weitaus weniger Potenzial da um mit den Schuldenbergen was auch immer zu machen. Japan steckt in der tiefsten Krise und viees ist schiefgelaufen in Japans Wirtschaft in letzter Zeit, aber es gibt eben immer noch japanische Konzerne, japanische Grossbanken und letzendlich auch noch den im vergleich zu Griechenland sehr sehr zahlngsfähigen Markt auch wenn all die jetzt schwächeln. Im Vergleich zu Griechenland ist Japan immernoch ein Industrie- und Finanzkoloss auchwenn dem Koloss die Beine brüchig werdenund andere Wirtschaftsmächte in der Region und Welt mit grossen Schritten davonziehen.

Sollte es hart auf hart kommen hat Japan schlicht gesagt einfach viel mehr Konkursmasse anzubieten, viel, viel mehr als Griechenland.

Es ist aber nicht so, dass die Japaner nicht versuchen würden etwas zu tun. Die Negativzinsen sind ja eben so ein wenn auc hilfloser Versuch die Konjunkturanzukurbeln. Cih bin sicher es gibt baldin der Wirtschaftsgeschichte eine feste Bezeichnung für diese Zinsschraubenfalle der Emissionsbasierten Wirtschaften.