Darf ein Sanitäter einen Arzt aus dem Rettungswagen rausschmeißen?

3 Antworten

Hi,

Darf ein Sanitäter einen Arzt aus dem Rettungswagen rausschmeißen?

Rein rechtlich - ja.

Das nicht-ärztliche Rettungsfachpersonal ist der Vertreter des Eigentümers des Rettungswagens - und hat damit Hausrecht.

Prinzipiell darf also jeder rausgeschmissen werden, wenn die Besatzung der Meinung ist, dass das notwendig ist. Das kann auch den (Not)Arzt treffen, der nicht der Organisation angehört.

Aus der Praxis

Es ist eine sehr "unelegante" Lösung - zum einen ist die verbliebene Besatzung wieder voll und ganz für den Patienten verantwortlich, zum anderen wird die Feststellung bzw. der Vorwurf "der Arzt arbeitet patietengefährdend" sehr viel Erklärungsbedarf haben (oder unter üble Nachrede fallen).

Auch wenn man es prinzipiell darf - eine besonders gute Lösung ist es nicht.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Wobei es unter den nicht-Notärzten eine erschreckend hohe Zahl an Medizinern gibt, die lieber gängige Algorithmen und aktuelles Wissen ignorieren, als zuzugeben dass sie sich damit nicht auskennen. Ich erinnere mich da an einen privat anwesenden Dermatologen, der einem kreislaufinstabilen Motorradfahrer mit deutlichem Bauchhämatom eine blaue Viggo legte, eine NaCl anschloss und meinte, einem Transport (6-7 min zum Schockraum) könne er erst zustimmen, wenn der Blutdruck wieder bei 120 sei. Naja, er war immerhin so freundlich, den Patienten dann unserem NA zu übergeben, als der endlich eintraf.

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@RedPanther
Wobei es unter den nicht-Notärzten eine erschreckend hohe Zahl an Medizinern gibt, die lieber gängige Algorithmen und aktuelles Wissen ignorieren, als zuzugeben dass sie sich damit nicht auskennen.

Natürlich - das ist auch gar nicht verwunderlich bei der Komplexität, die die präklinische Notfallmedizin in den letzten Jahrzehnten bekommen hat.

Und da ist von "keine Ahnung, Behandlung frei Schnauze" bis zu "sagt mir was ihr machen wollt, ich unterschreib es euch" alles dabei. Die beiden Extreme geben sich in puncto Patientensicherheit m.E. nicht viel.

Die mehr oder minder offene Grundablehnung einiger vorwiegend lebensälterer Ärzte dem RD gegenüber ist da auch nicht gerade zuträglich ^^

Ich erinnere mich da an einen privat anwesenden Dermatologen, der einem kreislaufinstabilen Motorradfahrer mit deutlichem Bauchhämatom eine blaue Viggo legte, eine NaCl anschloss und meinte, einem Transport (6-7 min zum Schockraum) könne er erst zustimmen, wenn der Blutdruck wieder bei 120 sei. Naja, er war immerhin so freundlich, den Patienten dann unserem NA zu übergeben, als der endlich eintraf.

Das Spannende ist ja: meist sind die Dinge nicht so einfach, wie man denkt ^^

Klar, das instabile Abdominaltrauma kriegt seine permissive Hypotension. Logisch.

Geht der Arzt einfach mal pauschal von einem zusätzlichen SHT aus (was bei dem vorhergehenden Befund nicht ungewöhnlich wäre), wäre die Normotension als Zieldruck nicht nur in Ordnung, sondern absolut leitlinienkonform.

In der Praxis nicht unwahrscheinlich, in der Theorie eine sehr gute Argumentationsgrundlage für den Arzt...

Dass das "Transportverbot" unter beiden Umständen Kappes ist, brauchen wir aber kaum zu diskutieren xD

Fazit

Man begibt sich als Nicht-Arzt immer auf sehr dünnes Eis, wenn man die Kompetenz eines "Druiden" anzweifeln will - denn so einfach, wie die meisten Fälle dargestellt werden, ist ja oft nicht.

Gerade in den Grenzfällen muss man sagen: der Durchschnitts-Arzt wird (wenn er nicht komplett auf den Kopf gefallen ist) eher die bessere Argumentation liefern können, als der Durchschnitts-Rettungsdienstler.

Und selbst als NFS, der länger als drei Tage dabei ist, überlege ich mir "ernsthafte", schriftliche Beschwerden über Ärzte dreimal ;-)

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@SaniOnTheRoad

Ich glaube, dass offizielle, schriftliche Beschwerden gegen Ärzte bei uns gar nicht vorkommen. Allein schon, weil man da nicht wüsste, ob einem nicht die eigene Chefetage in den Rücken fällt.

Naja, sei's drum.

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Ja, denn das Rettungsfachpersonal hat das Hausrecht für das Rettungsmittel, demnach grundlegend ja, zumal die organisatorische Leitung des Einsatzes beim Rettungsfachpersonal verbleibt, sofern der Arzt nicht der mit- oder nachalarmierte Notarzt ist. Die Begründung, sollte dann allerdings juristisch haltbar sein, man muss ganz konkret belegen können, WARUM der Arzt "patientenschädigend" sein soll, dass ist nicht immer einfach zu begründen, aber auch nicht ausgeschlossen. Wenn der Arzt wirklich "patientenschädigend" sein sollte, dann kann er rausgeschmissen werden, sofern eine ärztliche Transportbegleitung notwendig ist, muss dann jedoch ein Notarzt nachgefordert werden oder der Transport mit Sonder- und Wegerechten fortgesetzt werden.

Allgemein, haben manche Gerichte schon dem damaligen Rettungsassistenten eine relativ hohe Mitverantwortung zugesprochen, so gab es ich meine im Jahr 2010 mal einen Fall, in dem ein Rettungsassistent für eine falsche Anordnung eines Notarztes gerichtlich mitverantwortlich gemacht worden ist, weil das Gericht die Auffassung vertreten hat, dass der Rettungsassistent aufgrund seiner Ausbildung es hätte erkennen müssen, dass die Maßnahme, die der Arzt angeordnet hat, in diesem Falle grob falsch ist und hätte somit die Durchführung verweigern und den Arzt darauf aufmerksam machen müssen. Grundsätzlich, hat ein (Not-)Arzt zwar die Weisungsbefugnis und die Anordnungsverantwortung, wenn die nichtärztliche Fachkraft aber aufgrund ihres Ausbildungsstandes eben weiß, dass es grob falsch ist, was der Arzt hier will, dann muss sie die Durchführung verweigern (das ist ein Teil der Ausführungsverantwortung). Prinzipiell, ist es also Möglich, man hat auch eine Verpflichtung den Patienten zu schützen und auch Ärzte, machen eben manchmal Fehler, die Begründung, muss dann eben juristisch stabil sein. Mfg.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

man darf einen Arzt aus dem RTW rausschmeißen, wenn er eine Gefahr für den Patient darstellt. Andernfalls wäre es ja auch dumm, wenn der Arzt den Patienten schädigt und die Besatzung nichts dagegen tun kann