Aufenthaltsrecht Pendeln Spanien - mehr als 90 aber weniger als 183 Tage im Jahr?
Hallo, aus beruflichen Gründen (Freiberufler) bin ich regelmäßig in Spanien, arbeite aber für deutsche Auftraggeber (konkret, zur Abstimmung mit anderen Kollegen dann in Spanien vor Ort). Ich bin dabei nie mehr als 183 Tage pro Jahr in Spanien (deutlich weniger), jedoch kann es vorkommen, dass ich mehr als 90 Tage vor Ort bin - auch bzw vor Allem mal mehr als 90 innerhalb des 180 Tage Zeitraums.
Wie muss ich mich nun anmelden?
Ich finde Informationen wenn man bis 90 Tage vor Ort ist und Informationen wenn man mehr als 183 Tage vor Ort ist. Aber eben nicht in meinem Fall, wo ich innerhalb von 180 Tagen auch mal mehr als 90 Tage hier sein "kann".
Wer kann helfen?
1 Antwort
Theoretisch musst du ab 90 Tagen ununterbrochenem Aufenthalt die Residenz beantragen. Praktisch ist es aber so, dass niemand kontrollieren kann, wie lange du als Europäer in Spanien warst, da es ja keinen Einreisestempel im Reisepass gibt und du auf irgendeine Art auch den Aufenthalt unberbrochen haben könntest. Also selbst wenn du 100 Tage in einem Hotel wohnst, kann es ja sein, dass du für ein Wochenende in Frankreich oder sonst wo warst.
Auch wenn du als EU-Bürger 3 x 60 Tage bleibst, juckt das keinen. Es ist ja kein Schengen-Visa, das du nutzt, sondern eine EU-Staatsangehörigkeit. Ab ununterbrochenen 90 Tagen gibt es aber diese theoretische Pflicht der Residencia.
Die nächste Grenze sind die 183 Tage in Spanien, was dann steuerrechtliche Konsequenzen hätte. Das spanische Finanzamt würde dann von dir evtl. eine Steuererklärung verlangen. Zur Beantragung der Residenz brauchst du bereits die spanische Steuernummer. Die erhältst du also bereits weit vor den 183 Tagen.
Ob das nun bei Aufenthalten, die etwas über 90 Tagen gehen, aber keinsesfalls mehrheitlich im Jahr ratsam ist, hier eine Residenz zu beantragen, musst du selbst wissen. Wie wohnst du denn? Wird das für dich geregelt? Oder brauchst du auf deinen Namen Strom, Wasser, Telefon, Internet etc.? Das ginge teilweise nur mit Residenz. Auch Bankkonten sind für Residenten anders. Du hast dann auch Ansprüche wie ein Spaniern.
Die Frage ist aber, ob dann nicht automatisch das spanische Finanzamt hellhörig wird. Es wird nicht alles an den 183 Tagen festgemacht. Es kommt auch auf deinen Lebensmittelpunkt an. Aber wenn die 183 Tage erreicht werden, wirst du pauschal steuerpflichtig. Das war z. B. während des Covids der Fall für Leute, die dort nicht rechtzeitig zurückfliegen konnten.
Um die Residenz zu beantragen benötigst du dann Nachweise, dass du deinen Lebensunterhalt selbständig bestreiten kannst.
Das Schengen-Abkommen selbst gilt nur für touristische Zwecke.
https://www.interior.gob.es/opencms/en/inicio
Die Residenz hat - zusammen mit dem Empadronamiento (Einwohnermeldeamtsbescheinigung) auch den Vorteil, dass eben damit auch Fristen beginnen. Z. B. wenn du dich später einbürgern lassen willst, Zuschüsse beantragst etc.
Normalerweise melden sich EU-Studenten nicht in Spanien an, Schüler des allgemeinen Bildungswesens jedoch schon. Es geht dann ja auch ggf. um die Bezuschussung von Unterrichtsmaterial, Bus oder ggf. Kantine.
Von außerhalb der EU kommend wäre das anders, denn diese brauchen ja grundsätzlich eine Aufenthaltsgenehmigung oder ein Studentenvisum.
Notfalls wäre es gut, in diesem Fall einen Anwalt im Ausländerrecht zu befragen. Da gibt es auch Online Anwälte, die z.B. 50 Euro für eine telefonische Beratung verlangen. Oder ggf. ein spanischer Steuerberater oder sogar die deutsche Botschaft in Spanien.
Danke! Auch das sind hilfreiche Informationen. Liebsten Dank dafür!
Hallo, jetzt ist doch noch eine Frage aufgekommen. Unser Sohn ist auf einer deutschen Auslandsschule (privat). D.h. in diesem Fall gibt es keine Bezuschussung durch Spanien, keinen Bus, kein Unterrichtsmaterial und keine Kantine oder ähnliches (alles privat). Demnach müsste er sich nicht anmelden, da er nicht dem allgemeinen Bildungswesen zufällt. Richtig gefolgert? Danke nochmals!
Lieber Fernando. Ich danke dir recht herzlich für Deine SUPER Antwort, die einfach in allen Belangen mehr hilft, als jede Recherche, die ich bisher durchführen konnte. Du scheinst gut im Bilde zu sein und daher hätte ich noch ein paar Rückfragen, die sich aus Deiner Antwort ergeben:
Zum Aufenthalt: Ich tendiere auch dazu wenn es mal 3 Tage am Stück zuviel sind, deswegen nicht die Bürokratie ins Rollen zu bringen, bzw einfach darauf zu achten, dass ich unter den 90 Tagen bleibe, so gut es geht. Hier meine konkrete Situation:
Ich bin mit meiner Exfrau udn meinem Sohn hier. Er geht hier auf eine Auslandsschule. Die Schulzeiten vs Ferienzeiten sind so, dass keiner von uns (Mama+Papa) mehr als 183 Tagen in Spanien sind, da es effektiv ca 8.5 Monate im Jahr Schulzeiten sind, geteilt durch 2. Wir wechseln uns mit der Anwesenheit in Spanien auch ab, selten gibt es Überschneidungszeiten vor Ort.
Aus steuerlichen Gründen wäre es a) von Nachteil für mich, wenn ich hier besteuert würde und b) bin ich ja tatsächlich jenseits der 200 Tage in meiner Berliner Wohnung. Daher möchte ich wegen ein paar Tagen hier und da auch keine schlafenden Hunde wecken, die schwer oder müßig zu überzeugen sind, dass ich meinen regelmäßigen Wohnsitz in DE habe.
Die Vorteile der Residenz sind mir bewusst und sind auch der einzige Grund, warum ich darüber nachdenke, jedoch überwiegen die Nachteile nach aktuellem Kenntnisstand sehr.
Zur Wohnsituation: Wir haben ein Haus gemietet, welches wir im sog. Nestmodell beide nutzen. Künftig wird meine Exfrau aber ihre eigene Wohnung hier haben. Die Anmietung ist mit einer Ausländer NIE erfolgt, die ich mir über einen Agenten habe geben lassen. Ich zahle alles über mein deutsches Konto, von Miete zu Strom bis zum Internet. Daneben habe ich meine durchlaufenden Kosten meiner Wohnsitzwohnung in Berlin. Wir arbeiten beide in Deutschland remote.
Wenn ich Dich also richtig verstehe ist in Bezug auf mich (und auch auf meine Exfrau, bei der es sich exakt genauso verhält) relativ klar, dass wir uns - zumindest vorerst - nicht anmelden.
Eine andere Frage entsteht nur aus der Nicht-Anmeldung: Muss mein Sohn angemeldet sein? Ich habe dazu gelesen, dass Kinder ihren festen Wohnsitz in DE behalten, wenn sie hier zur Schule gehen. Leider weiss auch an der Schule keiner genau, ob eine Anmeldung für das Kind alleine zwingend nötig ist. Die Schule kommt punktuell natürlich über die 90 innerhalb von 180 Tagen. Allerdings auch nur punktuell.
Danke vorab.
PS: Falls die Frage im Raum steht, warum wir hier sind: Unser Sohn hat Autismus und wird hier entsprechend versorgt, in Deutschland wäre das unbezahlbar