Au Pair Jahr verkürzen?
Ich bin seit 3 Monaten Au Pair in Madrid und sollte eigentlich bis nächsten Sommer bleiben. Jedoch überlege ich nun, das Jahr zu verkürzen und ggf. schon ab Weihnachten zu gehen.
Zum Glück befinde ich mich keineswegs in einer schlechten Situation hier. Meine Gasteltern sind extrem nett und auch die Kinder sind ganz okay. Ich arbeite auch nur ca 24 Stunden die Woche (das Maximum hier liegt bei 30 Stunden) - also es ist eigentlich wirklich chillig. Einen wirklich extrem verständlichen Grund zu gehen, habe ich eigentlich nicht.
Mein Problem ist, dass die Arbeit an sich einfach keinerlei Spaß macht. 80% meiner Arbeit ist Haushalt (Wäsche, Bügeln, Kochen, Gassi gehen etc.) und 20% hat vielleicht damit was zu tun, mich mit den Kindern zu beschäftigen. Das liegt daran, dass meine Gastkinder alle schon ein bisschen älter sind (10-14J). Sie brauchen also eigentlich absolut keinen Babysitter oder ähnliches, sondern eigentlich nur jemanden, der da ist, weil die Eltern sehr lange arbeiten und der aufräumt.
Das Problem ist auch irgendwo, dass meine Gastfamilie seit 10 Jahren Au Pairs aufnimmt. Die Kinder sind also extrem gewöhnt an den Prozess, sodass eine richtige Bindung zwischen mir und ihnen auch nicht entsteht (wir verstehen uns, aber das wars auch schon).
Die Kinder sind zudem extrem verwöhnt. Zwar sind sie relativ gut erzogen und höflich, aber sie sind es eben gewohnt, dass das Au Pair ALLES, absolut alles, was sie anstellen, aufräumt. Ich räume eigentlich den ganzen Nachmittag nur allen möglichen Dreck den sie hinterlassen auf.
Das aller unangenehmste ist, dass die Kinder einfach eine ganze Rangliste von all ihren 10 Au Pairs haben und jedes Au Pair dort ranken und bewerten. Die kritisieren und beschweren sich über so viele unnötige Sachen, es ist crazy. (Eine gewisse Autorität habe ich schon über sie und again, die Kinder sind auch ganz nett. Irgendwas an der Erziehung zu ändern, hilft dort also nicht. Es ist einfach ein generelles Problem, dass Au Pair Kinder super verwöhnt sind und das ist besonders in diesem Falle super unangenehm. Generell habe ich gemerkt, dass das Alter der Kinder mir irgendwie zu unangenehm ist).
Ich habe hier zwar "Freunde" gefunden und liebe das Land und die Stadt und meine Arbeit ist auch nicht unbedingt schwierig, aber die Arbeit an sich macht einfach keinen Spaß.
Ich habe mich nach dem Abi für ein gap year entschieden, um was Neues zu sehen und mich weiter zu entwickeln. Dafür bietet sich ein Au Pair Jahr natürlich super an, weil man so billig und einfach wo anders leben kann. Jedoch habe ich einfach nicht das Gefühl, dass ich mich hier noch weiter entwickeln würde. Die Stadt erlebt habe ich bereits und etwas anderes hält mich hier nicht wirklich fest.
1 Jahr hier sein fühlt sich einfach viel zu lange an und wie eine Verschwendung. Wenn ich früher gehen würde, würde ich ein paar Wochen zuhause verbringen und dann die Möglichkeit haben, work&travel zu machen oder nochmal als Au Pair für einige Monate in ein anderes Land zu gehen. Ich habe das Gefühl, dass nochmal woanders was Neues zu erleben, mich viel glücklicher machen würde.
Andererseits sind das alles aber auch natürlich rein egoistische Gründe... Ich würde mich super schlecht fühlen meinen Gasteltern gegenüber, wenn ich früher gehe, weil diese wirklich super nett sind und mit ihrer Arbeit eh schon super gestresst sind. Außerdem ist es doch einfach auch irgendwie peinlich sowas abzubrechen. Ich habe auch Angst, dass ich es später bereuen werde, weil es immer mein Traum war hier in dieser Stadt zu leben.
Gibt es hier noch andere Au Pairs, die einer ähnlichen Situation gesteckt haben? Also wo man nicht unbedingt wegen wirklich schlimmen Gründen oder Heimweh gehen wollte, sondern einfach nur aus dem Grund, dass es nicht wirklich Wert erschien?
1 Antwort
Es hört sich so an, als wäre einfach gerade die Eingewöhnungszeit vorbei, es zieht normaler Alltag ein und dir fehlt nun die Spektakularität. Das ist einerseits so verständlich, wie es andererseits verwerflich ist. Du hast dich ja bewusst gegen ein Work&Travel (wo man tendenziell eher mehrere Arbeitsstellen ausprobiert) und für ein Au-Pair (wo man den Einsatz in einer einzigen Gastfamilie anpeilt) entschieden, und von einer erwachsenen Person sollte man erwarten können, dass sie zu diesem commitment für die überschaubare Zeit von einem Jahr steht (es sei denn natürlich es gibt gravierende Gründe). Du schreibst, du willst dich weiterentwickeln, aber auch das Aushalten von Situationen gehört zum Erwachsenwerden und deine ist nach deiner eigenen Aussage noch nicht einmal wirklich schlimm. Natürlich macht Hausarbeit nicht extrem viel Spaß, aber: es ist eben auch nur dein Job, der nur quasi das Mittel ist, dir einen Auslandsaufenthalt zu finanzieren.
Ich meine, deine Gastfamilie kann dich nicht zwingen zu bleiben, das ist klar, aber sie hätte allen Grund, zu monieren, dass du den zeitlichen Teil eurer Vereinbarung („ein Jahr“) nicht einhältst, obwohl sie ihn ja einhalten. Nur mal als Gedankenexperiment, wie würdest du dich fühlen, wenn sie deinen Aufenthalt terminieren würden mit der Begründung, dass du deine Arbeit zwar ganz ok machst, dass sie dich ja jetzt zur Genüge kennen, du ihnen zu langweilig geworden bist und sie sich irgendwie mehr versprochen hätten?
Die Kinder sind zudem extrem verwöhnt
Js gut, ihrem Alter entsprechend… Au pair hin oder her, alle Kinder in diesem Alter verlassen sich darauf, dass alle Erwachsenen sich um ihre Probleme kümmern, ob nun Aufräumen oder Schule oder was auch immer. Aber ganz ehrlich, von Leuten Anfang 20, die die tolle Chance eines einfachen und preiswerten und trotzdem aber guten Auslandsaufenthalts bekommen und dann darüber jammern, dass „die Arbeit keinen Spaß macht“ oder die abenteuerliche Aufregung fehlt, denke ich genauso. Du siehst es ja ein bisschen an deinen Gasteltern, Vollzeitjob UND Kinder UND dann noch alles mögliche andere, so sieht halt das Erwachsenenleben ziemlich oft aus, und daran bist du verständlicherweise eben auch noch nicht gewöhnt, aber es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, sich daran zu gewöhnen und wie gesagt, verbindlich zu der von dir gemachten Zusage von einem Jahr zu stehen.
Außerdem ist es doch einfach auch irgendwie peinlich sowas abzubrechen
Naja nee, „peinlich“ würde ich es jetzt nicht gerade nennen. Enttäuschend vielleicht eher, deiner Gastfamilie gegenüber, und auch dir selbst gegenüber. Wenn du jetzt abbrichst und stattdessen irgendwo anders Work&Travel machst, wird die Spektakulärität ja wieder zurück kommen, insofern denke ich auch nicht, dass du es bereuen würdest, aber ich glaube schon, dass du irgendwann in deinem Leben, vielleicht wenn du selbst mal in den Schuhen deiner jetzigen Gasteltern stehst, darüber anders denken wirst als jetzt.
weil es immer mein Traum war hier in dieser Stadt zu leben
Das zum Beispiel ist doch eine interessante Lektion, die du jetzt schon gelernt hat, egal ob du abbrichst oder nicht. Du wirst ja eines an Vorbereitungsaufwand gehabt haben für dieses Au Pair, hast vielleicht auch Geld dafür erarbeiten müssen, hast dich monate- wenn nicht jahrelang darauf gefreut, und jetzt ist nach drei Monaten die Luft raus. Manchmal denken wir, dass wir irgendeinen Traum haben und „alles dafür tun würden“, und merken nicht, dass wir darin zum Beispiel von außen beeinflusst wurden und in Wahrheit gar nicht sooo viel für diesen Traum zu opfern oder auszuhalten bereit sind. Sehr viele Erwachsene machen diesen Fehler zum Beispiel auch im beruflichen Bereich, oder ganz schlimm: bei der Familienplanung, und deshalb halte ich Auslandsaufenthalte in den späten Teenagerjahren bis Anfang 20 für so wichtig. Um diese Erfahrung zu machen und dann später bei den großen Entscheidungen des Lebens besser in sich hinein hören zu können „Ok aber wie unbedingt will ich es wirklich?“