Verwandschaftsbeziehungen Reptilien, vögel und Säugetiere?

3 Antworten

Reptilien, Saurier, Säugetiere und Vögel haben gemeinsame Vorfahren.

Mit besten Grüßen

gregor443

Und wer ist der gemeinsame Vorfahren

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Die "Reptilien" als Verwandtschaftsgruppe gibt es nicht, weil es sich bei ihnen um ein Paraphylum handelt. Damit ist gemeint, dass eine Verwandtschaftsgruppe, ein so genanntes Taxon, nicht alle Nachfahren eines gemeinsamen Ahnen enthält. Ein paraphyletisches Taxon spiegelt also nicht die korrekte Evolutionsgeschichte einer Gruppe wider. Das tun nur in sich geschlossene Verwandtschaftsgruppen, die monophyletischen Taxa. Ein Monophylum ist somit ein Taxon, welches einen gemeinsamen Ursprung hat und sämtliche Nachfahren dieses Vorfahren enthält.

Warum sind die "Reptilien" nun genau paraphyletisch? Als "Reptilien" oder "Kriechtiere" bezeichnet man im traditionellen Sinn die drei Gruppen der Schildkröten (Testudines), Schuppenechsen (Lepidosauria) und der Panzerechsen (Crocodylia). Die Panzerechsen oder Krokodile gehören innerhalb der Reptilien zu einem Zweig, den man Archosaurier (Archosauria) nennt. Zu jenem Zweig gehören auch die ausgestorbenen Pterosaurier und die Dinosaurier. Wir wissen heute, dass die Vögel (Aves) sich im Jura aus kleinen, flinken Dinosauriern entwickelt haben. Eigentlich sind die Vögel aus phylogenetischer Sicht nichts anderes als ein bis heute existierender Zweig im Stammbaum der Dinosaurier und damit sind sie die nächstlebenden Verwandten der Krokodile, die ja ebenfalls Archosaurier sind. Das heißt also, dass Krokodile mit den Vögeln näher verwandt sind als mit allen anderen Gruppen der klassischen "Reptilien" (Schildkröten und Schuppenechsen), man spricht deshalb auch von einem Schwestergruppenverhältnis. Die "Reptilien" sind demnach deshalb paraphyletisch, weil sie die Vögel nicht mit einschließen, sie müssten aber, um monophyletisch zu werden, auch die Vögel enthalten. Das Monophylum bestehend aus den "klassischen" Kriechtieren und den Vögeln wird heute Sauropsida genannt. Die Sauropsida umfassen also die Schuppenechsen bestehend aus den Schnabelköpfen (Rhynchocephalia, heute nur noch eine Art: die Tuatara Sphenodon punctatus) und den Schuppenkriechtieren (Squamata, Echsen und Schlangen) sowie die Schildkröten und die Archosaurier, die heute nur noch durch die Krokodile und die Vögel als einzig verbliebenem Zweig der Dinosaurier vertreten sind.

Der Ursprung der Vögel ist damit geklärt. Es handelt sich bei ihnen im Grunde genommen um nichts anderes als um fliegende Dinosaurier. Wie sieht es aber mit den Säugetieren (Mammalia) aus?
Die Sauropsiden ("Reptilien" und Vögel) sind Teil einer Gruppe von Landwirbeltieren (Tetrapoda), die man Amniontiere (Amniota) nennt. Sie repräsentieren die Schwestergruppe der Amphibien (Lissamphibia). Die Amphibien sind stets darauf angewiesen, zur Eiablage ins Wasser zurückzukehren (nur einige wenige Spezialisten wie der Alpensalamander (Salamandra atra) sind lebendgebärend). Die Amnioten dagegen entwickeln sich vom Wasser weitgehend unabhängig. Möglich macht das eine neue Eihülle, die Schafshaut (Amnion), die den Embryo im Ei umhüllt und ihn schützt. Bei vielen Arten sind die Eier zusätzlich mit einer Kalkschicht oder einer pergamentartigen Hülle vor dem Austrocknen geschützt.

Auch die Säugetiere sind Amnioten und bilden während ein Amnion aus - die meisten der rund 5000 Säugetierarten sind jedoch lebendgebärend, unter ihnen legen nur noch die Kloakentiere (Monotremata) Eier. Die Säugetiere gehören jedoch nicht zu den Sauropsiden, sondern sind Angehörige des zweiten großen Zweigs der Amniota, den man Synapsida nennt. Die Vorfahren der Säugetiere fasst man informell häufig unter der Bezeichnung Säugerähnliche Reptilien (Pelycosauria) zusammen (Wichtig für das Verständnis: die Pelycosaurier und alle nachfolgenden Gruppen sind nur dann monophyletisch, wenn sie die Säugetiere einschließen!). Zu dieser Gruppe der Synapsiden gehören beispielsweise ausgestorbene Formen wie Dimetrodon. Dimetrodon war aber kein direkter Vorfahre der Säuger, sondern ist eher als ein Seitenzweig der Pelycosaurier zu verstehen. Diejenige Gruppe, aus der die Säugetiere hervorgingen (und zu der sie selbst gerechnet werden müssen), bezeichnet man als Hundezähner (Cynodontia). Die Cynodontier vereinten schon etliche Säugetier-Merkmale. Bekannt sind beispielsweise Cynognathus oder Thrinaxodon. Vermutlich waren diese Formen schon warmblütig und besaßen ein Fell. Man nimmt an, dass sie ihre Beine schon senkrecht unter dem Körper trugen, nicht seitlich vom Körper abgespreizt wie eine Echse, und die Wirbelsäule sich in dorso-lateraler Richtung (von rückenwärts nach bauchwärts) bog und nicht latero-lateral (seitlich schlängelnd). Trotzdem waren diese Cynodontier noch keine echten Säugetiere.
Hierfür musste es erst noch zu einem Umbau des Kieferapparats und des Mittelohrs kommen. Bei den ursprünglichen Cynodontiern wird (wie bei den Sauropsiden) der Unterkiefer aus mehreren Knochen gebildet. Das Kiefergelenk bildet sich aus dem Quadratum des Oberkiefers und dem Articulare des Unterkiefers. Dieses Quadrato-Articular-Gelenk wird als primäres Kiefergelenk bezeichnet. Die frühen Cynodontier besitzen, wie die "Reptilien" nur einen Gehörknochen, die Columella. In der Evolution der Säugetiere kam es zu einer Verlagerung des primären Kiefergelenks in das Mittelohr, wo es Teil der drei Gehörknochen wurde. Aus dem Articulare wurde der Hammer (Malleus), das Quadratum wurde zum Amboss (Incus) und der Steigbügel (Stapes) der Säugetiere ist homolog zur Columella. Es kam bei den Säugern somit zu einem Funktionswechsel vom Öffnen-Schließen des Kieferapparates hin zur Schallleitung. An die Stelle des ursprünglichen Kiefergelenks tritt bei Säugern ein neues Kiefergelenk, das sekundäre Kiefergelenk. Der Unterkieferast der Säuger besteht nur noch aus einem einzigen Knochen (Dentale), der mit dem Schuppenbein (Squamosum) artikuliert. Das sekundäre ist also ein Squamoso-Dental-Gelenk. Hinweise auf diese Evolution geben uns fossile Vertreter später Cynodontier, die beide Kiefergelenke ausgebildet haben wie z. B. Morganucodon.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: die "Reptilien" im klassischen Sinn gibt es eigentlich nicht. Sowohl die Säugetiere als auch die Vögel entwickelten sich aus "reptilienartigen" Vorfahren. Die Säuger gingen aus den zu den "säugerähnlichen Reptilien" zählenden Cynodontiern etwa ab dem Ende der Trias hervor. Die Vögel entwickelten sich im Jura aus den Dinosauriern.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Dankesehr, ziemlich ausführlich erklärt!

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