Hatten Sokrates oder Platon etwas GEGEN Frauen?

7 Antworten

Platon war ein ziemlicher Feminist. Es war Aristoteles, der die Frau unter den Mann gestellt hat.

Angebracht ist, etwas Gehörtes nicht unkritisch zu übernehmen, sondern zu überprüfen. Wer so etwas behauptet, hat sich der Anforderung zu stellen, dafür Belege anzugeben. Die Aussage, Sokrates und Platon hätten etwas gegen Frauen gehabt und Frauen als nur halb so viel wert wie Männer beurteilt, stimmt nicht.

Richtig ist vielmehr: Der geschichtliche Sokrates (zu unterscheiden von Sokrates als Figur von Dialogen anderer Autoren) hat keine schriftlichen philosophischen Werke verfaßt und es gibt von ihm keine erhaltene Äußerung, aus der seine Auffassung zu dem Thema hervorgeht. Platon hat in starker Abweichung von üblichen Auffassungen seiner Zeit in seinem Entwurf eines besten Staates eine Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen vertreten. Allerdings meinte er, die durchschnittliche Leistungsfähigkeit von Frauen sei in allen Bereichen geringer als die von Männern.

Sokrates

Sokrates war mit Xanthippe verheiratet und hatte 3 Söhne (Lamprokles, Sophroniskos und Menexenos).

Einigen Anekdoten über Reibereien sollten nicht vorschnell dazu verleiten, von Xanthippe ein Zerrbild einer zanksüchtigen Ehefrau zu entwerfen. Sokrates ist mit ihr zusammengeblieben und die Erzählungen enthalten von seiner Seite keine abwertenden Urteile über Xanthippe oder Frauen allgemein.

Ein überlieferter Ausspruch zum Thema Heirat führt auch nicht zu solchen Rückschlüssen.

Diogenes Laertios 2, 5, 33: ἐρωτηθεὶς πότερον γήμαι ἢ μή, ἔφη, "ὃ ἂν αὐτῶν ποιήσῃς, μεταγνώσῃ." „Gefragt, ob er [der Fragesteller] heiraten solle oder nicht, sagte er [Sokrates]: »Was davon du auch tun wirst, du wirst es bereuen«.“

Eine mögliche Deutung:

Heirat/Ehe ist nicht etwas, das rein/unvermischt Gutes oder Schlechtes zur Folge hat, sondern hat der Möglichkeit nach eher angenehme und eher unangenehme Seiten. Sowohl bei einer Entscheidung für eine Ehe als auch bei einer Entscheidung gegen eine Ehe können daher auch Unannehmlichkeiten, Beschwerlichkeiten und Nachteile auftreten. In diesem Augenblick kann ein Empfinden der Unzufriedenheit auftreten und der Wunsch, es wäre anders. Die eigene Entscheidung wird dann zumindest unter einem bestimmten Gesichtspunkt bedauert.

Wer nach einer Empfehlung zum Thema Heirat oder nicht fragt und eine Glücksgarantie erwartet bzw. einen Rat, der lauter Vorteilhaftes und Angenehmes und nichts sonst aufzeigt, wird eher für Unzufriedenheit anfällig sein und einen Schritt bereuen, wenn etwas Unangenehmes erlebt wird.

Informationen zu Sokrates bietet z. B.:

Klaus Döring, Sokrates, die Sokratiker und die von ihnen begründete Tradition. In: Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/1). Herausgegeben von Hellmut Flashar. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1998, S. 141 – 178

Platon

Platon war nicht verheiratet und hatte keine Kinder.

In seiner philosophischen Schule, der Akademie, war das weibliche Geschlecht zugelassen. Zwei Namen von Frauen zu seiner Lebenszeit sind bekannt: Nach antiker Überlieferung (Diogenes Laertios 3, 46 und 4, 2) sind Axiothea aus Phleious und Lastheneia aus Mantineia Schülerinnen der platonischen Akademie gewesen.

Im Dialog ›Symposion‹ halten die Teilnehmer Reden über das Wesen, die Beschaffenheit und die Entstehung des Liebesgottes Eros (Ἔρως) bzw. der Liebe (ἔρως). Sokrates (die Figur des platonischen Dialoges) teilt etwas von dem mit, das er von Diotima, einer Frau aus Mantineia gehört habe, die in diesen und in vielen anderen Dingen weise gewesen sei (Platon, Symposion 201d – 212c).

Platon tritt in seinem Dialog ›Politeia‹ beim Entwurf eines besten Staates für Gleichberechtigung und Gleichstellung von Männern und Frauen ein. Erziehung und Bildung sowie öffentliche Aufgaben und Funktionen sind darin beim Wächter- und Philosophenstand grundsätzlich gleich.

Die zentrale Stelle dafür ist Platon, Politeia 451 c – 457 b. Die Dialogfigur Sokrates legt im Zusammenhang der Erziehung und Bildung der Wächter (einschließlich der zukünftigen Philosophenherrscher) dar, auch Frauen sollten auf gleiche Weise erzogen und (aus)gebildet werden.

Begründung der Gleichheit

Allgemein geht es im Staat das Allgemeinwohl und die Verteilung von Aufgaben und Positionen soll ich nach den Begabungen und Fähigkeiten richten.

Demzufolge kann ein Ausschließen von Bereichen nur berechtigt sein, wenn Frauen und Männern ihrem Wesen nach in einem Gebiet unterschiedlich sind. Platon nimmt nur einen bestimmten biologischen Unterschied als tatsächlich vorliegend an, wobei er dies hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Fortpflanzung anspricht.

Das Gebären (biologischer Unterschied) begründet nicht, allgemein Tätigkeiten als für Frauen ungeeignet zu erklären. In einem Hundevergleich wird darauf verwiesen, Hündinnen zum Wachen und Jagen einsetzen zu können. Es ist bei einer Begründung, die sich auf die Naturbegabung/Fähigkeit bezieht, zu beachten, wofür eine unterschiedliche natürliche Anlage von Belang ist. Nebensächliche Umstände wie der, ob jemand kahlköpfig ist oder volles Haupthaar hat, sind ja auch dafür ohne Bedeutung, ob jemand geeignet ist, als Zimmermann tätig zu sein. In der allgemeinen Art der natürlichen Begabung gebe es keinen Unterschied. Eine gewisse Einschränkung besteht in der Aussage, Frauen seien dabei im allgemeinen schwächer (womit ein Übertreffen im Einzelfall nicht ausgeschlossen ist). Eine Frau ist im platonischen Staat grundsätzlich aber als Philosophenherrscherin denkbar. Philosophen (bzw. Philosophinnen) haben erst mit 50 Jahren ihren Ausbildungsweg abgeschlossen. Bei der Philosophenherrschaft können eine einzelne Person oder mehrere Personen an der Spitze stehen (Politeia 540).

eine Kernaussage (Platon, Politeia 455 d – e):
οὐδὲν ἄρα ἐστίν, ὦ φίλε, ἐπιτήδευμα τῶν πόλιν διοικούντων γυναικὸς διότι γυνή, οὐδ᾽ ἀνδρὸς διότι ἀνήρ, ἀλλ ὁμοίως διεσπαρμέναι αἱ φύσεις ἐν ἀμφοῖν τοῖν ζῴοιν, καὶ πάντων μὲν μετέχει γυνὴ ἐπιτηδευμάτων κατὰ φύσιν, πάντων δὲ ἀνήρ, ἐπὶ πᾶσι δὲ ἀσθενέστερον γυνὴ ἀνδρός.

„[Sokrates:] Keine Aufgabe/Beschäftigung/Tätigkeit derer, die den Staat verwalten, also, Freund, gibt es für die Frau, weil sie eine Frau ist, oder für den Mann, weil er ein Mann ist, sondern die natürlichen Anlagen sind bei beiden Lebewesen auf gleiche Weise verteilt und an allen Beschäftigungen/Tätigkeiten hat einerseits die Frau ihrer Natur nach Anteil, andererseits der Mann, bei allem aber ist die Frauen schwächer als der Mann.“

Schwäche der Frau

Die Verteilung von Begabungen unter die Geschlechter nimmt Platon als gleich verteilt an. Frauen hält er im Regelfall für schwächer (eine Beurteilung als „halb so viel wert“ kommt aber nicht vor). Dies betrifft nicht allein direkt die Körperkraft, sondern als Ergebnis geringerer Kraft nimmt er allgemein in allen Bereichen eine geringere durchschnittliche Leistungsfähigkeit von Frauen an, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Ausnahmen sind dabei möglich. Im Einzelfall kann also eine Frau dieser Ansicht nach einen Mann durchaus übertreffen. Auch Frauen können sich durch Begabungen als in Bereichen vortrefflich auszeichnen, z. B. in der Heilkunst, in musischen Künsten, im Sport, in militärischen Angelegenheiten, in der Weisheitsliebe, in der Willenskraft, in der Geschicklichkeit zum Bewachen.

Platon, Politeia 455 c – d:
οἶσθά τι οὖν ὑπὸ ἀνθρώπων μελετώμενον, ἐν ᾧ οὐ πάντα ταῦτα τὸ τῶν ἀνδρῶν γένος διαφερόντως ἔχει ἢ τὸ τῶν γυναικῶν; ἢ μακρολογῶμεν τήν τε ὑφαντικὴν λέγοντες καὶ τὴν τῶν ποπάνων τε καὶ ἑψημάτων θεραπείαν, ἐν οἷς δή τι δοκεῖ τὸ γυναικεῖον γένος εἶναι, οὗ καὶ καταγελαστότατόν ἐστι πάντων ἡττώμενον;

ἀληθῆ, ἔφη, λέγεις, ὅτι πολὺ κρατεῖται ἐν ἅπασιν ὡς ἔπος εἰπεῖν τὸ γένος τοῦ γένους. γυναῖκες μέντοι πολλαὶ πολλῶν ἀνδρῶν βελτίους εἰς πολλά• τὸ δὲ ὅλον ἔχει ὡς σὺ λέγεις.

„[Sokrates:] Kennst du nun etwas von den Menschen Betriebenes, worin nicht in all diesen Hinsichten das Geschlecht der Männer sich unterschiedlich/in ausgezeichneter Weise/vorzüglich im Vergleich zu dem Geschlecht der Frauen verhält? Oder sollen wir weitläufig reden und von der Webekunst sprechen und von der Besorgung des Backwaren und der Kochspeisen, in denen bekanntlich das weibliche Geschlecht etwas zu taugen scheint, worin unterlegen zu sein, das allerlächerlichste ist?

Du redest wahr, sagte er [Glaukos], daß in sozusagen allem jenes Geschlecht diesem Geschlecht weit übertrifft. Zwar sind viele Frauen in vielem besser als viele Männer. Im Ganzen aber verhält es sich so, wie du sagst.“

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eine gründliche und ausführlich wissenschaftliche Untersuchung, mit vielen Quellenangaben und Erörterung wissenschaftlicher Literatur, enthält (die Autorin neigt anscheinend in der Geschlechtertheorie eher einer Differenztheorie zu, was in der Beurteilung – nicht in der Ermittlung und Deutung der Aussagen in Quellentexten – manchmal ein wenig Auswirkungen haben kann):
Sabine Föllinger, Differenz und Gleichheit : das Geschlechterverhältnis in der Sicht griechischer Philosophen des 4. bis 1. Jahrhunderts v. Chr. Stuttgart : Steiner, 1996 (Hermes : Einzelschriften ; Heft 74), S. 56 – 117 (Teil II. Platon und die Gleichheit der Geschlechter)

S. 75 (eine Folge des bei Platon insgesamt zu beobachtenden Fehlens einer vertieften Reflexion der Geschlechterdifferenz): „Zum einen wird der Unterschied in der Leistung, der von Platon durchaus noch gesehen wird, als quantitativer Unterschied betrachtet und mit der größeren Körperkraft der Männer begründet. Diese Sicht wird verallgemeinert, so daß generell der Mann als der Frau überlegen angesehen wird, womit aber die Frau auch immer als eine Art verkürzter Mann erscheint.“

S. 85: „Wie im letzten Kapitel gezeigt, argumentiert Platons Sokrates […] widersprüchlich, da er einerseits hervorhebt, daß die Frauen prinzipiell zu allem auf dieselbe Weise befähigt seien wie die Männer, dann aber (455 C 4ff.) ausführt, sie könnten alles ein wenig schlechter. Dabei wird mit dem aus dem Bereich der körperlichen Stärke stammenden Begriff ἀσθενέστερον (455 E 1) die Unterlegenheit bezeichnet. Daraus folgt, daß die Frau stets ein unvollkommener Mann bleibt, da sie zwar potentiell zu allem befähigt ist, aber in der Regel hinter der durch männliche Stärke in verschiedenen Bereichen gesetzten Norm zurückbleibt.“

S. 114: „Ebenso kann man aber auch von einer Ausblendung der Realität bei der Behandlung des Geschlechterverhältnisses im politischen Bereich sprechen. Denn hier entwickelt Platon seine Vorstelligen im Rahmen von Idealstaatskonzeptionen, was ihm ermöglicht, ohne eine komplexe Analyse der biologischen und sozialen Realität der Geschlechter einen Optimalzustand zu beschreiben, dessen konkrete Umsetzung im einzelnen für ihn nicht relevant ist. Dabei wird zugunsten einer als ‘Gleichartigkeit’ gefaßten Gleichheit der Geschlechter die geschlechtliche Differenz allein im unterschiedlichen Fortpflanzungsbeitrag gesehen. Zu einer solchen Reduktion kann Platon kommen, da er der geschlechtlichen Differenz keine hohe Bedeutung beimißt.“

S. 291: „Die Auffassung, daß Frau und Mann dieselbe Natur und dieselbe Tugend haben, hat zur Folge, daß die bestehenden Unterscheide zwischen den Geschlechtern als Konvention erscheinen, die es durch eine geeignete Erziehung zu überwinden gilt. Doch indem Platon das als typisch männliche Geltende - sei es in Form von staatlichen Funktionen oder Eigenschaften wie körperlicher Stärke – als Norm betrachtet, ist eine Veränderung der Geschlechterrollen gleichbedeutend mit einer Erziehung der Frau zu männlichen Eigenschaften. Dies wird durch die Abwertung des Oikos, dessen Eliminierung in seinen Staatsutopien als ideal gilt, verstärkt. So aber bleibt die Frau letztlich ein unvollkommener Mann, da sie das höchste Ziel aufgrund ihrer Unterlegenheit im Normalfall nicht erreichen kann. Die Inferiorität der Frau sieht Platon überall gegeben, indem er den Mangel an körperlicher Stärke auf alle Bereiche überträgt – selbst auf die, die herkömmlicherweise das eigentliche Betätigungsfeld der Frauen, wie Weben, Kochen, Kleinkinderziehung, darstellen.

In den platonischen Staatsutopien stellt das oberste Ziel die Eudämonie des Staates dar, die allein durch die Einheit des Staates gewährleistet wird. Diese aber sieht Platon durch die Teilung in geschlechtsspezifische Bereiche gefährdet. Deshalb dient auch die – in der Politeia nur für den Wächterstand geltende, in den Nomoi auf alle Schichten bezogene – an die Männererziehung angeglichene Erziehung der Frauen allein dazu, die Spaltung in zwei, mit den unterschiedlichen Geschlechtern gegebene, verschiedene Bereiche zu eliminieren. Da Platon die Erziehung und Bildung der Frauen nur unter der Perspektive ihres Nutzens für den Staat sieht, für den sei als „die andere Hälfte“ ein wichtiges Potential darstellen, ist es nicht möglich, seine Vorstellungen mit dem modernen Begriff des Feminismus zu verbinden.“

kürzere Abhandlung mit Hinweisen auf weitere Literatur:
Julia Annas, Politics and ethics in Plato's Republic (Book V 449a-471c). In: Platon, Politeia. Herausgegeben von Otfried Höffe. 3., bearbeitete Auflage. Berlin : Akademie-Verlag, 2011 (Klassiker auslegen ; Band 7), S. 105 - 120

eine Darstellung im Internet, aus dem ein Gegensatz Platons zu Aristoteles deutlich wird, in dessen Theorie der gängigen Aufassung seiner Zeit entsprechend Frauen nicht gleichberechtigt und gleichgestellt sind:

http://www.uni-leipzig.de/~frages/uploads/media/P._Heuer_Platon_Aristoteles.pdf

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@Albrecht

Danke...und schön, dass man sich die die Klassiker wieder einmal angeschauen konnte...DH

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Das hat nichts mit Platon, Sokrates oder Aristoteles zu tun. In der altgriechischen Gesellschaft genoss de Frau generell kein hohes Ansehen.