Wurden in Deutschland vor 1941 Deutsche (Sütterlin) und Lateinische Schreibschrift parallel an Schulen gelehrt und angewandt?

2 Antworten

Grundsätzlich gilt: bis 1941 war im deutschsprachigen Raum eine Zweischriftigkeit gegeben. Es wurde sowohl Kurrentschrift (deutsche Schreibschrift, deren vorletzte Stufe Sütterlin war, wobei dieses nur eine Schulausgangsschrift war) als auch Latainschrift gelehrt. Analog war das auch im Druckwesen. Die einen drückten Fraktur, die anderen Antiqua. Es gab in den Jahrzehnten zuvor einen regelrechten Streit um dir Schrift. Aber eines ist Fakt: Fraktur wurde bis 1941 mehrheitlich gedruckt. Si wurde auch der Duden bis dahin ausschließlich in Fraktur gedruckt. Die 1942er Ausgabe war dann ein Nachdruck der 1941er in Antiqua. ... Und ähnlich war es auch bei der Schreibschrift. Zuletzt war deutsche Schrift bzw. Kurrentschrift (aus der L. Sütterlin seine Schulausgangsschrift geformt hatte) Schulausgangsschrift Nr. 1. Zweite Schulausgangsschrift war die lateinische. Übrigens hatte Herr Sütterlin parallel auch ein lateinisches Alphabet geformt. Das ist weniger bekannt. Ab 1941 wurde nur Lateinschrift gelehrt. Was zuvor als "artfremd" bezeichnet worden ist, galt nun als "Normalschrift". ... Nach dem Krieg waren in einigen westdeutschen Ländern bis in die End-60er Jahre die deutsche Schrift noch einmal zumindest 2. Schulausgangsschrift, bevor das ganz aufhörte. Dann war nur noch Lateinschrift im Lehrplan.

Was genau meinen Sie mit "Zweischriftigkeit"?  Wurde in jeder Schule jedem Schüler beides gelehrt? Wohl kaum. Oder war die Deutsche Kurrentschrift für jede Schule und jeden Schüler Pflicht, die Lateinische Kurrentschrift aber nur zusätzliches, freiwilliges Lehr- und Lernangebot an manchen Schulen?

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Seit der Zeit der Humanisten gab's in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum tatsächlich beide Schriftarten. Goethe z.B. hatte mal deutsch und mal Lateinschrift geschrieben. Zumindest ab1935 war deutsche Schrift 1. und die lateinische 2. Schulausgangsschrift. Näheres findet man u.a. bei Wikipedia. Schau auch mal nach Schriftenstreit.

Ob im Druck oder in der Handschrift: es gab beides, nicht selten sogar gemischt. In Kurrenttexten bzw. Frakturtexten konnten lateinische oder französische Zitate pp. auch im Lateinschrift stehen. Auch Personennamen sind oft in Lateinschrift geschrieben worden. Kirchenbücher belegen das oft. Ich habe schon Dokumente gesehen, wo ein lateinisches Wort in Lateinschrift geschrieben stand inmitten eines Kurrenttextes, die deutsche Endung dieses Wortes aber dann auch wieder in Kurrentschrift stand. ... Mein Eindruck ist der, dass in Druck und Handschrift aber die deutsche Schrift (Fraktur bzw. Kurrentschrift) überwog. ... Ob jede Schule gleichermaßen deutsche und lateinische Schrift gelehrt hatten, kann ich natürlich nicht sagen. Jedenfalls galt für deutsche Schrift als die erste (zuerst und wohl maßgeblich zu lernende) und lateinische Schrift als 2. (wohl nachrangige)

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Eingeschult bin ich 1937 worden und da wurde in der Deutschen Schrift geschrieben. Ob die Wende zur Lateinischen Schrift im Deutschen Reich 1941 erfolgte? Um diese Zeit war es!

Sehr geehrter Herr Kuppelwieser! Zunächst einmal sage ich "Hut ab!", dass Sie mit 85 oder 86 Jahren noch die geistige Frische besitzen und diese auch anwenden, indem Sie sich des Internets bedienen. Da gehören Sie sicherlich zur Minderheit in Ihrer Altersklasse. Erlauben Sie mir weitere Fragen: wurden Sie mit der Einführung der Lateinischen Schreibschrift, nachdem Sie bereits ca. 5 Jahre lang die Deutsche Schrift verwendeten, gezwungen, auf Lateinische Schrift umzustellen oder hat das jeder Schüler in Ihrer Klasse für sich persönlich ohne Druck entschieden? Kennen Sie gleichaltrige oder ältere Deutsche, die in der Schule ausschließlich die Lateinische Schreibschrift lernten?

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@RobertBecker

Seht geehrter Herr RobertBecker! In der damaligen Zeit wurde niemand gefragt wie er schreiben will. Die Lateinische Schrift wurde eingeführt und damit Basta! Eigentlich erstaunlich bei der damaligen Deutschtümelei, wo ein Lehrer ernsthaft in Erwägung zog, darauf zu dringen, dass ein Mittschüler mit Vornamen Harry einen "deutschen Namen" bekommt! Nun war es aber auch nicht so, dass jemand der außerhalb der Schule die alte Schrift schrieb bestraft wurde. Wir Schüler fanden die neue Schrift eher interessant und die älteren Generationen stellten sich sowieso nicht um, auch nicht im amtlichen Schriftverkehr.

Gruß Kuppelwieser

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