Wie hat die Einführung der Rentenmark 1923 die Inflation gestoppt?

1 Antwort

Die Rentenmark war eine Zwischenlösung, bei der wieder Vertrauen in die Währung entstand. Entscheidend für das Beenden der hohen Inflation war eine große Verminderung der Geldmenge (ein Streichen von 12 Nullen und damit eine große Vernichtung von Guthaben), die dann besser der umlaufenden Gütermenge entsprach, und eine strenge Kontrolle der Geldmenge im Rahmen eines Stabilisierungsprogramms.

http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44822: „Die Hyperinflation des Jahres 1923 endete am 15. November 1923 mit der Ausgabe der Rentenmark. Zur Sicherung dieser Übergangswährung war eine unabhängige "Deutsche Rentenbank" geschaffen worden, der 3,2 Milliarden Rentenmark zu Verfügung standen, theoretisch gedeckt durch eine Hypothek auf das deutsche Gewerbe und die deutsche Landwirtschaft. Gleichzeitig beendete die Reichsbank die Ausgabe neuer Schuldtitel, die öffentlichen Haushalte wurden durch Ausgabendisziplin und Steuererhöhungen konsolidiert.

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Theoretische Anforderungen an die Währungsreform 1923/24

Mit der Hyperinflation von 1922 bis 1923 war das inländische sowie das ausländische Vertrauen in die (Papier-)Mark-Währung ruiniert. Die Wiederherstellung eines funktionsfähigen Geldwesens musste die rasante Umschlagshäufigkeit des Geldes brechen und durch eine glaubwürdige Wertdeckung "garantieren", dass das neue Geld knapp war, also nicht durch die Druckerpresse vermehrt werden konnte.

Konstruktionsidee der Währungsreform

Am 15. Oktober 1923 wurde die "Deutsche Rentenbank" als vom Staat unabhängiges, öffentlich rechtliches Kreditinstitut gegründet und mit einem Grundkapital von 3,2 Milliarden Rentenmark ausgestattet. Gedeckt wurde dieses Grundkapital mit einer Grundschuld, für die das gesamte deutsche Gewerbe sowie die deutsche Landwirtschaft mit jeweils 1,6 Milliarden Rentenmark hafteten. Die Deckung dieser mit 6 % verzinslichen Schuldverschreibungen bestand aus nicht vermehrbaren Sachwerten wie der Leistungskraft der Gewerbevermögen und landwirtschaftlichem Grund und Boden. Auf Basis dieser Schuldverschreibungen, die also 3,2 Milliarden Rentenmark entsprachen, stellte die Deutsche Rentenbank Rentenbriefe aus.

Das vorläufige neue Geld: Rentenbankscheine

Als neues Geld wurden dann am 15. November 1923 auf Rentenmark lautende Rentenbankscheine emittiert; gleichzeitig wurden keine kurzfristigen staatlichen Schuldtitel mehr diskontiert. Seit diesem Datum kursierten zwei Währungen gleichzeitig - die Rentenkmark und die Papiermark.

Dabei galten folgende Wertverhältnisse: Eine Rentenmark entsprach 0,35842 Gramm Feingold. Da der Wechselkurs zu einem US-Dollar 4,2 Billionen (Papier-)Mark betrug und festgelegt wurde, dass 1 Billion (Papier-)Mark einer Rentenmark entsprach, ergab sich zum US-Dollar die Vorkriegsparität von 4,2 Rentenmark pro US-Dollar.

Jedoch kursierte die Rentenmark als provisorische neue Währung nur im Inland, war also nicht konvertibel. Zudem waren die Rentenbankscheine kein gesetzliches Zahlungsmittel, hatten aber die gleiche Funktion, da sie von allen öffentlichen Kassen angenommen werden mussten. Die Knappheit des neuen Geldes wurde auch dadurch unterstrichen, dass die Rentenbank von der Geldmenge von den 3,2 Mio Rentenmark lediglich je 1,2 Milliarden Rentenmark ausgab bzw. dem Staat als zinslosen Kredit eingeräumte, während 0,8 Milliarden Rentenbankscheine als Reserve bei der Rentenbank blieben.

Gleichzeitig lief noch die Papiermark um, wobei nun ein stabiles Wertverhältnis galt - 1 Billion Papiermark entsprach 1 Rentenmark. Neben weiterhin verwendetem Notgeld gab die Reichsbank noch Anfang 1924 als Übergangslösung Papiermark mit hohen Nominalwerten zwischen 5 bis 100 Billionen Mark aus.

Die endgültige Währungsreform: Reichsmark

Mit Ausgabe der Rentenbankscheine begann die für den Erfolg der Währungsreform wichtige Änderung der Wirtschaftspolitik: Die riesige Staatsverschuldung wurde durch drastische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen konsolidiert. Diese Ordnung der Reichsfinanzen ging mit einer strikten Politik der sehr knappen Geldmenge einher. Die neue, provisorische Währung stabilisierte sich schnell. Das Bankgesetz vom 30. August 1924 regelte das Währungssystem mit der Einführung der Reichsmark endgültig.

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Bewertung der Währungsreform

Neben den konkreten wirtschaftspolitischen Maßnahmen der konsequenten Stabilisierung der Staatsfinanzen und der restriktiven Geldpolitik der Deutschen Rentenbank war für den Erfolg der Rentenmark ein gerüttelt Maß an Psychologie ausschlaggebend: Der Begriff der "Rente" war mit einer "Sicherheit" konnotiert, die durch die Deckung der Rentenmark durch nicht beliebig vermehrbares Gewerbekapital sowie Grund und Boden unterlegt war. Diese "sichere Deckung" wäre jedoch faktisch niemals einlösbar gewesen.“

Deine Antworten sind immer wieder absolut beeindruckend!!!

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Eigentlich upvote ich ja keine bloßen Zitatbeiträge, aber für diesen Link muss ich dir doch danken ... (habe selber etliche Treffer abgegrast, die das alle nicht so gut erklärt haben.)

Ein paar Nachfragen hätte ich aber trotzdem noch, ich hoffe, du kannst mir dabei helfe:

  • [...] wurden keine kurzfristigen staatlichen Schuldtitel mehr diskontiert [...]

Was heißt das genau? Google bezeichnet Diskontierung als Voraus- bzw. Zurückrechnung von verzinsten Beträgen, aber in dem Zusammenhang? :(

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