Welche Philosophen haben sich mit "Familie" beschäftigt?

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Auch wenn Philosophen etwas über Familie geschrieben haben, sind Schriften zum Thema vor allem soziologisch, psychologisch, rechtswissenschaftliche, geschichtlich oder ökonomisch.

eine Anzahl von Philosophen, von denen etwas über Familie gibt:

Antiphon, VS DK [Fragmente der Vorsokratiker von Hermann Diels und Walther Kranz] B 49

eine Schrift eines Sokrates-Schülers, der sich unter anderem mit Philosophie beschäftigt hat:

Xenophon, Oikonomikos

Platon, Politeia (besonders 449 – 462; im Entwurf des besten Staates ist für die Gruppe der Wächter Frauen- und Kindergemeinschaft vorgesehen)

Platon Nomoi (besonders 771 – 776; im Entwurf eines guten Staates, mehr auf eine Verwirklichung unter real gegebenen Verhältnissen ausgerichtet, gibt es für alle Gruppen der Bevölkerung privates Familienleben)

Aristoteles, Politik (besonders 1; 2, 1- 6)

Aristoteles, Nikomachische Ethik (besonders 8, 13 - 16)

eine kurze Äußerung von Epikur:

Epicurea, herausgegeben von Hermann Usener, Fragment 526 (in deutschen Übersetzungen der erhaltenen Texte Epikurs ist zu suchen, wo die Aussage jeweils steht)

Antipater (Antipatros von Tarsos), SVF (Stoicorum Veterum Fragmenta [Fragmente der alten Stoiker], herausgegeben von Hans von Arnim) III, Fragment 62 – und 63 (in deutschen Übersetzungen zu stoischen Texten ist zu suchen, , wo die Aussage jeweils steht)

Gaius Musonius Rufus, herausgegeben von Otto Hense, XIII a (in deutschen Übersetzungen ist zu suchen, wo die Aussage jeweils steht)

in der Ἠθικά/Moralia genanten Sammlung einer Gruppe von Schriften eines Autors:

Plutarch, Πεϱὶ παίδων ἀγωγῆς (Über Kindererziehung; lateinischer Titel: De liberis educandis)

Plutarch, Γαμικὰ παϱαγγέλματα (Ehevorschriften/Hinweise für die Ehe; lateinischer Titel: Coniugalia praecepta)

Immanuel Kant, Die Metaphysik der Sitten (1798). Erster Theil. Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre. Der Rechtslehre Erster Theil. Das Privatrecht. Zweites Hauptstück. Von der Art etwas Äußeres zu erwerben. Dritter Abschnitt. Von dem auf dingliche Art persönlichen Recht. § 22 – 30

Johann Gottlieb Fichte, Das System der Sittenlehre nach den Principien der Wissenschaftslehre (1798). Drittes Hauptstück. Systematische Anwendung derselben; oder, die Sittenlehre im engern Sinne. Dritter Abschnitt. Die eigentliche Pflichtenlehre. Übersicht der besonderen Pflichten. §. 27. Über die Pflichten des Menschen nach seinem besondern natürlichen Stande. A) Vom Verhältniß der Ehegatten. B ) Über das Verhältniß der Eltern, und Kinder, und die aus diesem Verhältniß entspringenden gegenseitigen Pflichten.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821). Dritter Theil. Die Sittlichkeit. Erster Abschnitt. Die Familie. § 158 – 181

Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei (1848). II. Proletarier und Kommunisten

Friedrich Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats. Im Anschluss an Lewis H. Morgan's Forschungen (1884)

Karl Marx, James-Mill-Exzerpte, Marx-Engels-Werke (MEW) Ergänzungsband 1 (1968)

Bertrand Russell, Marriage and Morals (1929)

es gibt deutsche Übersetzungen z. B.:

Bertrand Russell, Ehe und Moral : eine Sexualethik. Deutsch von Magda Kahn. München : Drei Masken Verlag, 1930

Bertrand Russell, Ehe und Moral. Einzig berechtigte deutsche Übersetzung von U. C. A. Krebs. 2. Auflage. Darmstadt : Darmstädter Blätter, 1984. ISBN 3-87139-082-8

Claude Lévi-Strauss, Structures élémentaires de la parenté (1949)

deutsche Übersetzung:

Claude Lévi-Strauss, Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft. Übersetzung von Eva Moldenhauer. 1. Auflage. Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1993 (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft ; 1044). ISBN 3-518-28644-7

Arnold Gehlen, Moral und Hypermoral. Eine pluralistische Ethik (1969)

Hinweise enthalten z. B. folgende Artikel in Nachschlagewerken:

Hans Rudolf Schweizer, Familie; Ehe. I. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 895 - 898

Jürgen Frese, Familie; Ehe. II. 1. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 898 – 901

Christel Langewellpott, Familie; Ehe. II. 2. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 901 – 902

Winfried Mackenthun, Familie; Ehe. II. 3. und 4. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 902 - 903

Wilhelm Dreier, Familie; Ehe. II. 5. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 2: D – F. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1972, Spalte 903 – 904

Alfred Schöpf, Familie. In: Lexikon der Ethik. Herausgegeben von Otfried Höffe. Originalausgabe, 7., neubearbeitete und erweiterte Auflage. München : Beck, 2008 (Beck'sche Reihe ; 152), S. 76 - 78

Du suchst vermutlich Äußerungen in philosophischen Schriften. Denn womit sich Philosophen sonst so beschäftigen, spielt überhaupt keine Rolle.

Aristoteles. In der Politik, der Nikomachischen Ethik und der Eudemischen Ethik. Zu Aristoteles' Zeit war aber Philosophie mehr oder weniger Alles (einschließlich Biologie und Pyhsik), d.h. was später als Disziplin ausdifferenziert war, wurde damals noch unter dem Dach der Philosophie oder als Teilgebiet der Philosophie betrieben.

Denn: Familie ist heute nicht mehr Gegenstand der Philosophie, sondern bestenfalls der Geschichtswissenschaft und Soziologie, ferner der Rechtswissenschaft (sofern das eine Wissenschaft ist) und der Ethnologie, vielleicht auch noch der Psychologie. Kein Philosoph spricht heute mehr als Fachmann für Philosophie über "Familie" (was für eine Familie?), bestenfalls als Privatmann oder bei Festvorträgen.

Klar, jeder kann sich Philosoph nennen, sogar wenn er Precht oder Sloterdijk heißt, was mit Philosophie so viel zu tun hat wie die Salatstauden bei meiner Tante mit Landwirtschaft. Man kann das auch gut finden (Precht und Sloterdijk, meinetwegen auch die Salatköpfe), vielleicht ist ja manches davon gut, aber das ist immer noch nicht Bestandteil des Diskurses unter (akademischen) Philosophen. Ich nenne ja auch nicht jeden Käfersammler Biologen, selbst wenn ich mindestens einen ganz nett fand.

Das Problem ist dann freilich, dass Aristoteles noch ganz andere "Familien" vor Augen hatte, als er schrieb, während die modernen Philosophen eben nicht mehr über die modernen und postmodernen Familien schreiben.

Ich habe gegoogelt, ob ich was von Max Weber (ein Soziologe oder so ähnlich) zum Thema Familie finde, bin aber nur darauf gestoßen:

http://books.google.de/books?id=0TkVQap9_44C

(Du kannst mal online reinblättern, wirst aber keine Philosophen finden.)

Es gibt ein Essay des Philosophen Bertrand Russel, On Education, especially in early childhood (1926) und Marriage and Morals (1929), die aber keine philosophischen Ansprüche erheben. Ich erwähne es nur, weil es sehr nett und einfallsreich ist (Russel hatte große Erfahrung mit Kindern, auch darin, die Kinder aus der zweiten Ehe irgendwie mit der dritten Ehe zu versöhnen ...), und wenn Du mehr über Familien arbeiten möchtest (Referat oder so), wäre das immerhin ein hübscher Ausgangspunkt.

Dazu der wikipedia-Artikel: http://en.wikipedia.org/wiki/Marriage_and_Morals (es gibt den Artikel auch auf Deutsch)

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@Oberfrosch

Was uns wiederum zu einem weiteren wikipedia-Artikel führt (entschuldige, normalerweise greife ich nur im Notfall auf wikipedia zurück, aber ich habe sonst nichts zu diesem Begriff): http://de.wikipedia.org/wiki/Polyamory

Da findest Du einige Philosophen -- allerdings haben sich die wenigsten zu dem Thema geäußert, in ihrer Eigenschaft als Philosophen schon gar nicht.

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Vielen Dank für die tollen Literaturtipps!

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