Welche Folgen hätte ein Scheitern der gesamteuropäischen Währung für die einzelnen Länder als auch für die EU im allgemeinen?

7 Antworten

Das ist eine ziemlich lange Kette. Um hier mal einen Zusammenhang herauszugreifen:

Nehmen wir mal an der Euro scheitert und jeder bekommt wieder eine eigene Währung....

wirtschaftlich schwache Länder würden "abwerten", also eine schwache Währung bekommen. Damit wären sie attraktiv für Einkäufe aus dem Ausland, da ihre Artikel für den Einkäufer relativ günstig wären (gut für Länder die viel exportieren). Dafür wäre Vieles was sie importieren für sie teuer (Rohstoffe, Nahrungsmittel, ...).

Länder die wirtschaftlich stark sind (wie Deutschland) würden hingegen aufwerten, also eine starke Währung bekommen. Dadurch würde es für das Ausland teuer werden, bspw. Maschinen, Autos, Flugzeuge, Waffen, etc zu kaufen und die Exporte würden zurückgehen. Für ein Land das mehr exportiert als importiert, so wie wir, wäre das wirtschaftlich enorm schädigend.

Durch unsere Teilhabe am Euro sitzen wir sozusagen im Schlaraffenland, in einer wirtschaftlichen Situation die auf dem freien Markt nicht "natürlich" entstehen kann. Wir sind eine wirtschaftlich starke Exportnation mit einer vergleichsweise schwachen Währung (weil die schwächeren Mitgliedsstaaten sie "runterziehen"). Dadurch scheffeln wir Geld wie Heu.

Es ist auch hier wie überall im Kapitalismus: Der Wohlstand der Einen sind die Schulden der Anderen. Wenn wir unseren Nachbarn großkotzig erzählen sie sollten mal besser so gut wie wir wirtschaften, dann sollten wir uns hin und wieder daran erinnern: Uns geht es so gut WEIL es den Anderen so schlecht geht.

Eine starke Exportnation war Deutschland vor dem Euro auch schon und wird es auch nach dessen Abschaffung sein.

Dass Argument, der Euro wäre wegen des Exports wichtig, ist einfach nur falsch.

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@vitus64

Danke für Dein Feedback! Du hast natürlich recht. Es wäre nicht das Ende des deutschen, wirtschaftlichen Erfolges, zumal wir auf einem hohen technologischen Niveau produzieren welches nicht viele andere Länder in dieser Güte liefern können.

Die billige Währung ist nur ein Katalysator, also ein Verstärker. Das Auto fährt auch ohne Turbolader schnell aber MIT fährt's schneller ;)

Die Welt würde nicht aufhören bei uns einzukaufen, es würde nur teurer. Den Mechanismen des Kapitalismus zufolge würden wir also entweder die Preise senken müssen oder weniger absetzen können. In jedem Fall wäre es ein teilweiser Rückgang der Profite. In Zeiten in denen maximales Wachstum als wirtschaftliche Lebensgrundlage gilt, hätte das absolut einen Einfluss auf unseren Wohlstand.

Reales Beispiel: Die Schweiz. Die haben vor kurzem den Franken vom Euro "abgekoppelt" und in die "Freiheit" entlassen. Der hat über Nacht 30 bis 40 Prozent aufgewertet. Mein polnischer Cousin bspw hat (in Polen) eine Hypothek in Franken laufen, da der Zloty und der Euro perspektivisch unsicher schienen. Der Franken ist historisch eine stabile Währung und wenn ich 30 Jahre abbezahle dann will ich das in einer stabilen Währung tun. 

Jetzt hat er plötzlich 30% mehr Schulden :/

Was Anderes ist es natürlich, wenn Du nicht Schulden sondern Vermögen in der Schweiz hast ;)


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Es ist halt die Frage, wie das "Scheitern" abläuft.

Wenn die Währung z. B. durch eine eskalierende Finanzkrise nicht mehr vertrauenswürdig werden sollte, dann würde der Außenwert des Euros ins Bodenlose sinken. Das Ergebnis wäre, dass wir zwar sehr gute Exportbedingungen hätten, uns aber Importe aus Nicht-EU-Staaten nicht mehr leisten könnten.

Wenn mit "scheitern" auch ein Austritt von einem oder mehreren Eurozonen-Ländern gemeint ist, dann wird die Sache diffiziler:

Zum einen funktioniert ein Ausstieg aus dem Euro faktisch nur über eine Währungsreform, die ohne größere Verwerfungen nur durchgeführt werden könnte, indem man sie heimlich vorbereitet, dann eine Bankenschließung für ein paar Tage vornimmt und in dieser Zeit den ganzen Umtausch abwickelt.

Ein geplanter und im Vorfeld kommunizierter Ausstieg eines Landes aus dem Euro würde hingegen im Vorfeld zu Kapitalfluchteffekten führen. Entweder in das austretende Land (weil sich die Märkte dort mehr Außenwert von der neuen Währung erhoffen), oder eben umgekehrt aus dem Austrittsland weg (wenn man die Zukunft des Euros für besser erachtet als die Zukunft im Austrittsland). D. h. eine Seite würde auf jeden Fall massiv in die Röhre schauen.

Bezogen auf den Euro als "Transferunion" (die er ja eigentlich nicht sein soll, de facto aber ist) bedeutet ein etwaiges Ausscheiden gerade größerer Mitgliedsländer, dass die restlichen Länder unter einer massiven Last zu leiden hätten. Denn sie müssten ggf. verstärkt Stützungsleistungen für schwächere andere Euro-Länder erbringen.

Für ein Land, was Schulden im Ausland hat und aus dem Euro austreten will, kommt dann noch die Frage hinzu, ob es mit dem erwarteten Wert der neu wiedereingeführten Nationalwährung in der Lage wäre, auf Euro lautende Altschulden zu begleichen.

In der aktuellen, verfahrenen Lage bzgl. des Euros bin ich persönlich ein Freund einer "koordinierten Auflösung". D. h. Komplettabschaffung des Euros in einer schnellen, konzertierten Aktion. Das wäre der einfachste und sauberste Weg für alle Beteiligten: kurzzeitige Kapitalverkehrskontrollen einführen, dann Banken nach Vorankündigung für ein paar Tage schließen, überall den "Umtausch" vornehmen (was ja primär eine elektronische Transaktion ist, Bargeld kann man hilfsweise "umstempeln", wie das früher auch schon bei anderen Währungsreformen gemacht wurde), und dann wäre das Thema erledigt.

Die gebetsmühlenartige Aussage vieler Politiker, dass wir den Euro ja bräuchten, um innereuropäischen Handel treiben zu können, halte ich für üble Propaganda. Da wird suggeriert, dass es vor dem Euro keinen EU-Binnenmarkt gegeben hätte. Und das ist schlicht Humbug. Auch in Zeiten nationaler Währungen gab es eine funktionierende Wirtschaftsunion mit innereuropäischem, grenzübergreifendem Handel. Mit dem Unterschied zu heute, dass man damals keine Banken in mißwirtschaftenden Ländern stützen musste, keine unangemessenen paneuropäischen Zinsniveaus usw. hatte. Also: am besten schnell weg mit dem Euro!

Sie würde vor allem in Deutschland zu schwersten Belastungen der Exportwirtschaft und einem dramatischen Verlust an Arbeitsplätzen führen.

In anderen EU-Ländern wären die Folgen ähnlich verheerend. Die europäische, also auch die deutsche Wirtschaft würden um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Das weiß niemand so genau, vor allem nicht, wie tiefgreifend die Einschnitte wären und wie schnell eine Erholung eingeleitet würde. Diese Entwicklungen sind ja relativ zu anderen, d.h. es käme auch darauf an, wie die wirtschaftliche Entwicklung in anderen Ländern der Welt wäre, wie stabil die bestehenden wirtschaftlichen Verbindungen. Länder wie Griechenland und Portugal würde es wahrscheinlich furchtbar treffen, weil sie im Prinzip von Europa (und da vor allem von Deutschland) alimentiert werden. In den Zeiten der Neuanpassung würde sich erweisen, wie stabil die einzelnen Wirtschaften wirklich noch sind.

Da es viele Gründe gibt, dass keiner der Beteiligten den EURO von selbst aufgibt (da sind Angst und Unsicherheit viel zu groß) wäre ein Scheitern ja bereits ein unfreiwilliger Zusammenbruch. Bereits in den Vorphasen des Scheiterns würden die Kämpfe losgehen, z.B. bei der Verteilung der Schulden, käme es zu strategischen Bündnissen. Wie das ausgeht, weiß kein Hellseher. Solange Deutschland stabil genug ist, den illusorischen EURO-Laden zusammenzuhalten, werden alle am EURO festhalten und weiterhin Schulden machen, bis es nicht mehr geht.

Welche Folgen hätte ein Scheitern der gesamteuropäischen Währung für die einzelnen Länder als auch für die EU im allgemeinen?

Niemand weis das, genau hier ist ja das problem. Es fehlen auch schlicht, die vergkeiche.