Welche Berufsfelder gibt es im Jugendamt?

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Hi Eliana,

zunächst mal zu den Berufsgruppen. In einem Jugendamt arbeiten meistens im pädagogischen Bereich Sozialarbeiter / Sozialpädagogen. Aber es gibt auch viele Fachbereiche, wo Verwaltungsangestellte in unterschiedlichen Rängen (mittlerer/gehobener Dienst) arbeiten. Z.B. in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe oder der Beistandschaft arbeiten meistens Verwaltungsangestellte. Natürlich gibt es auch Psychologen, Psychotherapeuten oder z.B. Erziehungswissenschaftler.

Folgende Fachbereiche gibt es in Jugendämtern, wobei jedes Jugendamt aufgrund seiner Kommune oder dem Bundesland anders organisiert ist:

- Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD)/ oder Kommunaler Sozialer Dienst (KSD)

Hier werden Kindeswohlgefährdungen überprüft, eingeschätzt und notfalls Kinder gem. § 42 SGB VIII in Obhut genommen. Es gibt große Städte, wo Erstmeldungen ein eigener Fachbereich überprüft und die "Feuerwehr" spielt.

Es werden Beratungen gem. § 16-18 SGB VIII durchgeführt. Also alle Beratungen, wie etwa Sorge- und Umgangsrechtsberatungen, Trennungs- und Scheidungsberatung und allg. Förderung der Erziehung in der Familie.

Gem. § 50 SGB VIII wir das Jugendamt vom Familiengericht an Verfahren beteiligt. Wenn es also ums Sorge- oder Umgangsrecht geht, gibt der ASD eine Stellungnahme ab, damit das Gericht eine Entscheidung treffen kann. Streiten sich also zwei Eltern und scheitere eine Außergerichtliche Beratung, dann muss das Gericht eine Entscheidung treffen, wenn Eltern einen entsprechenden Antrag stellen. Auch wenn es um Sorgerechtsentzüge geht, die auch bzw. meist vom Jugendamt selbst angeregt werden können, schreibt das Jugendamt eine entsprechende gutachterliche Stellungnahme. Der Rechtsbereich ist dann das BGB, z.B. § 1666. Wenn Jugendliche meist mit massiven psychiatrischen Problemen untergebracht werden müssen, geht manchmal nicht ohne geschlossene Unterbringung, z.B. wenn Sie sich oder andere massiv Verletzen könnten. Hierüber muss auch ein Richter entscheiden. Der ASD würde hierzu das Gericht anrufen.

Außerdem entscheidet der Fachbereich über zu gewährende Hilfen gem. § 13,3, 19, 20, 27 - 35a SGB VIII und führt die Hilfeplangespräche anhand § 36 SGB VIII durch. D.h. es werden ambulante Hilfen oder stationäre Hilfen mit den Eltern und Kinder geplant und umgesetzt, die der Sozialarbeiter koordiniert und die Arbeit der Träger, die das durchführen, überwacht. Manchmal werden diese Hilfen auch vom Jugendamt selber durchgeführt mit eigenen Mitarbeitern, oft z.B. Erziehungsbeistandschaft.

Hinzu kommt in vielen kleinen Kommunen die Adoptionsvermittlung, die Erziehungsberatung, Jugendgerichtshilfe oder z.B. Bewehrungshilfe. Entweder decken die Sozialarbeiter alles aber, oder teilen es anhand der Mitarbeiter auf. In großen Städten sind solche Bereiche aufgrund der großen Einwohnerzahl getrennt, damit die Arbeit konzentriert organisiert ist.

- Beistandschaft

Hier arbeiten Verwaltungsangestellte. Die kümmern sich um Unterhaltsansprüche, Sorgerechtserklärungen und anderen Urkunden, sie beraten auch bei Sorgerecht und Umgangsrecht, was sich von der ASD-Beratung hier z.B. wenig unterscheidet.

- Wirtschaftliche Jugendhilfe

Die Hilfen, die der ASD aufgrund einer Anamnese und Zielerarbeitung mit den Betroffenen vorschlägt, wird vor einem Vorgesetzten genehmigt. Die WJH stellt per Verwaltungsakt einen Bescheid über die Leistung / Hilfe aus und zahlt die Kosten, die die Unterbringung oder ambulante Hilfe kostet. Je nach Einkommen werden die Eltern an den Kosten zur Beteiligung herangezogen. Außerdem müssen teilweise Krankenversicherung und andere Sozialversicherung im Zeitraum der Maßnahme manchmal über die Jugendhilfe mit finanziert werden. Darum kümmern sich in der Regel Verwaltungsangestellte.

So, damit hast Du sicherlich schon einen tiefen Eindruck, wobei ich sicherlich nicht alles auf die Schnelle berücksichtigt habe. Vieles davon lernt man im Studium zur sozialen Arbeit und durch die Praxis.

Du hast also viele Möglichkeiten im Jugendamt zu arbeiten.

Danke für deine Antwort, bekommst einen Stern von mir :)
Habe nun auf jeden Fall schon einen besseren Einblick bekommen.
Worüber würde denn zum Beispiel die Adoptionsvermittlung in größeren Städten laufen? Du meintest ja, das ganze würde getrennt ablaufen.
Meinst du damit eine räumliche Trennung oder eine Trennung im Sinne einer anderen Aus-/Weiterbildung der jeweiligen Mitarbeiter?
Ich hoffe man versteht, was ich meine.

@ElianaS04

Organisatorische Trennung. In jedem Fachbereich gibt es passende Fortbildungen. Eine spezielle Weiterbildung z.b. in systematischer Arbeitet ist in der Adoptionsvermittlung nicht so wichtig, wie für einen Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, der z.b. Familienhilfe macht. D.h. aber nicht, das unnötig ist. 

Das Jugendamt hat einen verdammt schlechten Ruf, da würde ich nicht freiwillig hin an deiner Stelle. Du hast da die ganzen Problemfälle am Hals und musst zB viele Hausbesuche durchführen, was nicht immer sehr angenehm ist..

Das ist richtig, aber irgendwer muss den Job ja machen, und mich persönlich interessiert das sehr. Das mit den Problemfällen und Hausbesuchen weiß ich, aber genau da suche ich ja noch nähere Infos zu, vielleicht kann jemand anders noch mehr dazu sagen?

@ElianaS04

Also ich weiß, dass es so Jugendwohngruppen und Heime für Jugendliche gibt. Und auch dort werden die Teenager von den Mitarbeitern des Jugendamtes betreut. Und Kinder/Jugendliche die zu Hause Probleme haben können sich auch an das Jugendamt wenden und können dann in so eine Art Notunterkunft für eine kurze Zeit wohnen. Hast du schonmal gefragt, ob du da ein Praktikum machen kannst?

@LizFlower

Nein, ich habe noch nicht nach einem Praktikum gefragt, weil das für mich im Moment nicht möglich ist. Ich mache ein FSJ und habe keine Ferien oder genug freie Tage, in denen ich ein Praktikum absolvieren könnte :(

Schlechter Ruf = logisch. Überprüft man was, greift man in die Privatsspähre ein - tut man das nicht und es passiert was - dann hat man wieder die A.-Karte. Das Jugendamt gewährt auch Hilfen, die nicht für Problemfälle sind. Aber natürlich hat man es mit Menschen zu tun, die mehr Probleme haben als andere. Polizisten haben auch mehr mit Kriminellen zu tun, als mit verirrten Katzenbabys auf nem Baum.