Was waren die bedeutsamsten Merkmale der impressionistischen Kunst und was bedeutet, dass der Impressionismus die Kunst des sinnlichen Eindrucks darstellt?

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Dem Impressionismus geht es nicht in erster Linie darum, ein Bildmotiv in allen seinen Einzelheiten zu beschreiben/abzubilden, sondern darum, die «Impressionen» einzufangen, die vom Anblick des Bildmotivs ausgelösten Sinneseindrücke in einer möglichst frischen und unmittelbaren Momentaufnahme der optischen/visuellen Gesamtwirkung festzuhalten.

Impressionistische Kunst löst sich von einer Abbildungsfunktion gegenüber einer tatsächlichen Gegebenheit des Objekts. Der Impressionismus will nicht ein Objekt der Wahrnehmung erfassen, sondern den vom Objekt in einem Augenblick/Moment empfangenen Eindruck. Der Impressionismus versucht nicht, ein Objekt genau so, wie es tatsächlich ist, wiederzugeben, sondern so, wie es von einem Subjekt aufgrund empfangener Sinneseindrücke empfunden wird. Es kommt zu einer Verschränkung von Objektivität und Subjektivität, schon weil die Impression, als das sich auf der Netzhaut (Retina) des Auges der Betrachtenden abzeichnende Bild derAußenwelt, eine Schnittstelle zwischen Objekt und Subjekt markiert.

Einige führende Physiologen und Philosophen der damaligen Zeit stellten sich ›reine‹ Sinneseindrücke (ungefiltert, vor einer Verarbeitung der Sinneseindrücke im Gehirn) als ein wirres Durcheinander farbiger Flecken vor.

Merkmale

  • Ziel einer Darstellung des subjektiven Sinneseindrucks, der von einem Objekt in einem Augenblick empfangen wird, mit der Stimmung/Atmosphäre und den Licht- und Schattenwirkungen, in der es in diesem Augenblick erscheint (das Bildmotiv erscheint nicht in einer festen Endgültigkeit, sondern transitorisch [vorübergehend]); der Impressionismus hat aus der naturgegebenen Flüchtigkeit sinnlicher Eindrücke eine Forderung nach Augenblicklichkeit/Momenthaftigkeit [französisch: instantanéité] abgeleitet).
  • typische Bildmotive: Landschaften/Natur und Stadtszenen
  • Vorrang der Farbigkeit: Bei der Bildgestaltung stehen die Farben im Vordergrund, sind hauptsächliche Gestaltungsmittel, nicht Linien/Konturen/Struktur.
  • Einsatz von Farben in einer großen Vielzahl von Nuancen (feinen Abstufungen) und mit großer Leuchtkraft (unter Verwendung ungemischter Grundfarben und ihrer Kontraste; weitgehender Verzicht auf Schwarz und Erdfarben führt zu einer Aufhellung)
  • Auflösen der Umrisse in nebeneinander gesetzte Striche und damit verbundene Tendenz zur Skizzenhaftigkeit (auch weil nicht versucht wird, alle Einzelheiten vollständig wiederzugeben)
  • Aufbau und Perspektive: Verzicht auf geschlossene Bildkomposition und einheitliche Perspektive (Zentralperspektive) als verbindliche Vorgabe
  • scheinbare Zufälligkeit des Bildausschnitts (dadurch bekommen die Bilder etwas Fragmentarisches [Bruchstückhaftes])
  • Ausrichtung auf Vorstellung/Phantasie der Betrachtenden: Dinge werden im Spiel von Farben (die Träger von Licht und Schatten sind) auf der Oberfläche dargestellt. Die eher groben und kurzen Pinselstriche (frei, leicht und locker ohne vorbereitenden Konturen gesetzt) verschmelzen/vermischen sich bei der Betrachtung in gewissem Abstand zu einem Verschwimmen, Flimmern und Flirren der Farben.
  • Maltechnik: Die impressionistischen Maler(innen) betrieben vor allem Freilichtmalerei (französisch: peinture de plein air), malten draußen in der Natur (begünstigt durch die Erfindung von Ölfarben in Tuben, die abschließbar waren [Schutz gegen Austrocknen] und leicht transportiert werden konnten, wodurch es nicht nötig war, die Farben mit großem Aufwand anzurichten und zu mischen; falsch wäre aber die Annahme, Impressionisten hätten überhaupt nicht in Ateliers gemalt).

ein von mir herangezogener Artikel in einem Nachschlagewerk:

Matthias Krüger, Impressionismus. In: Metzler-Lexikon Kunstwissenschaft : Ideen, Methoden, Begriffe. Herausgegeben von Ulrich Pfisterer. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2011, S. 205 - 208

Die Impressionisten malten - auch in Farbe - draußen direkt vor der Natur. Das wurde durch eine technische Erfindung ermöglicht. 1841 wurde nämlich die Ölfarbe in Tuben erfunden, sodass die Künstler ihre Farben nicht mehr im Atelier anrichten mussten.

https://tubedo.de/cms/kategorie/index.php?kategorieid=25

So wurde möglich, die direkte Impression des Lichts auf die Leinwand zu bringen. Die Technik des "Malens mit Licht" war schon vorher vor allem durch den englischen Maler William Turner bekannt und bewundert, der bereits 1775-1851 gut eine Generation vor den Impressionisten lichtdurchflutete See- und Landschaftsbilder schuf. Anders als die Impressionisten aber malte er im Atelier nach Skizzen, sodass eigentlich nur die Skizze seine "sinnlichen Eindrücke" festhielt, die im Prozess des Ausmalens im Atelier aus der Fantasie angereichert wurden. Im Gegensatz zu ihm konnten die Impressionisten ihre Staffelei direkt vor den zu malenden Objekten aufstellen und ohne Zwischenskizze als Bild auf die Leinwand bringen.