Was sind Diäten in der Attischen Demokratie?

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Diäten bedeuten in diesem Zusammenhang Tagegelder/Tagungsgelder.

In der athenischen Demokratie ist im Verlauf des 5. Jahrhunderts, mit Fortsetzung im 4. Jahrhundert v. Chr., eingeführt worden, athenischen Bürgern für die Ausübung politischer Tätigkeit einen (nicht hohen) Geldbetrag zu geben. Diese Zahlungen können als eine Aufwandsentschädigung verstanden werden.

Die Zahlungen erleichterten armen athenischen Bürgern eine wirkliche Partizipation (Teilhabe) an der Politik, was dem Gleichheitsgedanken der Demokratie entsprach. Zugleich sorgten sie für ein gutes Funktionieren der politischen Institutionen (Einrichtungen), weil sie für eine Beteiligung förderlich waren und zahlreiche Bürgern benötigt wurden, um die Volksgerichte, die Ratsversammlung und die Ämter zu besetzen und an der Volksversammlung teilzunehmen (eine Anzahl von 6000 Bürgern in der Volksversammlung war ein Quorum – notwendige Mindestzahl – für bestimmte besonders wichtige Entscheidungen).

Es gibt auch das Wort »Diät« mit der Bedeutung einer bestimmten Ernährungsweise, die auf die Bedürfnisse eines übergewichtigen oder kranken Menschen abgestimmt ist. Dieses Fremdwort »Diät« ist abgeleitet von griechisch δίαιτα (diaita) = Leben, Lebensweise, Diät, Lebensunterhalt, Nahrung. Lateinisch ist daraus das Wort diaeta als Bezeichnung einer (geregelten) Lebensweise geworden.

Das Fremdwort »Diäten« (Plural) ist abgeleitet von lateinisch dies = Tag. Mittellateinisch bedeutete dieta festgesetzter Tag, Tagung. Französisch bildete sich daraus diète = tagende Versammlung. Das Verb »tagen« bedeutet in diesem Zusammenhang eine Tagung/Sitzung/Verhandlung abhalten. Eine Tagung ist eine Zusammenkunft von Personen zum Austausch von Informationen, Gedanken, Vorschlägen und möglicherweise zum Treffen von Entscheidungen.

Das Wort »Diäten« ist in der Gegenwart eine gebräuchliche Bezeichnung für Zahlungen an Mitglieder von Parlamenten (Abgeordnete). Sie gelten als Aufwandsentschädigungen.

Im antiken Griechenland war μισθός (misthos) ein allgemeiner Begriff, der auch für die Tagegelder verwendet wurde.

In der athenischen Demokratie hat es mehrere Arten von Tagegeldern gegeben:

  • für Geschworene in Volksgerichten
  • für Mitglieder des Rates der 500
  • für Teilnehmer an einer Volksversammlung


Einen Lohn/eine Besoldung hat es außerdem für als Soldaten dienende Bürger und möglicherweise auch für manche Amtsinhaber (die politischen Ämter hatten eine Amtsdauer von 1 Jahr) gegeben.

Im 5. oder 4. Jahrhundert ist eine Schaugelderkasse (θεωϱικόν [theorikon]; die öffentlichen Gelder dieser finanziellen Leistung werden im Plural θεωρικά [theorika] genannt) zur Teilnahme an den Theateraufführungen während des Staatsfestes der Großen Dionysien eingerichtet worden.

Einführung der Tagegelder

Mitte des 5. Jahrhunderts ist, von Perikles vorgeschlagen, eine Zahlung für Geschworene, die als Richter in einem Volksgericht tätig waren, eingeführt worden (Aristoteles, Athenaion politeia 27, 3 – 4, Plutarch, Perikles 9). Um 330 v. Chr. betrug das Tagegeld für 1 ganzen Sitzungstag als Richter 3 Obolen.

Wohl ebenfalls etwa Mitte des 5. Jahrhunderts, bald nach den Tagegeldern für die Richter, ist eine Zahlung an Mitglieder des Rates der 500 eingeführt worden. Um 330 v. Chr. betrug das Tagegeld für sie 5 Obolen, Prytanen (Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses Rates der 500, der jeweils 1 Zehntel des Jahres die Aufgabe übernahm, sich besonders um die laufenden Staatsangelegenheiten zu kümmern und dessen besetzung danach ausgetauscht wurde) zusätzlich 1 Obole für Verpflegung (Aristoteles, Athenaion politeia 62, 2).

Etwa 400 v. Chr. oder kurz danach ist eine Zahlung an die Teilnehmer an einer Volksversammlung (ἐκκλησία [ekklesia]) eingeführt worden. Diese Zahlung betrug zuerst 1 Obolos (ὀβολός), dann 2 Obolen, dann 3 Obolen. Später hatte sie eine Höhe von 6 Obolen für eine gewöhnliche Sitzung einer Volksversammlung und Obolen für eine Hauptsitzung einer Volksversammlung (ἐκκλησία κυρία [ekklesia kyria]).

6 Obolen (ὀβολοί) = 1 Drachme (δραχμή; Plural: Drachmen; δραχμές [drachmes] oder δραχμαί drachmai])

Als Oligarchen in einem Umsturz 411 und 404 jeweils für kurze Zeit die athenische Demokratie beseitigten, haben sie Tagegelder abgeschafft. Nach Wiederherstellung der Demokratie sind erneut Tagegelder gezahlt worden.

Informationen:

Jochen Bleicken, Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994, S. 280n – 286 und S. 534 - 538

Mogens Herman Hansen, Die athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes : Struktur, Prinzipien und Selbstverständnis. Deutsch von Wolfgang Schuller. Berlin : Akademie-Verlag, 1995 (Antike in der Moderne), S. 54, S. 99 – 100, S. 135, S. 146, S. 155, S. 164, S. 190, S. 194 - 195, S. 210, S. 249 – 250, S. 263, S. 328, S. 366 und S. 429

Winfried Schmitz, Misthos. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Band 6: Mer – Op. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000, Spalte 269 - 271

Gerhard Thür, Dikastikos misthos. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 3: Cl – Epi. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 1997, Spalte 569 – 570

Jürgen Malitz, Misthos. Die Besoldung des Bürgers in der athenischen Demokratie. Eichstätter Antrittsvorlesung vom 9. Dezember 1991= http://www.gnomon.ku-eichstaett.de/LAG/misthos.html

Also wenn es nicht explizit um Ernährungsweise in irgendeinem Sinne geht, würde ich die griechische Herkunft des Begriffes Diät betrachten:

lateinisch diaeta < griechisch díaita = Lebensweise, Diät (Quelle Duden)

Ist vielleicht die Lebensweise gemeint?