Warum ist „Faust“ von Goethe das bedeutendsten Drama der deutschen Literatur?

5 Antworten

Vielleicht, weil es um die Frage geht, "was die Welt im Innersten zusammenhält". Gut und böse prallen so heftig aufeinander. Das war wohl schon immer so (Kain und Abel), zu Goethes Zeiten und schau dir unsere Welt heute an. Jeder von uns könnte ein ganzes Buch voll mit Beispielen aufführen. Kurz: Dieses Werk ist zeitlos, was dort gesagt und gezeigt wird, betrifft alle Menschen aller Zeiten. Hinzu kommt, dass Goethe nun mal einer der hellen Sterne am Literatenhimmel ist. Du schreibst: "bedeutendste" Drama. Mit dem Superlativ in dieser Hinsicht ist es so eine Sache. Aber "bedeutend" ist der Faust allemal.

Weil er die Grundfragen des menschlichen Daseins umfassend darstellt bzw. (poetisch) umschreibt, wie kein anderer Dichter vor und nach ihm. Das Werk ist wie kein anderes zeitlos und modern, während andere niemals so weit in die Zeit vorausgreifen wie  der „Faust“. Er gleicht dem modernen Wissenschaftler, der ständig nach neuen Erkenntnissen strebt und der Natur immer weitere Geheimnisse entlocken möchte (Z.B. „Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält.“ Oder: Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust,.... die andre hebt gewaltsam sich vom Dunst zu den Gefilden hoher Ahnen.“ Auch will er „aus diesem Meer des Irrtums auftauchen“; alles Zitate am Anfang von Faust I). Zu Fausts Zeit im Mittelalter war ein derartiges Streben nach immer neuen Erkenntnissen verboten; man durfte nur innerhalb des von der Kirche und den Kirchenlehrern (Thomas von Aquin) vorgegebenen Rahmens forschen. - Dann ist Faust auch in religiösen Fragen ein moderner Mensch. Zu seiner Zeit musste man die kirchlich-christliche Lehre rückhaltlos anerkennen. Wie aber redet Faust gegenüber Gretchen (im berühmten Religionsgespräch)? „Nenns Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen dafür. Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch...“ Gretchen: „Du hast kein Christentum.“ Modern ist heute, nach seiner Façon selig zu zu werden, sei es, dass man Atheist oder Christ oder Buddhist ist. Faust bekennt sich hier zu einer Art Gefühlsreligion. Zu seiner Zeit war das gefährlich. Später, am Ende seines Lebens (5. Akt von Faust 2) „outet“ sich Faust sogar als Agnostiker, ja – könnte man sagen – als Atheist im Feuerbachschen Sinne: „Nach drüben (zur Ewigkeit) ist die Aussicht uns verrannt: Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet, sich über Wolken seinesgleichen dichtet! Er stehe fest und sehe hier sich um: Dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm! Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen? Was er erkennt, lässt sich ergreifen…“ - Dann ist Faust am Ende seiner Tage zu einem modernen kapitalistischen Unternehmer geworden, der sein Geld in gewaltige Unternehmen investiert, um den Völkern Land und Freiheit zu sichern, Land, das er dem Meer und den Sümpfen abtrotzen möchte: „Eröffn ich Räume vielen Millionen. Nicht sicher zwar, doch tätig-frei zu wohnen. Grün das Gefilde, fruchtbar! Mensch und Herde sogleich behaglich auf der neuesten Erde...Im Innern hier ein paradiesisch Land: Da rase draußen Flut bis auf zum Rand!... Und so verbringt, umrungen von Gefahr, hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr. Solch ein Gewimmel möcht ich sehn, auf freiem Grund mit freiem Volke stehn...“ (s. 5. Akt von Faust II). Diese Beschwörung des freien Menschen ist auch etwas ganz und gar Modernes; insoweit war Faust der mittelalterlichen eingeengten Mentalität der Menschen damals weit voraus.

Wie bei Shakespeare auch, wird Grundsätzliches der menschlichen Psyche im "Faust" ausgedrückt, zudem etliche Bereiche des Wissens als auch des Lebens beleuchtet.

Welches deutsche Drama würde da wohl ranreichen -sicherlich keines.

Weiß ich ehrlich gesagt nicht, ich finde es langweilig...

Ist das so und wer behauptet das?

Gruß Matti