Waren die Germanen und Kelten tolerant was die Sexualität angeht?

5 Antworten

Ich denke eine solche Frage verdient eine längere Antwort.

Also. Griechen und Römer (ich spreche hier nur von der Antike VOR dem Christentum) waren durchaus gegenüber Homosexualität nicht so tolerant wie man es immer hört. Natürlich war es nicht verboten (wie im Mittelalter und in Deutschland bis 1994) - aber es gab durchaus einen Fall, bei dem ein General einen Soldaten töten ließ weil er versucht hatte, mit einem anderen Soldaten zu "flirten".

Beziehungen zwischen zwei gleichalten Männern waren gesellschaftlich verpöhnt - sie wurden zwar toleriert, es gab im Römischen Reich auch "Ehen" zwischen zwei Männern, aber wirklich akzeptiert war so etwas nicht. Ein Mann hatte zu heiraten und Kinder zu zeugen - die Zensoren (wichtige Beamte im alten Rom) sorgten dafür, dass jeder Bürger verheiratet war und Kinder für die Legionen hatte. Sklaven sollten natürlich auch Kinder bekommen, da ihre Kinder neuen Sklaven waren und damit Eigentum für den Meister.

Kurz gesagt: Homosexualität war nur erlaubt wenn man verheiratet war und Kinder hatte. Man durfte aber auch nur Sklaven, Schauspieler und anderes niederes Volk als Geliebte halten, da ein männlicher Bürger nicht mit einem anderen männlichen Bürger schlafen durfte. Der Bürger musste gegenüber des anderen Mannes immer den männlichen Part spielen, also aktiv sein. Außerdem musste er älter sein als sein Geliebter.

Dann war bei Griechen und Römer Homosexualität akzeptiert.

Jetzt zu den Kelten. Wikipedia zitiert das (größtenteils verlorene) Werk des des Griechen Poseidonios, der schreibt, dass die Kelten von Frauen allgemein wenig hielten und die Gesellschaft von Männern und Jungen vorzogen, wie sie auch Männer umwarben. Die Kelten scheinen also Homosexualität als etwas normalen akzeptiert zu haben.

Zu den Germanen: Es gibt bei Tacitus in der Germania einen Abschnitt, in dem gesagt wird, dass die Germanen Feiglinge und auch freie Germanen, die bei gleichgeschlechtlichem Sex die passive Stellung einnahmen (also "die Frau spielten") im Moor versenken. Bei den Germanen galten folglich ähnliche Regeln wie bei den Römern - Homosexualität war nur unter Beachtung verschiedener Regeln erlaubt.

Hoffe ich konnte dir helfen ;)

Es gibt kaum belastbare Unterlagen aus dieser Zeit, viele waren von den Römern verfasst und die wollten ihre "Feinde" und "Barbaren" natürlich nicht im besten Licht erstrahlen lassen.

Wenn allerdings Varianten der Sexualität normal waren musste man dies auch überhaupt nicht besonders betonen, es war ja ein vollkommen normaler Zeitvertreib......

DrSchmitt  02.04.2016, 22:39

Quatsch. Römer wie Tacitus stellten die Germanen als edel und mutig dar, um den anderen Römern zu zeigen wie "verdorben" sie selbst sind.

0
Ursusmaritimus  03.04.2016, 08:48
@DrSchmitt

@Dr.Schmitt

Auch die hier kommentierte Darstellung bzw. die eigene Antwort basiert auf einer naturgemäß dünnen Quellenlage, schriftliche Quellen gibt es kaum und wer glaubt das man die Deutschen nach "Mein Kampf" oder dem "Kapital" beschreiben kann glaubt auch das Außerirdische durch die Platte auf der Voyager1 die Erde erkennen werden.

0
magni64  03.04.2016, 21:20
@DrSchmitt

tatsächlich findest du mehr Informationen zu den Germanen bei Cäsar als bei Tacitus. Allerdings sind beide fehlerhaft, weil sie von römischer Tradition ausgehen. Z.B. halten sie die Germanen für ein Volk, das in verschiedene Stämme gegliedert ist, wie bei den Kelten. Dabei waren das über 15 Völker und deren Stämme...

0

Zu den Germanen weiß ich da leider nichts. Viele antike Völker (Römer, Griechen, auch viele Völker in Ostasien wie Japaner und Chinesen) waren aber sehr aufgeschlossen, was das anging. Bei den Griechen waren homosexuelle Handlungen in gewissen Gesellschaftskreisen sogar beinahe "Pflicht".

Zu erwähnen ist aber, dass vor allem die Germanen keine uniforme Gruppe waren - es gab viele verschiedene germanische Stämme, die sich stark unterschieden haben - so wahrscheinlich auch in Bezug auf diese Frage.

Zu Homosexualität in der Antike vielleicht diesen Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_homosexuality

Bei den Kelten schien Homosexualität auch verbreitet und akzeptiert, aber das entstammt römischen Quellen - deren Glaubwürdigkeit ist teils fraglich und besteht auch eher auf Gerüchten: https://en.wikipedia.org/wiki/LGBT_history#Ancient_Celts

(diese Wikipediaartikel gibt es auf Deutsch leider eigentlich nicht)

Unbestritten ist aber, dass es Homosexuelle schon immer gegeben hat und auch immer geben wird.

Ja!

Sexuelle Intoleranz wurde hier verbreitet durch die Christen: "Die bedeutendste negative Leistung des Christentums war die 'Problematisierung' der Sexualität (...) Wir brauchen eine Geisteshaltung, die in der Sexualität kein 'Problem', sondern ein 'Vergnügen' sieht. Den meisten Leuten fehlt dazu die Sicherheit - und oft auch die Liebe." (Dr. Alex Comfort, Arzt, Psychologe, Wissenschaftler und Schriftsteller)

Die Bibel basiert, wie die anderen beiden monotheistischen Religionen, auf dem sexualfeindlichen Alten Testament. Und beim Christentum kam dann noch Lustfeindlichkeit und Monogamie hinzu: "Lust gilt im Christentum als verdächtig. Es steht schließlich in der Schuld eines Gottes, der seinen einzigen Sohn geopfert hat. Versagung und Verzicht sind die Attribute des Edlen. Die Religion des Kreuzes baut auf Leiden und Schmerz. Keine Heiligenlegende kommt ohne diese aus." (Dr. Gabriele Sorgo, Kulturhistorikerin)

Deswegen ist SM auch der einzige nennenswerte Beitrag der christlichen Kultur zum internationalen Sexualkanon.

Polytheistischen Religionen, i.d.R. u.a. auch mit einer Göttin der Fruchtbarkeit (die Griechen hatten sogar einen eigenen Gott für Homosexualität), ist diese Sexualfeindlichkeit eher fremd: "Ab dem 4. Jhdt. dann, etwa glaube ich zur Zeit des heiligen Augustinus, hat sich die christliche Sexualmoral durchgesetzt, wurden Homosexuelle verbrannt, öffentlich hingerichtet. Also das war neu. Wie konnte das sein, wo doch vorher die Kultur so tolerant war?"  (Dr. Gabriele Sorgo, Kulturhistorikerin)

Und das Christentum wurden den Sachsen (Kulturraum Niedersachen, Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern) erst vom Franken Karl der Große blutig aufgezwungen (sein Spitzname war "Sachsenschlächter") ...

Leider gibt es da kaum quellen. Findet man bei Tacitus spärlichste Hinweise, dann ist auch fast schon das Ende der Fahnenstange erreicht.