Pro und Contra für eine weitere Erweiterung der EU ...

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ob du hier bei GF mit deiner "Meinungsumfrage zu Europa" genau richtig bist, wage ich zu bezweifeln, denn erfahrungsgemäß gibt es hier kaum Leute mit profunden Europa-Kenntnissen, bzw. mit Kenntnissen über die zahlreichen und komplizierten Zusammenhänge der EU. Oft sind es nur nachgeplapperte Stammtischparolen ohne eigenes Überlegungspotential. Nun weiß ich allerdings nicht, ob die von dir erwarteten Antworten "aus dem Bauch heraus" kommen sollen (also mehr aus dem "Gefühl" heraus), oder ob du mehr Wert darauf legst, dass die Meinung auf einigermaßen festen Füßen steht und auf Faktenwissen besteht?! Ich will einmal versuchen, dir drei Pro und drei Contras aufzuzeigen:

*

Contra: 1.) Die EU wird zu groß und dadurch zu unübersichtlich. Je mehr Mitglieder es werden, um so schwieriger wird es, zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen. Außerdem bläht das den Personal- und Verwaltungsapparat auf, der verteuert sich. 2.) Brüssel als "Zentralmacht" will alles bestimmen. Die einzelnen Länder müssen sich unterordnen und haben keine eigenständige Politik mehr. Erst können wir nicht mehr über eigenes Geld entscheiden, dann wird man uns auch noch die Gesetze über den Handel (Export-Import) oder das Militär aus Brüssel überstülpen. 3.) Die Kultur der einzelnen Länder geht unter. Es wird alles zu einem kulturellen Einheitsbrei. Aber jedes Land hat doch seine eigene Sprache, eigene Literatur, eigene Musik und Tänze und die Menschen haben ihre Eigenarten und Mentalitäten. Das kann man doch nicht einfach so vermischen?!

*

Pro: 1.) Es stimmt, dass mit der weiteren Erweiterung auch die Probleme und Schwierigkeiten größer werden. Das ist in jeder Familie so, die sich vergrößert. Da ist es auch nicht immer einfach, alle Wünsche der einzelnen Familienmitglieder unter einen Hut zu bekommen. Letztendlich wird das aber (nach vielen Diskusionen und nach Abwägen der Interessen) doch klappen, weil die Familie ja auch "gemeinsame" Interessen hat: Das erste Interesse der EU: Eine gemeinsame Wirtschaft, als eigenständige Wirtschaftsmacht gegenüber anderen Weltwirtschaftsmächten auftreten zu können. Zweitens besteht ein großes Eigeninteresse, die "ärmeren" (Ost)Staaten zu integrieren und dort einen gleichwerigen Lebensstandard zu schaffen. Denn wenn wir das nicht tun, werden die "Armen" aus den "armen" Ländern fliehen und zu uns kommen. Das kostet dann am Ende viel mehr, als heute diesen Ländern auf die Beine zu helfen und zu gleichwertigen Handelspartnern werden zu lassen. Drittens: Die Pflicht, nur bei einheitlichen Stimmen einen Beschlus zu fassen, stimmt nicht mehr. Seit dem Lissabonvertrag wird mehrheitlich abgestimmt. Dabei versucht natürlich jedes Land, seine eigenen Interessen nach vorne zu schieben. 2.) Es stimmt, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten sich in vielen Dingen den EU-Bestimmungen unterordnen müssen, so z.B. beim Geld (der europäischen Zentralbank als Wächterin), beim Umweltschutz (was ja vernünftig ist, denn die Umweltverschmutzung macht an keiner Grenze halt, sondern bedarf gemeinsamer Gesetze und Initiativen), im Verkehrswesen (z.B. grenzüberschreitende Eisenbahnen oder internationale Verkehrsabkommen), bei der polizeilichen Zusammenarbeit (z.B. Verbrechensbekämpfung), usw., usw. 3.) Die Kulturen (Sprachen, Musik, usw.) werden sich nicht zu einem Einheitsbrei vermischen, sondern sie werden beibehalten und per Gesetz sogar geschützt. Noch nie gab es soviele internationale Kultur- und Sportveranstaltungen wie heute. Die EU achtet allerdings darauf, dass in allen Mitgliedsländern die Demokratie angewendet wird, die Todesstrafe und Folter abgeschafft ist und die Pressefreiheit gewährlistet ist und dass keiner den anderen angreift oder bedroht.

*

Das waren nur einiger wenige Pro- und Contra-Argumente. Ich wollte damit nur eine Diskussionsgrundlage schaffen und vermeiden, dass wir uns nur auf nachgeplapperte Stammtischparolen konzentrieren. Die EU ist ein so vielfältiges und kompliziertes Geflecht, da müssen wir schon ein bisschen tiefer suchen, um die Zusammenhänge zu erkennen. Ich hoffe, dass ich dir ein bisschen geholfen habe.

TKStriker 
Fragesteller
 19.11.2010, 19:17

Gut gemacht, Danke.

0

Eigentlich gibt es dabei nur Kontraantworten. Das Pro ist für einige Politker, dass man die Landkarte schön blau malen kann, für die Wirtschaft, dass man in Billiglohnländer ausweicht und die Europäer haben Reiseerleichterungen, da keine Visumspflicht besteht. Das Kontra ist viel stärker und realistischer. Man kann nicht einfach auf dem Papier unterstellen, dass alle Staaten in Europa gleiche Wirtschaftskraft und gleiche Geldmenge haben, gleichsam kann man nicht die verschiedenen Mentalitäten in einen Topf schmeissen. Wäre man vor Jahren hingegangen, und hätte man Europa erstmal im kleinen Stil ausprobiert (Frankreich, Benelux, Scandinavien und deutschsprachiger Raum) dann wäre uns so manche Finanzkrise erspart geblieben. So hschmeißt man alles in einem Topf, und anstatt das alle wohlhabender werden, werden die reichen Staaten immer ärmer.

SetzKuss  11.11.2010, 08:40

Nachgeplapperte Stammtischparolen ohne Kenntnis der komplizierten weltpolitischen und europäischen Zusammenhänge und Entwicklungen.

0
Taflie1961  11.11.2010, 09:30
@SetzKuss

Was interessiert mich die Weltpolitik wenn ich hier vor lauter Schlaglöchern nicht aus der Garage komme. Es ist aber immer wieder ganz ganz toll, wenn man auf solche Schlauberger wie Dich trifft. Wir haben hier HartzIV, Arbeitslose, Menschen in Umschulungen/Weiterbildungen und zwangsweise Frührentner, ein Pulk von Menschen weit über 10 Mio. die gerne arbeiten würden und Arbeit hätten, statt dass wir uns um die kümmern, debattieren wir lieber über die Olivenernte in Griechenland. Wir brauchen Dich....

0
SetzKuss  13.11.2010, 11:32
@Taflie1961

@ Taflie1961: Ich kann deine Wut und deine Argumente durchaus verstehen. Bei fast allen gebrachten Beispielen stimme ich mit dir überein. (Immerhin hast du noch ein Auto und eine Garage, dieses Privileg haben nicht alle). Nur mein Gegenargument: Ohne Europa wären diese von dir geschilderten Probleme noch größer. Es ist ein Irrglaube, dass ein einzelnes Land heutzutage seine Probleme noch alleine lösen kann. Die existierenden Probleme sind global und können nur global gelöst werden. Weder Arbeitslosigkeit noch Umweltverschmutzung oder Völkerwanderungen und Flüchtlingsströme lassen sich "individuell" regeln. Insofern kann ich dir bei deinem Satz nicht Recht geben "Was interessiert mich die Weltpolitik...". Der Kapitalismus ist Teil der von dir geschilderten und von mir bestätigten Probleme. Die sind aber nicht mit nationalen Alleingängen zu stoppen und zu lösen. Wer das propagiert, indem er die internationalen und europäischen Zusammenhänge negiert, wird die Probleme vergrößern. Ich sehe nach wie vor die EU als Möglichkeit, Probleme gemeinsam in den Griff zu bekommen. Allerdings darf die EU nicht von Abzockern und Kapitalprofiteuren dominiert werden. Dem "Europa der Banken" müssen wir ein soziales Europa entgegensetzen. Dafür gibt es das Europaparlament und viele, viele soziale und ökologische Einzelinitiativen (z.B. Attack, Greenpeace, usw.). DIE müssen unterstützt werden. Verweigerungshaltung und negative Abstinenz sind dabei kontraproduktiv und spielen nur denen in die Hände, die an unserer Krise Schuld sind.

0

pro gibts kaum es seiden du sagst das türkei die absicherung gegen den nahenosten ist. contra momentan kein geld viele oststadten sind pleite, und wir haben mit den 28 länderen(kroatien hab ich mit gezählt) haben wir mehr alls genug.

Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien !! und bald auch noch Moldawien !!!! Was kommt als nächstes, was sich der Russe eventuell krallen könnte oder geht es nur noch darum wer am meisten Angst vor Russland hat ? Die ganzen Ostblockländer hätten erst mal in die Nato aufgenommen werden sollen und nicht in die EU, den warmen Geldregen aus Brüssel nimmt man gerne in Kauf solange man sein eigenes Süppchen kochen kann. Antidemokratisches, Homophobes, rechtsradikales Gedankengut wie in Ungarn gehört in die Freiheit entlassen oder in Putins Arme, zu Europa jedenfalls gehört sowas nicht. Was die EU auf Dauer zerstört ist Ihre eigene Handlungsunfähigkeit und Inkompetenz die Regeln für die Gemeinschaft einzufordern und bei Misachtung Konzequenzen folgen zu lassen. Hier mal die Kopenhagener Kriterien von 1993.

Der Europäische Rat in Kopenhagen stellte im Juni 1993 die „Kopenhagener Kriterien“ auf. Sie verlangen von einem Beitrittsland:

  • stabile Institutionen als Garantie für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten
  • eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten
  • die Fähigkeit, alle Pflichten der Mitgliedschaft – das heißt das gesamte Recht der EU (den sogenannten „Acquis communautaire“) – zu übernehmen, und das Einverständnis mit den Zielen der Politischen Union sowie mit denen der Wirtschafts- und Währungsunion als das „Acquis-Kriterium“.

Die Herrschaften in Brüssel sind das Problem nicht die Lösung, wer nicht konsequent Handelt, braucht sich nicht wundern wenn jeder macht was er will.

contra: verträge wo alle staaten zustimmen müssen sind noch schwerer durchzusetzen