Pädagogische Erklärung zum soziologischen Erklärungsansatz für Gewalt nach Heitmeyer?
Hallo:) ich versuche gerade den Sozialpsychologischen Desintegrationsansatz nach Heitmeyer zu verstehen. Kennzeichen der modernen Gesellschaft ist ja der zunehmende Individualisierungsprozess. Dies bedeutet, dass sich das sich die Individuen immer mehr von vorgegebenen Fixierungen lösen, und zum Gestalter des eigenen Lebens werden bzw. dass sie keine Rollen annehmen, sondern in Rollen hineinwachsen. Motoren des Prozesses ist ja die Marktwirtschaft bzw die dadurch gewordene Marktgesellschaft, da man heutzutage viel mehr Möglichkeiten hat als damals aufgrund von mehr Mobilität, Flexibilität usw. Dies führt dazu, dass der Mensch einerseits mehr Entscheidungsfreiheiten hat, andererseits aber auch gewissen Entscheidungszwängen unterliegt, wodurch ein Entwicklungsdruck entsteht. Menschen beurteilen sich nach Marktkriterien, dem sozialen Status, Bildungsabschluss etc. (Gesellschaftlicher Druck entsteht : Man muss etwas ,,sein'', ,,werden'') Bis dahin habe ich die Theorie weitesgehend verstanden. Nun habe ich gelesen, dass wenn die Bewältigung dieses Entscheidungsdruckes nicht gelingt, es zur Desintegration = Auflösungsprozess kommt bzw. dass man unfähig ist, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Es kommt zur Auflösung von Werten und Normen. Desintegrationspotenziale bestehen durchgehend, was genau bedeutet das? Heißt es, dass es Folgen der gesellschaftlichen Veränderung sind aufgrund mehr Handlungsmöglichkeiten? Wo genau ist der Unterschied zwischen einem Desintegrationspotenzial und der Desintegration ? Zudem gibt es ja 3 Arten von Desintegrationspotenzialen. Eines davon beschreibt ja z.B die Auflösung sozialer Beziehungen z.B eine Scheidung in der Familie. Ich verstehe den Zusammenhang zwischen der Desintegration und der Bewältigung des Entscheidungsdruckes nicht so ganz. Ich meine das Individuum verfehlt doch nicht zuerst die Bewältigung des Entscheidungsdrucks, so dass dadurch eine Scheidung der Eltern entsteht. Das ergibt in meinem Kopf keinen Sinn. Wäre es nicht logischer, wenn man sagen würde, dass das eine das andere bedingt? Also wenn meine Eltern sich jetzt getrennt haben, bedeutet das dann gleichzeitig direkt, dass ich desintegriert bin? Oder ist dies nur der Fall, wenn ich mit der Situation gefühlsmäßig nicht klar komme und dadurch dann auch den Entscheidungsdruck nicht bewältige? Muss ich bei dieser Theorie das Individuum betrachten oder bezieht sich dieses Modell auf Allgemeinheiten ?Ich bin komplett verwirrt....HILFE!!! Den Rest mit der Verunsicherung und der Gewaltentstehung habe ich wohl verstanden.
3 Antworten
Ich versuchs so wie ich das verstehe:
Die aktuelle Situation ist so, dass sehr viel Individualisierung stattfindet. Früher war das anders - jeder hatte jemanden (quasi) der ihn führte und ihm sagte was er tun soll - wie man sich entscheiden kann .... je System wurden einem die Antworten mehr oder weniger schon vorgelegt.
Dadurch dass nun alles individualisiert ist, muss man sich sehr oft seine Antworten selbst suchen - sobald man sich sein eigenes System baut - muss man die Antworten darin selbst definieren für sich. Es gibt keinen Ratgeber mehr.
Es gibt viele Menschen die sich selbst beantworten können - aber noch viel mehr, welche sich ohne Antworten von außen alleingelassen und hilflos fühlen. Nachdem es auch immer schwieriger wird, Ansprechpersonen zu finden welche sich darauf einlassen können - weil auch diese einem Individualisierungsprozess unterliegen - klafft das auseinander.
Zu blöddeutsch: Je individualisierter die Gesellschaft - desto mehr Einsamkeit weil weniger Halt
Gruß Dich Stellamister!
Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer ist Innovationspreisträger 2013 in der Kategorie "EhrenpreisText vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Das Video auf der Webseite ließ sich bei mir nicht abspielen.
" Seine Kernthese lautet: Je weniger faktisch oder gefühlt materielle Sicherheit, soziale Anerkennung und persönliche Akzeptanz gegeben sind, desto stärker werden diejenigen ausgegrenzt, die anders sind als man selbst. Als weiteren Grund für Gewalt sieht Heitmeyer eine "rohe Bürgerlichkeit": Durch ein ökonomistisches Denken in der Gesellschaft würden Einzelne nach Nützlichkeit, Verwertbarkeit und Effizienz beurteilt."
Auch dies könnte weiterhelfen. Das alles zusammen wäre aber von Dir auch selbst im Internet auffindbar!
https://youtube.com/watch?v=PLw5Uk_xpk8
Herzlichen Gruß
Rüdiger
Pädagogische Erklärung*