Mehr reele Zahlen als natürliche Zahlen?

11 Antworten

Für diesen Zweck braucht man zunächst nur zwei verschiedene Unendlichkeiten:  abzählbar unendlich und überabzählbar unendlich. 

Eine unendliche Menge M ist dann abzählbar unendlich, wenn man eine Bijektion zwischen ihr und der Menge der natürlichen Zahlen finden kann. Beschreiben kann man das so: Stell dir die Menge der natürlichen Zahlen als ein Hotel mit unendlich vielen Zimmer vor, die ganz normal durchnummeriert werden können: Zimmer 1, Zimmer 2, Zimmer 3 usw. 

Jetzt kommt ein Bus mit den Elementen der Menge M an. Abzählbar unendlich heißt dann, dass für jeden Reisenden ein Zimmer gefunden werden kann - d. h. hinterher ist jedes Zimmer voll und jeder Reisende hat ein Zimmer. Das geht dann, wenn man ein System findet, mit dem sich alle Reisenden in einer Reihe anstellen können, man kann sie also abzählen. 

Die Menge der rationalen Zahlen (also der echten und unechten Brüche) ist in dieser Weise abzählbar. Obwohl man auf den ersten Blick meint, dass es davon ja viel mehr gibt als von den natürlichen Zahlen, lassen sie sich mit Hilfe von Cantors Diagonalverfahren der Reihe nach aufzählen. 

Die Menge der reellen Zahlen aber lässt sich nicht auf diese Weise abzählen. Um das zu zeigen, benutzt man z. B. Cantors zweites Diagonalelement. Daher ist die Menge der reellen Zahlen überabzählbar. 

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.-Math. :-)

Naja natürliche Zahlen sind eigentlich nur ganze Zahlen, sprich 1,2,3 usw. Reele Zahlen binden natürliche Zahlen mit ein, genauso wie Brüche und Dezimalzahlen.

Da habe ich mich jetzt vertan, er meinte nur irrationale Zahlen, also ohne Brüche und ganze Zahlen.

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@DJChristopherE

Irrationale Zahlen sind Reelle Zahlen, die keine Ganzen Zahlen und keine Rationalen Zahlen sind.

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Du hast eine sehr gute Beobachtung gemacht und deine Frage, warum es "mehr Unendlich als Unendlich" gibt ist absolut berechtigt. Zum jetzigen Zeitpunkt werden dir die Antworten vielleicht etwas unbefriedigend erscheinen, weil dies erst Inhalt des ersten Semesters Mathematik ist, aber lass es mich so erklären: wir betrachten die Mächtigkeit der Menge der natürlichen Zahlen als das kleinste Unendlich. Finden wir eine andere Menge X, dessen Elementen wir eindeutig Elemente aus der Menge der natürlichen Zahlen zuordnen können (d.h. wir nummerieren sie quasi durch, denn die natürlichen Zahlen sind ja gerade 1, 2, 3, ...), dann sagen wir, dass diese Menge X abzählbar unendlich ist und damit in die gleiche Kategorie von Unendlichkeit gehört wie die Menge der natürlichen Zahlen selbst. Man mag sich wundern, welche Mengen alle abzählbar unendlich sind, z.B. die Menge der ganzen Zahlen und die der rationalen.
Nun verhält sich dies bei der Menge der reellen Zahlen allerdings anders. Hier "reicht" uns der Vorrat der natürlichen Zahlen nicht aus, sodass wir immer wieder eine reelle Zahl finden können, die keiner Zahl aus ℕ zugeordnet ist. Es gibt sehr kurze, elegante Beweise dafür, aber auch eher längere. Einen sehr schönen Beweis, den jeder Mathematiker kennen sollte, findest du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Cantors_zweites_Diagonalargument.
>Alles in Allem eine sehr spannende Frage, mit der du dich beschäftigst.

Gruß


Es gibt unendlich viele zahlen, egal ob natürlich oder reellen oder sonst was. Aber wie George Kantor uns lehret gibt es verschieden große Unendlichkeiten. So ist beispielsweise die Unendlichkeit zwischen 0 und 1 kleiner als die von 0 bis 2 und so weiter. Und so ist es auch mit den reellen und natürlichen Zahlen. Alles sind Unendlichkeiten, aber die sind unterschiedlich groß

Nein, die Unendlichkeit zwischen 0 und 1 ist ganz genauso groß wie die Unendlichkeit zwischen 0 und 2. "Genauso groß" heißt in der Mathematik für Mengen, dass es zwischen den beiden Mengen eine bijektive Abbildung gibt, also eine Abbildung, die jedem Element der einen Menge genau ein Element der anderen zuordnet und umgekehrt. 

Die Abbildung 

f(x) = 2x 

ist bijektiv und bildet das Intervall [0,1] wunderbar auf das Intervall [0,2] ab. Diese beiden Mengen sind also gleich groß. 

Cantor sagt etwas ganz anderes - er beweist, dass es keine bijektive Abbildung zwischen N (den natürlichen Zahlen) und R (den reellen Zahlen) geben kann und daher R "größer" ist als N.

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Ich versuche es auch mal.

Zuerst muss man sich die simple Vorstellung der Unendlichkeit abschminken, sondern es etwas klarer definieren. Unendlich heißt zunächst, dass man in der Lage ist, beispielweise die geraden Zahlen alle nebeneinander zu schreiben. Und was auch passiert, man kann immer eine ganze Zahl darunter schreiben. Mehr verlangt der Mathematiker von der einfachen Unendlichkeit nicht. Flapsig sagt man dann, es gebe ebensoviele gerade wie ganze Zahlen.

Das kann man auch mit den rationalen Zahlen tun. Wo es aber das erste Mal nicht funktioniert, das ist bei den irrationalen Zahlen (den Wurzeln, die "nicht aufgehen"). Nach unserer Theorie kann man beispielweise in einem Intervall zwischen zwei Zahlen (diese eingeschlossen) alle hinschreiben und wiederum die ganzen Zahlen darunter. Hat man sich vorgestellt, das getan zu haben, wäre ja keine weitere Zahl dazwischen unterzubringen.

Nun kann man aber mit einer komplizierten Betrachtung den Beweis führen, dass doch noch (zunächst mal nur) eine weitere Dezimalzahl dazwischen passt. Damit hat man dann bei den irrationalen Zahlen erreicht, etwas zu bekommen, dass "überabzählbar unendlich" ist. Wenn schon die irrationalen Zahlen es sind, dann die Obermenge ℝ erst recht.

Und wenn man Mathematikern den kleinen Finger gibt, ergreifen sie die ganze Hand. Du kannst dir vorstellen, dass sie danach noch viele weitere verschiedene Überabzählbarkeiten entdeckt haben.

Das ist ein ziemlich interessantes Untersuchungsgebiet für Leute mit viel Köpfchen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Unterricht - ohne Schulbetrieb