Krieg und Frieden - Welche Übersetzung ist wirklich am Besten?

2 Antworten

Dann halte dich doch an die Übersetzung von Barbara Conrad:

«Krieg und Frieden» wurde bisher sechs Mal ins Deutsche übersetzt. Die letzten Übertragungen stammen aus den fünfziger Jahren und liegen mithin einige Zeit zurück – am prominentesten ist wohl die Fassung von Werner Bergengruen von 1953. Barbara Conrad hat sich aus Anlass von Tolstois 100. Todestag an die titanische Aufgabe einer Neuübersetzung gewagt und sie mit Bravour gelöst. Ihr Text ist etwas sperriger als die früheren Übersetzungen – diese Ecken und Kanten sind aber nicht Barbara Conrads eigener Stil, sondern lassen sich auf Tolstois Sprachideal zurückführen. Tolstoi wollte die Handlung nicht besonders elegant oder eben «literarisch» beschreiben, sondern bemühte sich, möglichst nahe an der «Wahrheit» zu bleiben, die er bereits in seinen frühen «Sewastopoler Erzählungen» emphatisch zur Heldin seiner Prosa erklärt hatte. Neben einem ausgedehnten historischen Quellenstudium gehörte in «Krieg und Frieden» auch eine karge Rhetorik zu diesem Programm.
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Wo frühere Übersetzungen Wortwiederholungen ausmerzen, französische Originalpassagen einfach auf Deutsch wiedergeben oder ganze Textteile kurzerhand weglassen, hält sich Barbara Conrad streng an die Vorlage und respektiert Tolstois Text, den er mehrfach minuziös überarbeitet hatte. «Krieg und Frieden» ist keine einfache Lektüre – die ungewöhnliche Länge des Textes bildet eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Der amerikanische Kriegsautor Stephen Crane (1871 bis 1900) stöhnte etwa: «Tolstoi hätte das Ganze in einem Drittel der Länge erledigen können und es ebenso wunderbar machen können. Es hört und hört nicht auf, wie Texas.» Die neue deutsche Übersetzung macht solche Klagen obsolet: Je weiter man sich auf das spannende Terrain von Tolstois Epos vorwagt, desto grandioser sind die zu bestaunenden Bilder.

http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/wie-texas-1.7800681

Ich sagte mir: Werner Bergengruen als renommierter Schriftsteller kann sich am besten in Tolstois Intentionen einfühlen und auch den treffendsten, adäquaten deutschen Ausdruck für die russische Sprache Tolstois finden. Ich bin nicht enttäuscht worden. Seine Übersetzung ist grandios, enthält aber viele Passagen in französischer Sprache (mit deutscher Übersetzung in der Fußnote), was die Lektüre etwas behindert. Die Übersetzung von Michael Grusemann lässt das Französische weitgehend weg, reicht aber an Berrgengruens Text m.E. nicht heran.