Kann der Mieter einer Eigentumswohnung Abrechnungsbelege fordern?

4 Antworten

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Zu 1.
Ja. Der Mieter kann die Originalbelege einsehen, weil er nur so in die Lage versetzt wird seine Rechte als Mieter durchzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass hier die Rechte des Mieters höher zu bewerten sind. Alleine auch schon deshalb, weil die betreffenden Belege gerade nicht einer besonderen Schutzwürdigung in Bezug auf Vertraulichkeit zwischen Eigentümer und WEG unterliegen. Sie müssen nach den gesetzlichen Bestimmungn offen gelegt werden. Als Erfüllungsgehilfe des Eigentümers hat die WEG-Verwaltung hier sogar eine besondere Pflicht die Unterlagen so bereit zu stellen, dass wiederum der Eigentümer seinem Vertragspartner sein Recht uneingeschränkt einräumen kann. Die umlagefähigen Kosten können auch nicht in einer Jahresabrechnung festgesetzt werden, sonder ergeben sich immer und ausschließlich aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Festgesetzt werden kann bestenfalls ob die positionsgebundene Ausgabe in der Höhe rechtens war oder nicht. An dieser Stelle wäre ja Rechtsbeugung vorprogrammiert, weil durch eine private Beschlussfassung die Rechte Dritter - in diesem Fall die des Mieters - ausgeheblelt werden könnten. Beschlussfassungen können allerdings durchaus im Bereich einer Investtion Bindung entfalten. Das dies Investition dann wiederum Einfluss auf Betriebskosten haben kann, ist unstrittig. Zu 2 Der Mieter kann bei seinem Vermieter die Einsichtnahme der Unterlagen fordern und durchsetzten. Die WEG-Verwaltung ist, wie hier bereits erwähnt, Erfüllungsgehilfe des Vermieters. Es besteht also eine konkludente Pflicht der WEG-Verwaltung dem Mieter die Unterlagen entweder vollständig zur Einsichtnahme, oder vollständig in Kopie (was ich persönlich zur Erstprüfung für absolut ausreichend erachte) zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassung meines Bauchgefühles:

Dem Mieter stehen duchgängig alle gesetzlich verbrieften Rechte zur Einsichtname aller Unterlagen zu, die zur Erstellung der Nebenkostenabrechnung geführt haben. Eine Beschlussfassung einer WEG kann niemals gesetzliches Recht brechen. Problematisch dürfte lediglich sein, dass unter Umständen der Vermieter seinem Mieter Ersatzpflichtig werden könnte, er sich aber wiederum nicht bei der WEG-Verwaltung schadlos halten könnte weil er ja der ggfs. falschen Berechnung bereits zugestimmt hatte. Das Bauchgefühl des Fragestellers mag zwar auf den ersten Blick eine gewisse Logik haben. Aber verbrieftes Recht zu bestreiten blos weil eine Beschlussfassung vorliegt ist unmöglich.

ParanoidFerret 
Fragesteller
 17.09.2012, 13:10

Die Vertraulichkeit der Angelegenheiten der WEG ist zwar vom BGH bestätigt, aber das kann natürlich nicht bedeuten, dass Abrechnungsunterlagen zur Verschlusssache werden und sich jedem Zugriff von außen entziehen.

Auch wenn ich damit nicht so ganz abgeschlossen habe, ist deine Argumentation sehr schlüssig. Besonders die Möglichkeiten zum Gestaltungsmissbrauch können eigentlich nicht mit deutschem Recht zu vereinbaren sein. Und wenn ich den WEG-Verwalter unmittelbar als Erfüllungsgehilfen sehe, muss ich mich ebenfalls deiner Meinung anschließen.

Danke für die ausführliche Antwort.

Bis hierher schonmal danke an Wolke72012.

Dass die Frage an sich ein reflexartiges "JA, er darf die Originalbelege einsehen" auslöst, ist mir klar.

Mir geht es in diesem Zusammenhang aber um die Frage, welchen Status die WEG-Abrechnung hat. Nach meiner Auffassung ist sie nämlich im Verhältnis zwischen Mieter und Eigentümer der Originalbeleg des Eigentümers.

Also mal von hinten aufgezäumt:

Wir sprechen über nach der BetrKV umlegbare Kosten, die dem Vermieter laufend entstehen. Die Bedingung "laufend" lassen wir hier mal weg. Es geht um die Entstehung der Kosten und um die rechtliche Bedeutung der WEG-Abrechnung

a) Wodurch und wann entstehen die Kosten? Die Kosten entstehen rechtlich im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Genehmigung und Annahme der Abrechnung.

b) Wonach richtet sich die Höhe der Kosten? Nach den in der Betriebskostenabrechnung vom Verwalter aufgeführten Beträge. Diese werden für alle Eigentümer verbindlich festgesetzt und verpflichten den einzelnen Eigentümer zur Zahlung.

Der einzelne Eigentümer (also Vermieter) muss weder aktiv und unmittelbar am Beschluss über den Wirtschaftplan, noch am Beschluss über die Abrechnung mitgewirkt haben. Er muss auch die zu Grunde liegenden Verträge und Kostenabrechnungen nicht kennen.

Vor jedem Gericht ist nur dieser Beschluss in Verbindung mit der Abrechnung ausschlaggebend und jedermann erkennt die WEG-Abrechnung als Kostennachweis an - auch das Finanzamt.

Daher will mir nicht so recht in den Kopf, dass die WEG-Abrechnung nicht als verbindlicher Originalbeleg - auch gegenüber Mietern - gelten soll, um die Kosten des Vermieters (Miteigentümers) rechtssicher nachzuweisen.

Hat sich der BGH mal explizit zu dieser Frage geräuspert?

DabbelJuh  17.09.2012, 12:13

ich denke, dass hier ein ganz entscheidender Denkfehler zu Grunde liegt. Einerseits wird privates Recht so behandelt, als sei es öffentlichem Recht gleich gestellt. Der Eigentümer hat sich in privatem Recht verpflichtet die von der WEG-Verwaltung ermittelten Kosten in die gemeinsame Kasse einzuzahlen. Nicht mehr und nicht weniger. zu a. Die Kosten entstehen nicht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung. Es sind in der Tat laufende Kosten die durch Beschlussfassung im Nachhinein genehmigt werden. Bestenfalls kann die Zahlungsfälligkeit erst durch Beschlussfassung eintreten. Für die Gesamtbetrachtung dürfte es aber unerheblich sein, wann die Zahlungsverpflichtung eintritt. Wichtig ist allein wann die Verursachung der Kosten eintritt. (z.b. Heizöllieferung am 31.12 des Jahres mit Rechnungslegung im Januar des Folgejahres) zu b. Eine fiskalische Anerkennung eines WEG-Beschlusses besagt ja zunächst einmal überhaupt nichts über die Rechtmäßigkeit der Kostenaufstellung. Und bei weitem nicht jedermann erkennt diese WEG-Abrechnung als Kostennachweis an. Wie bereits in meine Antwort erwähnt, handelt es sich aber hier um privates Recht, basierend auf Veträgen zwischen Wohnungseigentümern und einer WEG-Verwaltung. Ich glaube auch nicht, dass sich ein Gericht- geschweige denn ein BGH - je mit diesem Thema beschäftigen wird. Hier würde ja bereits im Ansatz ein Versuch gestartet werden die Gesetzgebung durch eine Privatvereinbarung auszuhebeln. Nochmal: Es ist - zumindest in Deutschland - nicht möglich Verträge zu Lasten (schützenswerter) Dritter zu schließen, wenn dadurch gesetzlich verbriefte Rechte ausgehebelt werden könnten. Bei dieser Denkweise würd ja einer WEG-Verwaltung ein gesetzgebender Charakter unterstellt werden müssen. Alleine schon die Möglichkeit, dass zwei Leute (Parteien) in betrügerrischer Absicht eine Beschlussfassung vornehmen könnten, für die dann ein Dritter gerade stehen muss, ist äußerst absurd.

Hallo, jeder Mieter kann zu jeder Jahresabrechnung, alle Unterlagen als Kopie vom Vermieter anfordern. Der kann sich aber die Kopien bezahlen lassen.

Gruß bobken

ParanoidFerret 
Fragesteller
 30.10.2017, 20:58

Ja. Das ist korrekt. Allerdings geht es bei der Frage um etwas anderes. Nämlich darum, aus was im konkreten Fall diese Unterlagen bestehen.

Die Frage ist von 2012 ... aber tatsächlich habe ich bis heute keine abschließende Antwort. Ich war aber bisher auch zu geizig, die Frage mal mit einem Fachanwalt zu erörtern, der mir dann mit entsprechenden Urteilen belegt, dass ich komplett auf dem Holzweg bin.

zu 1) Nein - ist richtig. Der Wohnungseigentümer ist gegenüber dem Mieter auskunftsberechtigt und -verpflichtet; nicht der WEG-Verwalter. zu 2) Ja - ist richtig. Allerdings ohne die geäußerte Beschränkung. Der Mieter hat Anspruch auf Einsicht in alle der Nebenkostenabrechnung zugrundeliegenden Originalrechnungen. Die Einsicht bezieht sich also auf alle gem. Mietvertrag umlegbaren bzw. dem Mieter belasteten Kostenpositionen (wie z. B. Heizung, Gebäudeversicherung, Gartenpflege, Grundsteuer usw.). Somit muss man als Vermieter in gewisserweise Kommunikationskompromisse schließen. Entweder müssten Sie die Einsichtnahme beim WEG-Verwalter für und mit dem Mieter ermöglichen oder sich kostenpflichtig Kopien der Belege beschaffen o. ä. - soweit dem Mieter dies reicht etc. Hier kommen die Umstände des Einzelfalles zum Tragen (wie z. B. Verwaltervertrag, Mietvertrag, örtliche Entfernung Mietobjekt/WEG-Verwalter/Vermieter usw.) Weitere Informationen, soweit möglich, auf Anfrage. .