Wie kann ich Japanisch ohne Schrift sprechen lernen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Um es direkt zu sagen: Vergiss es.

Es ist nicht möglich, die japanische Sprache isoliert von der Schriftsprache ernsthaft zu erlernen.

Manche versuchen es und das ist meiner Meinung nach ein großer Fehler, da man Zeit vergeudet, weil man später so ohnehin nicht mehr weiter kommt.

Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Japanische Begriffe lautähnlich sind und sich teilweise nur in der Betonung oder der Länge der Vokale unterscheiden.

こし (koshi) mit kurzem "o" oder こうし (koushi) mit langem "o" können  unter anderem folgende Bedeutungen haben

  • Sänfte
  • Absterben
  • Photon
  • kleiner Schrein
  • hervorragende Person
  • mündliche Prüfung

Die Unterschiede dieser Begriffe werden erst in der japanischen Schreibung wirklich deutlich.

Sie werden zwar alle ähnlich ausgesprochen, aber mit völlig anderen Kanji geschrieben, was ihre Bedeutung deutlicher definiert.

Natürlich hilft der Kontext eines Gesprächs, aber gerade bei komplexen Themen ist das nicht ausreichend - dann deuten sogar Japaner unklare Begriffe als Schriftzeichen mit den Fingern  an.

Nur mit "romaji" (lateinischer Schrift) wirst du Japanisch auch als gesprochene Sprache niemals bewältigen können. Du benötigst alle drei Schriftsysteme: hiragana, katakana, Kanji

Es gilt: Sprache lernt man oder gar nicht.

Naja, es gibt viele Wörter, dessen Kanji gleich ist und nur im Kontext zu erkennen ist. Ebenso gibt es Wörter, die sich nur dadurch unterscheiden, dass das Kanji in einer anderen Reihenfolge aufgeschrieben wird. Beim Lesen hilft das nicht wirklich. ^^

Der Kontext hingegen hilft da sehr viel mehr. Auch Lautähnlichkeit und die Betonung sind da weitaus bessere Unterscheidungsfaktoren. Zumal gibt es auch im Deutschen Wörter die sowohl eine gleiche Schreibweise wie auch Aussprache, jedoch mehrere Bedeutungen haben.
Fremd ist das also ganz und gar nicht.

Zudem hilft es viel die Sprache ohne Schriftsystem bzw. anfangs mit Romaji zu lernen, wenn man irgendwann die Sprache wirklich lernen will. Unter anderem weil man eben einen gewissen Wortschatz braucht, um das Kanji verstehen zu können.

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@apophis

Zumal gibt es auch im Deutschen Wörter die sowohl eine gleiche
Schreibweise wie auch Aussprache, jedoch mehrere Bedeutungen haben.

Natürlich gibt es auch im Deutschen diese "Teekesselchen"  also identische Begriffe mit abweichender Bedeutung - aber nicht in dem Maße, wie im Japanischen.

Lautähnlichkeit und Betonung als bessere Unterscheidungsfaktoren in einem verbalen Gespräch anzusehen ist sicher richtig - das sollte aber nicht zu vorsätzlichem Analphabetismus führen.

Dazu kommt, dass Lehrmaterial teilweise sehr schnell die Kenntnis der beiden kana-Systeme voraussetzt und auch Vokabel/Grammatik-Lektionen zunehmend schriftlastiger werden.

Ein effektives Lernen von Grammatik und Vokabeln, sowie verschiedene Übungen erfordert bei diesem Lehrmaterial zumindest kana-Kenntnisse.

Vokabeln nur für den verbalen Gebrauch zu pauken halte ich wegen der Lautähnlichkeit für unsinnig - den Begriff "koshi" und dann dreißig Bedeutungen auswendig zu lernen, ohne die Schreibung zu kennen, finde ich lerntechnisch suboptimal.

Sogar der JLPT N5 setzt solche Grundkenntnisse voraus - und der ist nun keineswegs unbedingt ein Paradebeispiel für einen gelungenen Sprachtest.

Zudem hilft es viel die Sprache ohne Schriftsystem bzw. anfangs mit Romaji zu lernen, wenn man irgendwann die Sprache wirklich lernen will.

Da muss man aber unterscheiden zwischen "mal reinschnuppern" und "wirklich lernen".

Ich habe meine "Lernkarriere" mit einem Uralt-Cassetten-Kurs für Touristen begonnen und den Fehler gemacht, die Schriftsysteme vor mir herzuschieben.

Der Eindruck "Die Vokabeln kann man gut pauken, die Grammatik scheint okay und die Aussprache ist auch nicht schwer" verleitet dazu, die Schrift als untergeordnet anzusehen.

Aber spätestens wenn man auf solche Begriffe wie "koshi" stößt, versteht man das Problem und sieht die Begrenzung einseitig vokaler Sprachenlernerei unter Ausschluss der Schriftsprache.

Dann versteht man auch, weshalb sich Teenager in Anime-Foren darüber zoffen, wieso Sasuke eine Sänfte "koshi" nennt, obwohl doch "koshi" laut Naruto irgendwas mit der Hüfte zu tun hat....sie können kein Japanisch lesen.

Ich kann also nur dazu raten, sich diesen Umweg zu ersparen und gleich die Schriftsysteme mitzulernen - man wird später dankbar dafür sein, brauchbares Lehrmaterial nutzen und Vokabel-Unklarheiten durch Schreibung vermeiden zu können.

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@apophis

Die Wörter im Deutschen, die gleich geschrieben werden aber andere Bedeutungen haben, sind längst nicht so vielfältig wie im Japanischen, und werden zudem normalerweise trotzdem gleich ausgesprochen. Natürlich hat "Bank" zwei Bedeutungen, aber die Aussprache ist gleich. Das einzige Wort das mir spontant einfällt, das sowohl zwei Bedeutungen als auch zwei Aussprachen hat, ist "Hochzeit".

Außerdem ist ein Fehler in der Aussprache im Deutschen längst nicht so gravierend wie im Japanischen. Ein falscher Vokal bzw. ein vergessener langer Vokal und das Gespräch kann ganz schnell sehr peinlich werden. Dann kommen noch die ganzen Wörter dazu, die ziemlich gleich ausgesprochen, aber mit anderen Kanji geschrieben werden. Wie soll man sich allein die 4 verschiedenen Verben あ~く merken, ohne die Kanji dazu zu kennen?

Ich stimme vollkommen zu, dass Japanisch ohne die geschrieben Sprache zu lernen nur sehr schwer möglich ist. Selbst Hiragana allein bringen einem oft überhaupt nichts, weil sie nunmal absolut nichts aussagen.

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@Enzylexikon Wie hast du Japanisch gelernt ? Beherrscht du es sehr gut ? Kannst du es Lesen und sprechen ? Wie lange hast du gebraucht ? Und hast du irgendwelche Tipps? Danke

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Und wenn ich nur smalltalk auf japanisch führen will, benötige ich die Schriftzeichen nicht oder?

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@Valli19999

Wenn du mehr als ein Tourist beherrschen möchtest, sondern taugliches "Alltagsjapanisch" wirst du nicht darum herumkommen.

"Hey yo, was hast du gestern gemacht?"

"Ey Alter, Ich musste mich um mein Koshi kümmern"

Koshi =

  • Hüfte
  • Sänfte
  • Absterben
  • Photon
  • kleiner Schrein
  • hervorragende Person
  • mündliche Prüfung

Hatte die Person nun Hüftbeschwerden?

Bereite sie sich auf eine mündliche Prüfung vor?

Musste sie zuhause einen kleinen Schrein putzen?

Du siehst...ohne Schrift geht es nicht.

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@Enzylexikon

Ok danke für die Erklärung, dann werde ich wohl mit Hiragana anfangen!

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Probier es mal mit diesem Buch:

http://www.amazon.de/Japanisch-für-Sie-Sprachkurs-Erwachsene/dp/3190050759

Frau Ito hatte eine unkonventionelle Lehrmethode, nämlich Schrift und Sprache separat zu lehren. Dadurch konnten sich die Schüler ganz auf typische und häufig verwendete Sätze konzentrieren. Besser wäre es natürlich in der Gruppe, um dann laut zu sprechen und um korrigiert zu werden. 

Es hilft auch einfach mal den ganzen Tag nebenbei Japanisch zu hören. Das prägt sich dann irgendwann so ein, dass du beim Lesen die Muster wieder erkennst. Es gibt Übungen, bei denen man aus einem Text mit Vokabeln, die du nicht kennst, ein Alibi eines Mörders in einer Krimigeschichte heraus hören soll. Oder Uhrzeiten heraus hören. Das hat mir in Japan sehr geholfen, um das wichtigste in Gesprächen zu verstehen auch wenn immer wieder unbekannte Vokabeln dabei waren. 

Grundkenntnisse der Schrift solltest du dir aber trotzdem aneignen bzw. zusätzlich lernen. Viel Erfolg!

Hört sich anfangs vielleicht merkwürdig an, aber probiers mal mit Animes bzw. japanischen Filmen mit Untertitel. Nicht unbedingt nur damit, aber als Ergänzung hilft das viel, vorallem wenn Du nur die Aussprache und nicht die ganze Sprache lernen möchtest.

vorallem wenn Du nur die Aussprache und nicht die ganze Sprache lernen möchtest.

Wobei das meiner Meinung nach alles andere als sinnvoll ist.

Anime-Japanisch ist nicht unbedingt realitätsnah und je nachdem welche Anime man ansieht, kann es ziemlich peinlich werden.

Dann riskiert man nämlich, womöglich ein übertrieben kindliches
Niedlichkeitsjapanisch, oder irgendeinen Gangster-Slang zu lernen, die von keinem normalen Japaner genutzt werden.

Japanisch ohne die drei Schriftsysteme zu erlernen, reicht vielleicht aus, um auf einer Anime Convention "konnitschiwaaaa" und "kawaiiii" zu kreischen, oder in Touristen-Manier "biiru kudasai" zu rufen.

Ernsthaftes Lernen sieht meiner Meinung nach jedoch anders aus.

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@Enzylexikon

Naja, das Schriftsystem hilft bei der Aussprache kein Stück weiter. :)

Andersherum als Du es deutest helfen viele verschiedene Animes dabei helfen eben nicht dazu führen, dass man die Aussprache falsch lernt. Extrem kindliche Aussprachen, Slangs oder Dialekte sind relativ selten bzw. kommen diese nur bei einzelnen Charakteren vor. In sogut wie keinen Anime haben alle Charaktere solche Aussprachen, welche eine Verwirrung erzeugen könnten.

Im Gegenteil hört man damit auch die Betonung von Wörtern, die sonst falsch ausgesprochen werden, wo dann "kawaii" wie "hawai" ausgesprochen würde etc. .

Dass Animes nicht unbedingt beim Honorativ und grammatischen Schwierigkeiten helfen, habe ich nie behauptet, aber für die "Aussprache-only" (z.B.: für einen Urlaub) hilft das weitaus mehr, als sich die Übersetzung von Deutsch auf Kanji anzugucken. Ohne Kontext bringen Dir die drei Schriftsysteme nämlich kein Stück.

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@apophis

Extrem kindliche Aussprachen, Slangs oder Dialekte sind relativ selten bzw. kommen diese nur bei einzelnen Charakteren vor

Das muss der unbedarfte Anime-Konsument allerdings erst einmal erkennen und nicht versehentlich aufs falsche Pferd setzen

aber für die "Aussprache-only" (z.B.: für einen Urlaub) hilft das weitaus mehr,

Das ist - zumindest für mich - dann allerdings auch kein "Sprache lernen", sondern eher touristisches Rüstzeug, wie ein Stadtplan, oder ein Reiseführer.

Für zwei Wochen Japan wird vermutlich kaum jemand ein ernsthaftes Lernprogramm auf sich nehmen, sondern einen Crashkurs machen und die Sprache danach vermutlich einmotten.

Längerfristiges und tiefergehendes Interesse an einer Sprache lässt sich alleine durch Anime meiner Meinung nach nicht befriedigen und diesen Eindruck sollte man auch nicht erwecken.

Ohne Kontext bringen Dir die drei Schriftsysteme nämlich kein Stück.

Der Kontext der Schrift ist die Sprache. Einem schriftlichen Dialog zwischen zwei Personen kann ich folgen und Vokabeln oder ihre Schreibung ggf. nachschlagen - Probleme beim Hörverständnis sind da schwerwiegender, weswegen man als "Rettungsanker" die Schrift haben sollte.

"ehki wah doh-ko dess kah?" lautet die gesprochene Frage. Je nach Sprachgefühl und Betonung kann selbst so ein einfacher Satz schwer verständlich für den Hörer sein.

「駅はどこですか」 auf einen Zettel zu schreiben, wäre dann sicher nicht die eleganteste, aber die unmissverständlichste Form der Fragestellung (abhängig von der eigenen Sauklaue ;-) ).

Vor einigen Jahren brachte die JNTO ein Touristenheft heraus, das auf Englisch verfasst war und in lateinischer und japanischer Schrift die wichtigsten Punkte abdeckte - als Notlösung für Sprachbarrieren.

Damit ich nicht missverstanden werde: Natürlich sollte man eine Sprache in erster Linie sprechen und nicht auf Sätze deuten müssen - gerade im Japanischen halte ich die Schrift aber für wesentlich zum Verständnis, auch zum Lernen das gesprochenen Japanisch.

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@Enzylexikon

Längerfristiges und tiefergehendes Interesse an einer Sprache lässt sich alleine durch Anime meiner Meinung nach nicht befriedigen und diesen Eindruck sollte man auch nicht erwecken

Habe ich nie behauptet und habe ich auch nie getan. :)
In meiner Antwort stand nicht grundlos

 Nicht unbedingt nur damit, aber als Ergänzung hilft das viel, vorallem wenn Du nur die Aussprache und nicht die ganze Sprache lernen möchtest.

Bei längerem und tiefgehendem Interesse, wird man sich auch andere Lernmittel anschaffen und natürlich auch das Schriftsystem lernen. Dies ist beim Fragesteller jedoch nicht der Fall. Ihm geht es halt nur ums "Aussprache-Only", dass er damit nicht so weit kommen wird, dass er behaupten kann, er könne Japanisch, ist ja klar. Das steht mMn. auch nicht wirklich zu Diskussion, ohne Schrift ist die Sprache nuneinmal nicht komplett.

Das muss der unbedarfte Anime-Konsument allerdings erst einmal erkennen und nicht versehentlich aufs falsche Pferd setzen

Das erkennt man ziemlich gut, wenn man da ein wenig drauf achtet.

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