Ist dies ein Beispiel für Widerstand gegen Polizeibeamte/Staatsgewalt?

6 Antworten

Hallo Python10,

also erst einmal grundsätzlich gilt, dass Niemand verpflichtet ist sich vom Rettungsdienst behandeln zu lassen und noch weniger ist Jemand verpflichtet sich vom Rettungsdienst ins Krankenhaus bringen zu lassen. Das gilt auch für schwerverletzte Personen.

Wenn es die schwerverletzte Person ablehnt sich behandeln zu lassen oder sich zwar zuerst im Rettungswagen behandeln lässt, aber die Mitnahme ins Krankenhaus ablehnt, müssen das die Rettungssanitäter, wie auch die Ärzte und auch die Polizei akzeptieren.

In der Praxis habe ich es noch nie erlebt, dass Jemand vom Arzt nur aufgrund des Unfallgeschehens für Unzurechnungsfähig erklärt wird.

Wenn allerdings eine lebensbedrohliche Verletzung vorliegt (dazu zählen aber keine normalen Platzwunden oder Brüche) und die Person sich  in einem (wie das Gesetz so schön sagt), erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befindet, dann kann der Arzt die Polizei bitten, die Person in Gewahrsam zu nehmen und mit ins Krankenhaus zu begleiten. Die Gewahrsamnahme wird dann nach dem jeweiligen Polizeigesetz des Bundeslandes in dem die Maßnahme durchgeführt wird durchgeführt. In Niedersachsen sagt das Polizeigesetz dazu folgendes:


§ 18 SOG - Gewahrsam

(1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn dies

  1. zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil die Person sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet,

Das Problem ist blos, dass der Patient wie gesagt auch im Krankenhaus die ärztlichen Maßnahmen ablehnen darf.

Aber zurück zu Deiner Frage.

Wehrt sich die Person gegen die Polizeiliche Maßnahme mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt, dann kann das für die verletzte Person durchaus zur Folge haben, dass die Polizei gegen sie ein Strafverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB einleitet.

Ob die Person dann Verurteilt wird steht auf einem ganz anderen Blatt, aber das entscheidet letztendlich der Richter.

Schöne Grüße
TheGrow

Wobei ein Widerstand gegen einen Gewahrsam wegen Bewusstseinstrübung eine strafbare Widerstandshandlung eigentlich ausschließt. Entweder er hat klaren Verstand dann brauchst keinen Gewahrsam oder er spinnt, dann gibts zwar einen Gewahrsam aber keine Straftat wegen Widerstand.

@furbo

Deshalb habe ich ja auch geschrieben:

Ob die Person dann Verurteilt wird steht auf einem ganz anderen Blatt, aber das entscheidet letztendlich der Richter.

Im übrigen führt nicht jeder freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand dazu, dass auch zugleich die absolute Schuldunfähigkeit vorliegt. Es gibt genügend Fälle wo nur eine eingeschränkte Schuldunfähigkeit vorlag und der Täter deshalb wegen der Tat verurteilt wurde, beim Strafmaß jedoch die Tatsache, dass der Täter zum Tatzeitpunkt nur eingeschränkt schuldfähig war, was zu einer geringeren Strafe führte.

Man könnte auf unterschiedliche Weise argumentieren. Es kann bspw. sein, dass die Person durch den Unfall eine Gefahr für die Sicherheit anderer darstellt und somit muss die Polizei sie in ärztliche Behandlung "zwingen". Dann kann man auch argumentieren, dass sie sich gegen die Staatsgewalt wehrt.

Es kann bspw. sein, dass die Person durch den Unfall eine Gefahr für die Sicherheit anderer darstellt und somit muss die Polizei sie in ärztliche Behandlung "zwingen"

Na das ist aber sehr weit hergeholt. Die Gefahr für die Sicherheit anderer kann schließlich auch anders (milder) behoben werden.

Wenn ich das richtig verstehe: freiheitsentziehende Maßnahme weil er temporär spinnt, wenn der "Spinner" sich wehrt, gibt's ein Strafverfahren (obwohl der Spinner - siehe Gewahrsamsgrund - schuldunfähig ist).

Ziemlich weit hergeholt. Ein Mensch ist nicht zurechnungsfähig und wird deshalb in Gewahrsam genommen. Wehrt er sich dagegen, soll sich der Nichtzurechnungsfähige vor Gericht verantworten???

Irgendwie beißt sich da die Katze in den Schwanz.

rein juristisch kann man in einem solchen Fall nicht feststellen / behaupten, dass jemand nicht zurechnungsfähig ist. Ausschlaggebend wäre, dass das medizinische Fachpersonal feststellt, dass eine akute Gefahr für die Gesundheit besteht (z.B. durch verbluten) - dann könnte einen die Polizei zwingen und man müsste sich dem fügen. Bei aktiver Gegenwehr könnte einem dann auch eine entsprechende Anzeige drohen.


Ausschlaggebend wäre, dass das medizinische Fachpersonal feststellt, dass eine akute Gefahr für die Gesundheit besteht (z.B. durch verbluten) - dann könnte einen die Polizei zwingen und man müsste sich dem fügen.

Nach Art. 1 Grundgesetz hat man auch ein Recht darauf, zu verbluten. Jedenfalls darf man ärztliche Behandlungsangebote auch ablehnen.

dann könnte einen die Polizei zwingen und man müsste sich dem fügen

Nein.

@jurafragen

Wenn ein Notarzt aber entscheidet, dass der Verletzte nicht Herr/Frau seiner/ihrer Sinne ist, wird möglicherweise eingewiesen nach PsychKG. Und da kann durchaus unmittelbarer Zwang angewendet werden.

Andersrum gedacht: Kommt auch immer blöd für die Retter, wenn der "zu Rettende" später tot im Gebüsch gefunden wird.

@Drizzt1977

Naja ich denke das PsychKG kommt hier weniger in Betracht, weil die Voraussetzung der psychischen Erkrankung fehlt.

Aber wenn für die Person akute Lebensgefahr besteht und sich die Person aufgrund des Unfallgeschehens erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befindet, liegen nach den Polizeigesetzen aller oder zumindest der meisten Bundesländer die Voraussetzungen für eine Gewahrsamnahme vor.

@TheGrow

War ja auch nur eins von vielen hypothetischen Beispielen. ^^

Was mich nur immer annervt, ist eine Variation der momentanen Situation. Nämlich, dass die tollen Krankenhäuser immer die Polizei anrufen, nur weil die Selbstentlassungsunterschrift von Patienten unter deren Papieren fehlt, die bei ihnen behandelt wurden. Oft wird dann fadenscheinig eine Gefahr konstruiert, die im Nachgang dann sehr häufig nicht mal ansatzweise stimmt. Da fühlt man sich dann als Polizei auch ein wenig auf den Arm genommen.

@jurafragen

Recht zu verbluten wäre gleichbedeutend mit dem Recht auf Selbstmord.

Möchte ich auch nicht abstreiten. Jedoch haben Ärzte die Pflicht zu helfen/jemanden nicht verenden zu lassen.

Wenn man bspw. von einem Hochhaus springen möchte und dieser Selbstmord Versuch sich länger hin zieht, dann wird die Polizei, die Feuerwehr und auch Notärzte herbei gerufen.

Diese verschwinden auch nicht einfach wieder wenn man äußert, dass man gemäß Artikel 1 GG doch nun selbstbestimmend sein Leben beenden wolle.

Vielmehr versuchen die Einsatzkräfte auf den sich Umbringenden wollenden einzuwirken.

Schaffen sie es ihn vom Selbstmord abzuhalten, dann werden ihn auch zumeist die Kosten für die Einsätze in Rechnung gestellt.

Nein, das wäre einfach nur dumm.