Inwiefern/warum ist "Nathan der Weise" das wichtigste Buch der Aufklärung?
Oben steht die Frage, bitte um Antworten :) danke im voraus!
10 Antworten
Ich setze einmal voraus, dass du das "Buch" (so umfangreich ist es ja gar nicht und gut zu lesen) kennst. Es handelt sich hier um die sog. Ringparabel, die damit schließt, das die drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam als eigenständige Formen anerkannt werden, in der der Gläubige von seiner Religion überzeugt ist, aber den anderen in seiner Person und mit seiner Religion würdigt. Eine Toleranzhaltung auf höchstem Niveau und für die damalige Zeit (1789) ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass man erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts Konfessionskunde betrieb, die die Gemeinsamkeiten der Religionen betont.
Weil es u.a. ein Zeugnis der Humanität & Toleranz darstellt, in dem das Gebot der Humanität über allen Konfessionen steht. Ferner war es ein Werk das aufklärerisch wirkte weil es eine sich ausweitende, auf ein weites Publikum zielende Publizistik war. Und in Dtl. war die Theologie der Aufklärung mit Höhepunkt in der Neologie als Gegenbewegung formierte sich der Pietismus; Kulturprotestantismus, katholischer Modernismus und die historisch-kritische Bibelwissenschaft des 19.Jh haben ihre Wurzeln in den der Theologie durch die Aufklärung des 18.Jh vermittelten Inhalten.
TEIL1
Meiner Meinung ist es übertrieben dieses Ideendrama von Lessing als das wichtigste Buch der Aufklärung zu deklarieren. Es wirkt konstruiert und hält der politischen Realität nicht stand.
Bereits in meiner Schulzeit mocht ich dieses Ideendrama nicht, weil es nur mit Ideen hantiert und die Geschichte auch nicht sonderlich neu ist.
Hintergrund des Stückes war der Fragmentenstreit Lessings mit den protestantischen Theologen, insbesondere mit dem Hamburger Pastor Johann Melchior Goeze.
Die Quellenlage zu diesem Stoff ist sehr gut belegt. Die Parabel findet sin in der 73.IL NOVELLINO ( 13.Jhdt ) und in der dritten Erzählung des ERSTEN TAGES von Giovanni Boccaccios DECAMERONE. Weitere Vorlagen sind die Erzählung Jans des Eniki von Saladins Tisch / 13.Jhdt. ) und die Erzählung vom dreifachen Lauf der Welt in GESTA ROMANORUM. Der Stoff und das Motiv von den unterschiedlichen läßt sich bis ins 11.Jhdt. zurückverfolgen und dürfte wahrscheinlich von einem sephardischen Juden verfaßt worden sein.
Weil mit der RINGPARABEL aufgezeigt wird, dass man nicht sagen kann welche von diesen drei großen Religionen: Judentum, Christentum und Islam die einzig wahre Religion wäre. Dies muss offen gelassen werden.
Das soll gleichzeitig zur gegenseitigen Toleranz führen. Denn zu welcher Intoleranz und Feindschaft der alleinige Wahrheitsanspruch jeder Religion geführt hat hat die Geschichte der letzten 1000 Jahre in tragischer Weise gezeigt.
Die Tragik ist, je größer der Wahrheitsanspruch einer Religion ist, um so größer ist auch die Gefahr der Intoleranz gegenüber dem andere. Was zu Religionskriegen, Ketzerkreuzzüge, zur Zwangsbekehrungen, Kriege der Moslems gegen Christen und umgekehrt geführt hat.
Dies kann nur dann vermieden werden, wenn der eigene Wahrheitsanspruch nicht zur Gewalt und Unterdrückung führt.
Jeder kann seine Überzeugung haben, aber er darf sie weder dem anderen aufzwingen noch darf er ihn bei Ablehnung unterdrücken, verfolgen oder sogar vernichten.
Leider besteht beim Menschen immer die Gefahr der Intoleranz, deshalb muss schon so früh als möglich ihr entgegen gewirkt werden.
So hat die Ringparabel dazu beigetragen der Intoleranz entgegen zu wirken, indem sie auch gleichzeitig damit den** Einfluss der Religion zurück gedrängt hat**. Nur wäre das gleichzeitig ohne der Trennung von Religion und Staat nicht möglich gewesen.
Denn es war gerade diese unheilvolle Verbindung , die zur Intoleranz, zur Verfolgung, zur Unterdrückung, zur Gewalt und zu Kriegen geführt.
Diese Intoleranz erlebte im der Zeit der Ideologien des Faschismus, des Nationalsozialismus und des Kommunismus (20. Jhd.) eine Wiedergeburt, die vielen Menschen das Leben gekostet hat.
Deshalb muss in jeder Generation dafür Sorge getragen werden jeder Form der Intoleranz mit Entschiedenheit entgegen zu treten, und sie schon, in ihren Anfängen unterbinden, bevor sie noch größeren Schaden anrichten kann.
Darum steht bis heute Nathan der Weise als ein Symbol und Zeichen für gegenseitige Toleranz.
3.Teil und Schluß
Mit seinem Ideendrama " Nathan der Weise " versucht Lessing vordergründig den Eindruck zu erwecken, es ging ihm in seinem Stück um den Ausgleich der Religion bzw. Gleichwertigkeit dieser drei Religionen . Dem ist nicht so.
Von Mai 1770 bis zu seinem Todbekleidete er die Stelle eines herzoglichen Bibiliothekar in Wolfenbüttel. Seit 1774 veröffentlichte er religionskritische Fragmente des Hamburger Orientalisten Hermann Samuel Reimarus, die zum Streit mit dem Hamburger Pastor J.M.Goeze führte.
Der Herzog und die herzogliche Regierung verbot Lessing weitere Veröffentlichungen dieser Fragmente und verbot Lessing weitere Veröffentlichungen ohne Billigung des Braunschweiger Zensors. Lessing war gezwungen sich ein anderen Tätigkeit zuzuwenden, lieh sich 300 Taler von einem Hamburger Juden und vollendete in aller Ruhe seinen " Nathan der Weise ".
Es ist eine Streitschrift, die die positiven Religionen massiv angreift und ihr Ziel ist es, zu zeigen, dass das herrschende Christentum nichts mit dem Glauben Jesus zu tun habe und überhaupt alle Offenbarungsreligionen in Zukunft von einer humanistisch geprägten universalen " Menschheitsreligion" ,in der Gott keine Rolle mehr spielt, abgelöst würde.
Goethe betrachtete Lessing als den großen Befreier, den Vater der deutschen Aufklärung. Goethe sprach aber nur für eine kleine Minderheit damals.
Für mich ist Kant, trotz Schwierigkeit seiner Texte und teilweisen Schwerverständlichkeit der große Fürst der Aufklärung in Deutschland und nicht Lessing.