Güterabwägung und Prinzip der Doppelwirkung einer Handlung

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Güterabwägung und Doppelwirkung einer Handlung sind zwei verschiedene Aspekte.

Bei der Güterabwägung geht es um zwei gute Dinge,

bei der Doppelwirkung einer Handlung geht es um ein gutes und ein schlechtes Ding.

Bsp. für Güterabwägung ist, wenn eine Mutter schwanger ist, aber an dieser Schwangerschaft zu sterben droht. Dann wägt man ab, ob das Leben der Mutter oder das Leben des Kindes größere Chancen auf Rettung hat. Oder ein Feuerwehrmann, der in einem brennenden Haus Leute rettet, wägt ab, ob er noch mal reingeht oder ob sein eigenes Leben dann ebenfalls gefährdet würde und er doch niemandem helfen könnte. In beiden Fällen ist die Absicht, Leben zu retten, und man wägt ab, welche Rettung mehr Erfolg haben würde.

Bsp. für Doppelwirkung ist, wenn jemand eine lebensbedrohliche Krankheit hat, wo es noch keine erprobten Medikamente gibt. Es gibt ein neues Medikament, wo man die Wirkung noch nicht genau nachweisen konnte, wo aber Nebenwirkungen oder sogar Tod die Folge sein können. Man wägt ab, ob die Chance auf Heilung höher ist oder ob man sein Leben durch das Medikament sinnlos gefährdet. Man darf das Medikament nehmen, weil man seine Gesundheit beabsichtigt und die Nebenwirkungen nicht beabsichtigt, sondern nur als Übel inkauf nimmt.

Ein Beispiel, das weder unter Güterabwägung noch unter Doppelwirkung fällt, wäre die zwangsweise Entnahme von lebenswichtigen Organen. Man wägt die Güter der beiden Leben gegeneinander ab: der bei einem Unfall lebensgefährlich Verletzte und das kranke Kind, das schon lange auf ein Spenderorgan wartet. Man wägt auch die Doppelwirkung gegeneinander ab: man will den Verletzten nicht aus Mordgründen töten, sondern nur um das Leben des Kindes zu retten.

Trotzdem sind diese beiden Abwägungen ethisch nicht zu vertreten, da jeder Mensch ein Recht auf Leben besitzt bis hin zu seinem natürlichen Tod. Wenn man dann dem Leben des Kindes mehr Wert beimisst als demjenigen, der sowieso nur noch einige Stunden zu leben hätte, rechnet man Leben gegen Leben auf, was deshalb nicht geht, weil das Leben des einen Menschen keinen größeren Wert hat als das Leben des anderen Menschen, - egal, unter welchen Umständen dieses Leben geführt wird. Hier spricht man stattdessen von Grundrechten: jeder hat genau dasselbe Grundrecht auf sein Leben.

Exterminans 
Fragesteller
 10.02.2014, 08:47

Vielen Dank für diese ausführlich Antwort nun ist mir doch einiges klarer geworden! Ist meine Annahme dann auch richtig, dass das folgende Beispiel nicht unter Güterabwägung und auch nicht unter Doppelwirkung fällt? "Eine Frau ist schwanger. Bei der Geburt gibt es Komplikationen und es stellt sich heraus, dass entweder die Frau oder das Baby gerettet werden kann." Hier würde ich doch auch Leben gegen Leben abwägen, obwohl Beide ein Grundrecht auf Leben haben?

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Ichthys1009  10.02.2014, 16:34
@Exterminans

Der Unterschied zwischen diesem Fall und dem Fall mit der Organentnahme ist, dass bei Geburtskomplikation ausschließlich rettende Maßnahmen angewendet werden. Täte man nichts, würden beide sterben. Daher fällt es unter Güterabwägung.

Bei der Organentnahme jedoch tötet man den Spender aktiv, indem man ihm das lebenswichtige Organ rausoperiert. Es ist weder sicher, ob der Spender andernfalls gestorben wäre, noch ob der Körper des Organempfängers das fremde Organ annehmen würde. Da niemand das Recht zum Töten hat, ist es ethisch nicht zulässig.

Dann gibt es noch den Fall von Notwehr: Soll der Bewaffnete oder das potentielle Opfer gerettet werden? Zuerst muss ich versuchen, den Bedroher zu entwaffnen, statt zu töten. Geht das nicht, habe ich das Recht, das Leben des Bedrohten höher zu schätzen als das des Bedrohers. In diesem Fall wäre es eine Doppelwirkung der Handlung, da ich den potentiellen Täter nicht töten, sondern ihn nur unschädlich machen will.

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arevo  11.02.2014, 14:50

3.Absatz Entnahme lebensnotwendiger Organe

Denn konstruierten Fall könnte es z.B. in Deutschland nicht geben. Hätte ein schwer Unfallverletzter in D keinen Organspendausweis dabei, dürfen ihm keine Organe entnommen werden. Wäre nur erlaubt ,wenn er einen Organspendausweis bei sich trüge und diespositiv bejaht wurde.

In anderen Ländern gilt eine andere Rechtslage.In solchen Ländern müßte ein Unfallverletzter auf eine Erklärung bei sich tragen, die eindeutig festgelegt wurde, dass z.B. keine Organe entnommen werden dürfen. Fehlt solche Erklärung, werden die Organe entnommen.

In einem solchen Fall ist von einem, rein ethisch gesehen, minderen Wert des Lebens des Unfallverletzten gegenüber des Kindes auszugehen. Das ist immer ein Einzelfallbetrachtung und kann nicht verallgemeinert werden.

Das Leben des Menschen hat grundsätzlich keinen absoluten Wert, das zeigt sich schon bei Naturkatastrophen, wo immer zuerst die Kinder, Frauen und Alten/Kranken zuerst gerettet werden.

Das ist auch bei Havarien auf hoher See genauso der Fall, Beispiel TITANIC etc.

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arevo  11.02.2014, 14:56
@arevo

KORREKTUR

Den.... statt Denn..

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