Gemeinsamkeiten zwischen athenische und moderne Demokratie?

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Die athenische Demokratie (und allgemein die antike Demokratie) war eine direkte Demokratie (und kann daher als basisdemokatrisch bezeichnet werden; ergänzend ist hinzuzufügen: ausgeschlossen von Rechten zu politischer Teilhabe waren Sklaven, ansässige Ausländer [die Metöken], Frauen und Kinder), moderne Demokratien sind gewöhnlich indirekte/repräsentative Demokratien, teilweise mit Bestandteilen direkter Demokratie (z. B. Volksentscheid).

Wahlen sind eine Gemeinsamkeit, allerdings eine begrenzte/im Ausmaß eingeschränkte: In der athenischen Demokratie der Antike gab es für einige Ämter, die besondere Fähigkeiten erforderten (z. B. die 10 Strategen, Architekten und Bauaufseher, hohe Finanzbeamte), Wahlen, aber für die meisten der rund 700 politischen Ämter der Polis Athen ein Losverfahren. In modernen Demokratien werden für den Gesamtstaat Angeordnete gewählt und die Abgeordneten des Parlamentes bestimmen in Wahlen die Besetzung bestimmter Ämter (welche genau, ist vom jeweiligen Staat und seiner Verfassung abhängig), teilweise wird auch der Staats- und/oder Regierungschef vom Volk (Wahlberechtigte; die volljährigen Staatsbürger(innen)) gewählt.

weitere Gemeinsamkeiten:

Abstimmungen

Mehrheitsprinzip

gleiches formales Gewicht der Stimmen: ein Mann/Bürger (bzw. auch eine Frau/Bürgerin in der modernen Demokratie) - eine Stimme

Freiheit und Gleichheit als zentrale Grundsätze und tragende Ideen: Eine antike Textstelle dazu ist Aristoteles, Politik 4, 4, 1291 b. In der athenischen Demokratie war die politische Gleichheit (τὸ ἴσον [to ison] = das Gleiche) sehr grundlegend und Freiheit (ἐλευθεϱία [eleutheria]) ein hoher Wert. In modernen Demokratien gilt Freiheit ebenfalls als ein hoher Wert und Freiheitsrechte sind Bestandteil der Verfassung. Gleichheit ist zumindest als Gleichheit vor dem Gesetz sowie als Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Idee nach grundsätzlich anerkannt.

öffentliche Diskussion politischer Fragen

Redefreiheit und Antragsrecht für alle in einer Versammlung Wahlberechtigten: Redefreiheit war Bestandteil der athenischen Demokratie. In der Volksversammlung (ἐκκλησία [ekklesia]) konnte jeder Bürger einen Vorschlag vortragen und zu einem behandelten Thema seine Meinung äußern. Eine Beratung gab es auch im Rat der 500. Zeitgenössische Bezeichnungen für die Redefreiheit waren ἰσηγοϱία (isegoria; drückt Gleichheit von Rede- und Antragsrecht aus) und παϱϱησία [parrhesia; drückt die Berechtigung zum Reden für jeden aus). In modernen Demokratien ist so etwas mehr auf Parlamente zu beziehen.

Verrechtlichung: Es gibt hohes Ausmaß an rechtlicher Absicherung der politischen Ordnung, durch Verfassung, Gesetzesbestimmungen, Geschäftsordnungen, Pflicht zur Rechenschaftsablegung, Möglichkeit von Anklagen bei Verstößen.

nützliche Bücher zur athenischen Demokratie:

Jochen Bleicken, Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994. ISBN 3-506-71901-7 (besonders S. 423 – 435 und S. 481 – 485 [Über antike und moderne Demokratie])

Angela Pabst, Die athenische Demokratie. Originalausgabe. 2., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2010 (Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2308). ISBN 978-3-406-48008-9 (besonders S. 102 -113 [Über die Zeit hinweg: Ein kurzer Rückblick und ein kleiner Blick nach vorn)

Die demokratischen Grundprinzipien sind damals wie heute die gleichen. Bspw. ein Bürger = eine Stimme; Diskussion der anstehenden Fragen in einem Forum; Abstimmungen zur Entscheidungsfindung und Beschlüsse mit Mehrheit. Nur das es damals durch die Athenischen Bürger ("Dorfgemeinschaft") selbst und direkt erfolgte und heute durch gewählte - theoretisch repräsentative - Gremien indirekt (Bundestag, Landtage, Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen). Insofern war die Athenische Demokratie basisdemokratisch. Sie gilt historisch als die Urform der modernen Demokratie. Allerdings war es damals durchaus umstritten, ob sie beste Regierungsform war/ist. Bei den politischen Philosophen der klassichen Antike wie bspw. Aristoteles weden auch die Oligarchie, die Aristiokratie und sogar die Anarchie als Regierungsformen diskutiert.