Die "Würde des Menschen" | Was ist das?

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Würde ist ein unterschiedlich verwendeter Ausdruck. Im Kern ist Würde ein achtungsgebietender Wert. Neben der äußeren Ehre (einer Vorrangstellung, einem Ansehen, einer Anerkennung von Verdienst) gibt es den inneren Wert und ein Verhalten, das einem Wissen um diesen Wert entspricht.

Menschenwürde ist eine dem Menschen schon allein aufgrund seines Menschseins innewohnender Wert.

Auffassungen, was die Würde eines Menschen ausmacht, hängen von philosophischen Ansätzen und dem Menschenbild ab.

Franz - Peter Burkard, Würde. In: Metzler Philosophie Lexikon. Begriffe und Definitionen. 3., erweiterte und aktualisierte Auflage. Herausgegeben von Peter Prechtl und Franz P. Burkard. Metzler : Stuttgart ; Weimar, 2008, S. 690 – 693

Renate Wahsner, Menschenwürde. In: Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften. Herausgegeben von Hans Jörg Sandkühler. Band 1: A – N. Hamburg : Meiner, 1999, S. 824 – 830

S- 824: „Als ‹Menschenwürde› (M.) wird die unbedingte Achtung bezeichnet, die jedem Menschen ‹als Mensch›, d. h. unabhängig von seinen besonderen Eigenschaften und Leistungen zukommt.“

Rolf-Peter Horstmann, Menschenwürde. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 5: L– Mn. Basel ; Stuttgart: Schwabe, 1980, Spalte 1124 – 1127

Otfried Höffe, Menschenwürde. In: Lexikon der Ethik. Herausgegeben von Otfried Höffe. Original-Ausgabe, 7., neubearbeitete und erweiterte Auflage. München : Beck, 2007 (Beck'sche Reihe ; 152), S. 202 – 204

S. 202: „Menschenwürde (lat.[einisch] dignitas humana, engl.[isch] human dignity) bedeutet, daß der ↑ M.[ensch], wie der hier entscheidende Denker Kant sagt, «über allen Preis erhaben» ist, u.[nd] einen absoluten inneren ↑ Wert besitzt.“

sehr ausführlich:

Paul Tiedemann, Menschenwürde als Rechtsbegriff : eine philosophische Klärung . 2. Auflage. Berlin : BWV, Berliner Wissenschafts-Verlag, 2010 (Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam ; 29). ISBN 978-3-8305-1865-5

Würde kann unterschiedlich begründet werden, mit der Vernunftbegabung, mit Freiheit, mit der Fähigkeit zu sittlich-vernünftiger Selbstbestimmung des Menschen als Person (Vernunft und Freiheit als zentrale Bestandteile verbunden), mit schöpferischer Selbstmächtigkeit (Mensch ist Urheber seiner Werke), mit Unantastbarkeit der Verwirklichungsbedingungen des Menschen als Raum, in dem die Konstitution der Persönlichkeit möglich wird, religiös mit Gottesebenbildlichkeit (Geistigkeit, Zuordnung zur Welt als Ganzes).

In Anlehnung an stoische Überlegungen besteht nach Marcus Tullius Cicero, De officiis 1, 106 -107, die Würde (was es in der [menschlichen] Natur an Auszeichnung/Vorzüglichkeit und Würde gibt [quae sit in natura excellentia et dignitas De officiis 1, 106]) in ihrer Teilhabe an der Vernunft (ratio).

In der Zeit von der Antike (ab dem 1. Jahrhundert v. Chr.) bis ins Mittelalter hinein (und darüber hinaus, wobei ab der Renaissance neue Akzente hinzukommen) sind Grundlagen eines Verständnisses einer allgemeinen Würde der Menschen einerseits die Vernunftbegabtheit, andererseits in einer christlichen Tradition die Gottesebenbildlichkeit des Menschen (wichtige Bibelstellen sind dafür im Alten Testament Genesis 1, 26 – 27, im Neuen Testament der 1. Brief des Paulus an die Korinther 11, 7), die dann noch näher ausgedeutet werden kann.

Wichtige Gedanken hat der Philosoph Immanuel Kant dargelegt: Würde ist ein absoluter innerer Wert, der jedem vernünftigen Subjekt als Zweck an sich selbst zukommt. Grundlage ist die Autonomie, ein gesetzgebendes Wesen im Reich der Zwecke zu sein. Diese Selbstzweckhaftigkeit ist unbedingt zu achten. Menschen haben sie durch ihr Menschsein.

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) AA IV, 434 – 435/BA 76 - 77:
„Die praktische Nothwendigkeit nach diesem Princip zu handeln, d. i. die Pflicht, beruht gar nicht auf Gefühlen, Antrieben und Neigungen, sondern bloß auf dem Verhältnisse vernünftiger Wesen zu einander, in welchem der Wille eines vernünftigen Wesens jederzeit zugleich als gesetzgebend betrachtet werden muß, weil es sie sonst nicht als Zweck an sich selbst denken könnte. Die Vernunft bezieht also jede Maxime des Willens als allgemein gesetzgebend auf jeden anderen Willen, und auch auf jede Handlung gegen sich selbst, und dies zwar nicht um irgend eines anderen praktischen Beweggrundes oder künftigen Vorteils willen, sondern aus der Idee der Würde eines vernünftigen Wesens, das keinem Gesetz gehorcht, als dem, das es zugleich selbst gibt.

Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen** Preis** oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.

Was sich auf die allgemeinen menschlichen Neigungen und Bedürfnisse bezieht, hat einen Marktpreis; das, was, auch ohne ein Bedürfnis vorauszusetzen, einem gewissen Geschmacke, d.i. einem Wohlgefallen am bloßen zwecklosen Spiel unserer Gemütskräfte, gemäß ist, einen Affektionspreis; das aber, was die Bedingung ausmacht, unter der allein etwas Zweck an sich selbst sein kann, hat nicht bloß einen relativen Wert, d. i. einen Preis, sondern einen innern Wert, d. i. Würde.“

Menschen dürfen nicht zu einem bloßen Objekt (nichts weiter als Mittel für andere) degradiert werden.

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785) AA IV 429/BA 66 - 67:
„Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“

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@Albrecht

tschuldigung, hat sehr geholfen. war bischen im stress und deswegen habe ich auszeichnung vergessen :-S

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Pico della Mirandola Giovanni

Über die Würde des Menschen (1492)

Verehrte Väter, in arabischen Schriften habe ich folgendes gelesen:

Man fragte einmal den Sarazenen Abdalas, was ihm auf dieser Welt, die doch gleichsam eine Schaubühne wäre, denn am bewunderungswürdigsten vorgekommen wäre. Darauf antwortete jener, nichts scheine ihm bewunderungswürdiger zu sein, als der Mensch. Dieser Meinung kann man auch noch den Ausspruch des Merkurius hinzufügen: “Ein großes Wunder oh Asklepius ist der Mensch.” Als ich diese Aussprüche einmal recht überlegte, erschienen mir die traditionell überlieferten Meinungen über die menschliche Natur demgegenüber etwas unzulänglich. So z.B. die Meinung, der Mensch sei ein Bote und Vermittler zwischen den Geschöpfen, er sei ein Freund der Götter, er sei der König der niederen Sinne durch die klare Erforschung seiner Vernunft und durch das Licht seines Verstandes. Er sei der Dolmetscher der Natur, er sei ein Ruhepunkt zwischen der bleibenden Ewigkeit und der fließenden Zeit oder er sei nach Aussagen der Perser das Band, das die Welt zusammen hält. Er sei sogar das Hochzeitslied der Welt, er stehe schließlich nach dem Zeugnis Davids nur wenig unter den Engeln. Das sind wahrlich alles hohe Eigenschaften, aber darin liegt nicht die Hauptsache, nämlich warum gerade der Mensch den Vorzug der höchsten Bewunderung für sich in Anspruch nehmen solle. Warum bewundern wir dann nicht viel mehr die Engel und die seligen Chöre des Himmels....?

Daher ließ sich Gott den Menschen gefallen als ein Geschöpf, das kein deutlich unterscheidbares Bild besitzt, stellte ihn in die Mitte der Welt und sprach zu ihm: Wir haben dir keinen bestimmten Wohnsitz noch ein eigenes Gesicht noch irgendeine besondere Gabe verliehen, oh Adam, damit du jeden beliebigen Wohnsitz, jedes beliebige Gesicht und alle Gaben, die du dir sicher wünschst auch nach deinem Willen und deiner Meinung haben und besitzen mögest. Den übrigen Wesen ist ihre Natur durch die von uns vorgeschriebenen Gesetze bestimmt und wird dadurch in Schranken gehalten. Du bist durch keinerlei unüberwindliche Schranken gehemmt, sondern du sollt nach deinem eigenen freien Willen, in dessen Hand ich dein Geschick gelegt habe, sogar jene Natur dir selbst vorher bestimmen. Ich habe dich in die Mitte der Welt gesetzt, damit du von dort bequem um dich schaust, was es alles in dieser Welt gibt. Wir haben dich weder als einen himmlischen noch als einen irdischen, weder als einen Sterblichen noch als einen Unsterblichen geschaffen, damit du als dein eigener vollkommen frei und ehrenhalber schaltender Bildhauer und Dichter dir selbst die Form bestimmst, in der du zu leben wünschst. Es steht dir frei, in die Unterwelt des Viehes zu entarten, es steht dir ebenso frei, in die höhere Welt des Göttlichen dich durch den Entschluß deines eigenen Geistes zu erheben.

hmm... danke, aber so richtig kann ich nicht verstehen wie exakt dies mit der rfrage zusammenhängt... :-( kannst du das noch etwas konkretisieren?

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@rolf666

Möglicherweise hilft ja ein kurzer Blick in die Geschichte. Obgleich das Konzept bereits den Griechen und Römern bekannt war, war es in erster Linie das Christentum, das der Menschenwürde eine so zentrale Bedeutung einräumte. Nach christlicher Vorstellung beruht die Würde des Menschen auf seiner Rolle als "Ebenbild Gottes": Im Unterschied zu allen anderen Wesen habe der Schöpfer nur ihn nach seinem Bild geformt. Der bedeutendste und einflussreichste Advokat der Menschenwürde war zweifellos Immanuel Kant (1724 - 1804). Nach Ansicht des Königsberger Philosophen beruht die Würde des Menschen auf dessen "sittlicher Autonomie". Anders als alle anderen Lebewesen vermag sich der Mensch nämlich über seine natürlichen Triebe zu erheben und von moralischen Normen leiten zu lassen. Diese Fähigkeit zum "Gehorsam gegenüber dem Sittengesetz" mache den Menschen zum "Gegenstand höchster Bewunderung, die ihn gleichsam einen heiligen Schauer über die Größe und Erhabenheit seiner wahren Bestimmung fühlen" lasse.

Da Adel bekanntermaßen verpflichtet, nötigt uns die Menschenwürde nicht nur Respekt vor anderen, sondern auch vor uns selbst ab. Sie erlegt dem Menschen laut Kant die Pflicht auf, die Würde, "die ihn vor allen Geschöpfen auszeichnet, auch in seiner eigenen Person niemals zu beleidigen". Hierzu gehöre, dass wir niemals vor unseren Mitmenschen kriechen sollen. "Wer sich zum Wurme mache, darf nicht darüber klagen, mit Füßen getreten zu werden."

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Würde ist der Achtung gebietender Wert des Homo sapiens. Der Wert, der ihn bedeutend macht. Die Würde des Menschen ist sein biologischer und gesellschaftlicher Rang. Lebewesen ohne Menschenwürde dürfen als Ware behandelt, und verspeist werden . Die Tierschutzgesetze schützen Tiere nur scheinheilig. Die Pflanzen werden überhaupt nicht geschützt. Nazitugenden wie Hochmut, Rangbewusstsein, Stolz, Würde, Ehre, Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein, Selbstsi­cher­heit, … sind glückshormonbenebelte Bewusstseinszustände. Bausteine des Rassismus. Sie pusten nur auf. Sie sind Naziblähungen. Die Würde des Menschen macht ihn Stolz, und sorgt dafür, dass die "Krone der Schöpfung" schwachenfeindlich bleibt. Der Mensch geht über Leichen. Er braucht keinen Hochmut, keine Hochachtung, sondern moralische Besserung. Eine Gattung, die gutes Leben für die Starken, schlechtes Leben für die Schwachen, und Tod für die Schwächsten herbeiführt, ist nicht die Krone der Schöpfung, sondern die Krone des Verbrechens und die Krone der Schande. Hochmut kommt vor dem Fall, die Menschenwürde kommt vor der Weltzerstörung.

Laut Wiki:

Würde (von althochdeutsch wirdî; mittelhochdeutsch wirde) ist sprachgeschichtlich verwandt mit dem Wort „Wert“ und bezeichnete anfänglich den Rang, die Ehre, das Verdienst oder das Ansehen einer einzelnen Person.

Die Würde des Menschen ist demnach ein anderer Begriff für den "Wert" des Menschen.

Da in unserer Vorstellung der Begriff "Wert" meist einher geht mit "Verdienst", also mit dem, was ein Mensch leistet, oder besitzt (egal ob materiell an Dingen, oder ideell an Fähigkeiten), bezeichnet Würde den Wert des Menschen völlig unabhängig davon.

Würde muss nicht erst verliehen werden. Der Mensch ist würdig, wertvoll. Er muss nicht Würde haben, sondern er IST Würde.

Hausaufgabe? - Schwierig - mir fällt nur Negatives ein - menschenunwürdige Bedingungen, also auf der materiellen Ebene - oder menschenunwürdige Behandlung. Das trifft aber für jedes Lebewesen zu.

Die Würde eines Lebewesens hat mit seiner Ehre zu tun, aber was ist das wieder? Die Würde bleibt gewahrt, wenn das Lebewesen frei, seiner Bestimmung entsprechend leben kann, respektiert, wahrgenommen...

Schau mal im Lexikon/google, wie das Wort hergeleitet wird